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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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Hawkesbury, »sprechen Sie eigentlich?«
    »Von der Entzifferung der Hieroglyphen!«
    »Und das halten Sie für so enorm wichtig, daß Sie eine politische Affäre daraus machen?« erkundigte sich der Außenminister.
    »Jawohl!« versetzte Ravenglass energisch, und da er sah, daß sein Gegenüber zu zweifeln schien, setzte er zu einer längeren Argumentation an. »Nicht nur dort ist England, wohin ein Soldat der Krone seinen Stiefel setzt, sondern auch dort, wohin der englische Gelehrte seine Entdeckerneugier lenkt. Europas Rang in der Welt ist vor allem auch ein geistiger. Europa ist es vorbehalten, die alten Kulturen zu erforschen. Muß ich Sie über die Bedeutung der altägyptischen Kultur aufklären? Es handelt sich, wenn nicht um die , so doch um eine Wiege unserer Zivilisation. Der Weg zur Erschließung ihrer atemberaubenden Werke führt einzig über die Hieroglyphen-Schrift. Ich sähe es zudem äußerst ungern, daß der Zugang zur Kultur der Pyramiden von Angehörigen eines Landes eröffnet wird, das seinen Adel köpft. Was wir brauchen, ist eine wissenschaftliche Großtat, auf daß man noch in Jahrhunderten sagen möge: Es war ein Sohn Englands, der den Weg bahnte.«
    Seine Rede verfehlte ihre Wirkung nicht. »Bravo«, rief der Earl, »Ravenglass hat recht!«
    »Nehmen wir an, die Sache ist wirklich so bedeutend, wie Sie es darzustellen belieben«, begann der Minister.
    »Sie ist bedeutend«, fiel ihm der Earl ins Wort, der zwar nicht sonderlich viel von ägyptischer Kultur verstand, aber für nationale Aufgaben zu erwärmen war, »die gesamte gebildete Welt kennt zur Zeit offenbar kein anderes Thema.«
    »Nun, gesetzt also, Sie haben mich überzeugt, mein lieber Ravenglass«, fuhr der Minister fort, »was wäre es, was ich tun könnte? Soll ich Frankreich wieder den Krieg erklären, sobald irgendein Franzose es wagt, Hieroglyphen lesen zu wollen? Oder soll ich es selbst mal versuchen? Oder vielleicht eine Gesellschaft zur finanziellen Förderung der Hieroglyphenkunde gründen?«
    »Spotten Sie nicht. Gefragt ist Ihre Autorität. Zu meinem Leidwesen ist Englands geistige Elite gar nicht erpicht darauf, sich an der Entzifferung zu erproben. Es geht darum, daß sich ein Mann wie Sie hinter die Sache stellt. Ich fürchte nämlich, daß derjenige, der mir am geeignetsten scheint, sich des Problems anzunehmen, einer etwas nachdrücklicheren Aufforderung bedarf, als ich sie zu leisten imstande bin.«
    »Sie haben also bereits eine Idee«, fragte Hawkesbury, »wen Sie mit der Aufgabe betrauen wollen?«
    Ravenglass nickte. »Ich kenne in ganz England nur einen einzigen Mann, dem ich zutraue, diese Schrift zu lesen. Allerdings handelt es sich dabei um einen ausgemachten Exzentriker.«
    »Wen haben Sie im Auge?«
    »Thomas Young.«
    »Den Physiker?«
    »Er ist ein Universalgelehrter, ein Polyhistor, und er ist ein Genie. Das sollte als Eignungsnachweis vorerst genügen. Schließlich haben die vermeintlichen Experten offenbar bereits kapituliert.«
    »Sie meinen Sacy?« warf Whitworth ein.
    »Auch ihn.«
    Der Außenminister steckte sich eine Pfeife an, paffte ein paar Züge, trat vor den Kamin und blickte grübelnd ins Feuer. »Ich gestehe, daß mich der Gegenstand, auf den Sie insistieren, schon ein wenig überrascht«, sagte er. »Es ist nicht ganz mein Amts- und, zugegeben, auch nicht mein Interessenbereich. Ich will nicht sagen, daß mir Ihre Ausführungen nicht einleuchten, auch wenn ich glaube, daß Sie, mein lieber Baron, den Stellenwert der Sache etwas überbewerten.«
    »Sollten wir nicht alle auch für die Geschichte arbeiten?« versetzte Ravenglass würdevoll.
    »Also gut, was soll ich tun? Mit Young sprechen? Haben Sie es denn bereits versucht?«
    Der Baron nickte. »Er sagte, er hätte dafür keine Zeit. Er habe zu tun, auf Jahre zu tun.«
    »Vielleicht arbeitet er ja auch gerade für die Geschichte«, gab Whitworth mit leichtem Spott zu bedenken.
    »Es geht im übrigen nicht nur um den Rosette-Stein«, sagte Ravenglass. »Ägypten ist nun Einflußgebiet der Krone. Das ist auch für die Altertumswissenschaft von Bedeutung, der, wie Sie bemerken, mein Herz gehört. Wir sollten Sorge tragen – und damit, Euer Lordschaft, wären wir doch unmittelbar in Ihrem Amtsbereich –, daß möglichst viele der historischen Kunstschätze des Nillandes der britischen Wissenschaft und den britischen Museen zugeführt werden.«
    »Damit bin ich durchaus einverstanden«, entgegnete Hawkesbury, »dafür gebe ich Ihnen freie

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