Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
Vom Netzwerk:
unter ihnen nutzen diesen Drang, indem sie Wissenschaft treiben und die entlegensten Winkel der Erde erforschen, so daß sich gegen die europäische Neugier, die man hier Interesse nennt, an sich nichts einwenden läßt. Ihr seid, wenn ich einmal neugierig sein darf, gewiß auch ein neugieriger Mensch, denn sonst sprächet Ihr meine Sprache nicht und würdet nicht studieren.«
    »Das mag sein.«
    »Welchem Gegenstand gilt Eure Neugier, wenn ich fragen darf?«
    »Eurem Land, Efendi, allerdings nicht nur seiner gegenwärtigen Verfassung, sondern auch seiner früheren Größe.«
    »Dem Volk der Pyramiden?«
    Jean-François nickte.
    »Ach, Ihr Europäer. Daß Ihr Euch auch für diesen alten Trödel interessiert, mit dem sich praktisch rein gar nichts anfangen läßt«, seufzte der Ägypter.
    »Ihr sprecht beinahe wie unser Kaiser.«
    »Euer Kaiser ist ein bedeutender Mann. Als er mit seiner Armee in Ägypten landete, pries er zuerst Allah und den Propheten und erklärte in Bekanntmachungen, die in unserer Sprache überall angeschlagen wurden, daß er nur gekommen sei, um die Fremdherrschaft der Mamelucken zu zerschlagen. Das war sehr klug, denn die Mamelucken sind verhaßt in Ägypten. Aber wo habt Ihr unsere Sprache erlernt? Habt Ihr Ägypten schon einmal besucht?«
    »Nein, leider nicht. Ich studiere die orientalischen Sprachen am Collège de France, bei Professor Silvestre de Sacy.«
    »Oh, bei Sacy!«
    »Ihr kennt ihn?«
    »Er ist ein vielgerühmter Mann. Er kennt den Koran, obwohl er Franke ist, und er hat gelehrte Kommentare zu den Schriften unserer Weisen verfaßt. Ich hatte das Glück, ihm persönlich zu begegnen. Allerdings: Wenn er arabisch redet, ist seine Aussprache wie die der Nichtaraber, und er kann überhaupt arabisch nur mit einem Buch in der Hand sprechen. Ihr dagegen, Efendi Champollion, redet wie ein echter Muslim.«
    »Oh, danke. Das ist sehr liebenswürdig.«
    »Es ist die Wahrheit.«
    Jean-François lächelte geschmeichelt und überlegte, was wohl Sacy sagen würde, wenn er das hören müßte. Andrerseits wußte er Bescheid über das süße Gift morgenländischer Schmeichelei; was ein Orientale an Höflichkeiten vortrug, gehörte nicht auf die Goldwaage.
    »Fühlt Ihr Euch, Halil Efendi Mahmud, nicht ein wenig einsam hier in der Fremde unter lauter fremden Menschen, die Eure Sprache nicht sprechen und denen Eure Religion unbekannt ist?« lenkte er das Gespräch in eine andere Richtung.
    »Ihr seid wohl noch nicht lange in Paris?«
    »Das stimmt«, antwortete Jean-François erstaunt. »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Es gibt mehr Muslime in dieser Stadt, als Ihr vielleicht glaubt, eine regelrechte kleine Kolonie«, entgegnete der Ägypter. »Wenn Ihr wollt, kann ich Euch bei Gelegenheit mit dem einen oder anderen bekannt machen.«
    Und Halil Efendi Mahmud klärte seinen Gast darüber auf, daß anno 1801 Dutzende ägyptische Emigranten nach der Kapitulation des französischen Heeres mit diesem zusammen das Nilland verlassen hatten, weil sie seinerzeit fürchten mußten, wegen ihrer Zusammenarbeit mit dem Feind in der Heimat Verfolgungen ausgesetzt zu sein. Übrigens seien auch Kopten darunter gewesen. Wie der Ägypter berichtete, war Muhammad Ali Pascha zwar vom Sultan zum Statthalter Ägyptens ernannt worden, doch sei der Pascha alles andere als ein Feind Frankreichs und Freund der Türken; vielmehrsei ihm an guten Beziehungen mit den Franken gelegen, denn schließlich sei Kaiser Napoleon ein bedeutenderer Herrscher als der Sultan, Europa liege ihm zu Füßen, und rein praktisch betrachtet, lasse sich von den Europäern mehr lernen als von den Osmanen. Deshalb unterhalte er, Halil Efendi Mahmud, auch gute Beziehungen zu den Emigranten. Nur jene unter ihnen, die in Frankreich zum Christentum übergetreten seien, strafe er mit Nichtachtung.
    »Die Herrschaftsverhältnisse in Eurem Land sind etwas verworren und erschließen sich dem Außenstehenden nicht leicht«, sagte Jean-François.
    »Das zu ändern ist der feste Wille Ali Paschas, Allah schütze ihn, und er ist auf dem besten Wege, Ägypten zu ordnen und zu modernisieren. Die Macht der mameluckischen Beis hat er stark beschnitten, was ihm um so leichter fiel, da Napoleon ihnen bereits das Rückgrat gebrochen hatte, und der türkische Sultan hat wenig Einfluß auf unser Land. Bald werden wir ganz unabhängig von den Fremden sein.«
    »Und die Engländer?«
    »England war an Ägypten nur interessiert, als Ihr Franken dort gewesen seid. Die Engländer

Weitere Kostenlose Bücher