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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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eine solide Anstellung, verkehrte in der Delphinatischen Akademie, er war ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft – und nun würde er sich irgendwann eine Frau nehmen, vielleicht sogar dieses dunkelhaarige Mädchen, mit dem er so angeregt sprach. Gut sah er aus mit seinen sanften und klugen braunen Augen, den modisch ins Gesicht gekämmten schwarzen Haaren, überhaupt wie er da groß und schlank in seinem Frack steckte. Nur die Nase war etwas zu lang. Auch das schwarzlockige Mädchen war hübsch. Nun lachten sie beide und stießen dabei beinahe mit den Köpfen zusammen! Ob Jacques-Joseph überhaupt noch wußte, daß er, Lion, sein kleiner Bruder, auf dem Fest war? Vielleicht fiel er dem Bruder nur zu Last? Vielleicht hatte er ihn wegen einer Frauengeschichte erst so spät nachkommen lassen?
    Diese Erkenntnis traf Jean-François. Bisher hatte er geglaubt, der Bruder sei sozusagen seinetwegen auf der Welt, aber das war ja grober Unsinn. Dann habe ich auf diesem Fest wenigstens begriffen, wie die Dinge nun einmal laufen in der Welt, dachte er. Wenn ich doch bloß bald auf eigenen Füßen stehen könnte.
    Er blickte sich um und gewahrte, daß Denon, vom Präfekten begleitet und sichtlich erheitert mit ihm plaudernd, ins Foyer geschritten kam. »Lassen Sie uns ein Glas Champagnertrinken!« hörte er Fourier sagen, der sich nach einem Lakaien umsah. Schnell faßte Jean-François einen Entschluß: Er nahm einem Diener, der ihm verwundert nachblickte, zwei Gläser vom Tablett und gesellte sich klopfenden Herzens zu den beiden. »Bitte«, sagte er schüchtern, »darf ich Ihnen den Champagner kredenzen?«
    »Ah, unser junger Gelehrter versucht sich als Garçon«, rief Fourier erheitert. »Darf ich Ihnen«, wandte er sich an den Gast aus Paris, »Champollion den Jüngeren vorstellen. Er gehört keineswegs zum Hotelpersonal, der junge Mann ist vielmehr ein hoffnungsvolles Talent in den alten Sprachen und sehr interessiert an ägyptischen Altertümern.«
    Denon ergriff ein Champagnerglas und musterte den Jungen. »Stimmt das?« erkundigte er sich, das notorische Lächeln auf seinem knittrigen Gesicht.
    »Zumindest, was das Interesse angeht«, sagte Jean-François leise, und er fühlte sich an jenen Abend erinnert, als unverhofft der Präfekt vor ihm gestanden hatte. Ich bin ein Glückspilz! dachte er bei sich.
    »Moment mal« – Denon hob den Zeigefinger –, »bist du nicht der Lauscher von eben?« Jean-François errötete. »Weshalb bist du denn so eilig weggelaufen?«
    »Ich bin weggelaufen, weil …«
    »Weil?«
    »Verzeihen Sie, mein Herr, aber ich dachte, wenn man schon die Gelegenheit hat, mit einer so bedeutenden Person wie Ihnen zu sprechen – wissen Sie, ich kenne Ihr Buch sehr genau, aber …« Er stockte von neuem.
    »Bedeutende Person?« Denon schmunzelte. »Geschenkt. Ich vermute, es hat dich gestört, worüber wir vorhin sprachen. Du wirst es nicht glauben, aber in allen Pariser Salons – was heißt in allen, es gibt ja kaum noch welche –, jedenfalls werde ich überall zuerst nach diesen Dingen gefragt. Die meisten Menschen lesen Bücher nur, um darin Pikanterien aufzustöbern, über die sie dann in Gesellschaft tuscheln können. So sind sie nun einmal. Wenn morgen ein Mann dadurch bekannt wird, daß er die Hieroglyphen entschlüsselt« – ein Schauer lief über den Rücken des Jungen –, »wird sichdie sogenannte feine Gesellschaft zuerst für sein Liebesleben interessieren. Und wenn dann ein Schriftsteller einen Roman über diesen Gelehrten verfassen würde, täte er gut daran, ihm mindestens eine Geliebte zu erfinden, denn sonst lesen es die Leute nicht.«
    »Aber Sie haben doch diese – Passagen nicht erfunden?« fragte Jean-François mit gepreßter Stimme.
    »Nein, das habe ich nicht. Der Ägyptenfeldzug war als Literaturvorlage perfekt. Nicht wahr, mein lieber Fourier, es war ein Abenteuer erster Güte?«
    »Sehr wahr«, bestätigte der Präfekt, »wobei ich leider nicht so viel von diesem verkommenen Wunderland sehen konnte wie Sie, da ich ja die meiste Zeit am Institut in Kairo war.«
    »Ach, wie gern wäre ich auch dabeigewesen«, seufzte Jean-François.
    »Mein Junge«, sagte Denon, und seine Stimme wurde ernst, »ich mache dir einen Vorschlag. Wenn du dich wirklich für Ägypten interessierst und wenn du tatsächlich besonders begabt in der Handhabung der alten Sprachen bist, wirst du früher oder später in Paris auftauchen, auftauchen müssen , denn hier in der Provinz wird man nichts,

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