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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Schweigen unterbrechend, »haben Sie heute morgen keinen silbernen Bleistifthalter gesehen, wie?«
    »Ich traf nicht viele auf der Straße«, versetzte Herr Swiveller. »Ich sah einen, einen stämmigen Bleistifthalter von respektablem Aussehen, aber da er sich in Gesellschaft eines ältlichen Federmessers und eines jungen Zahnstochers befand, mit denen er angelegentlich sprach, so hinderte mich mein Zartgefühl, ihn anzureden.«
    »Ja. Aber haben Sie wirklich keinen gesehen?« entgegnete Miß Braß. »Ich frage jetzt im Ernst.«
    »Was für eine dumme Gans müssen Sie sein, daß Sie solche Fragen im Ernst an mich richten!« erwiderte Herr Swiveller. »Komme ich nicht in diesem Augenblick erst hierher?«
    »Nun, so weiß ich nicht mehr«, antwortete Miß Sally, »als daß er nicht aufzufinden ist und daß er in dieser Woche verschwand, als ich ihn einmal auf dem Pulte liegenließ.«
    »Holla!« dachte Richard; »ich hoffe doch, daß die Marquise nicht hier Geschäfte gemacht hat.«
    »Es war auch ein Messer dabei«, fuhr Miß Sally fort, »mit silbernem Heft. Ich habe beides vor Jahren von meinem Vater zum Geschenk erhalten, und jetzt sind beide verschwunden. Sie haben doch nicht auch etwas vermißt – oder doch?«
    Herr Swiveller griff unwillkürlich mit den Händen nach seiner Jacke, um sich zu überzeugen, daß es eine Jacke und nicht ein Frack sei, und nachdem er sich vergewissert hatte, daß sein einziges bewegliches Eigentum in Bevis-Marks wohlbehalten vorhanden war, gab er eine verneinende Antwort.
    »Es ist eine sehr unangenehme Sache, Dick«, sagte Miß Braß, indem sie die zinnerne Dose herausnahm und sich mit einer Prise labte; »aber unter uns gesagt – wir sind ja Freunde, denn wenn Sammy es wüßte, so würde des Jammerns kein Ende sein –, auch einiges von dem Bureaugeld, das hier liegenblieb, ist den gleichen Weg gegangen. Insbesondere habe ich zu drei verschiedenen Malen drei halbe Kronen vermißt.«
    »Sie spaßen doch hoffentlich nur!« rief Dick. »Überlegen Sie sich, was Sie sagen, alter Knabe, denn das ist eine ernste Sache. Wissen Sie's auch ganz gewiß? Ist kein Irrtum möglich?«
    »Es ist so; auch ist jeder Irrtum dabei ganz ausgeschlossen«, versetzte Miß Braß nachdrücklich.
    »Dann, beim Jupiter, fürchte ich«, dachte Richard, indem er seine Feder niederlegte, »daß es um die Marquise geschehen ist!«
    Je mehr Dick den Fall in seinen Gedanken erwog, desto wahrscheinlicher schien es ihm, daß die kleine Magd die Schuldige sei. Wenn er bedachte, von welch spärlicher Kost sie leben mußte, wie vernachlässigt und unwissend sie war und wie ihre natürliche Schlauheit durch Not und Entbehrung geschärft worden, so zweifelte er kaum mehr daran. Und doch bemitleidete er sie so sehr und empfand es so schmerzlich, ihre merkwürdige Bekanntschaft durch eine so ernste Veranlassung gestört zu sehen, daß er meinte, und zwar ehrlich meinte, es wäre ihm lieber, die Marquise unschuldig zu wissen, als fünfzig Pfund einzunehmen.
    Während er sich in sehr tiefsinnigen und ernsten Betrachtungen über diesen Gegenstand erging, Miß Sally dasaß und mit geheimnisvoller und bedenklicher Miene den Kopf schüttelte, ließ sich auf dem Gange die Stimme ihres Bruders Sampson vernehmen, der ein lustiges Liedchen trällerte; und unmit
telbar darauf trat der genannte Ehrenmann, ein strahlendes Lächeln der Tugend auf den Lippen, ins Zimmer.
    »Herr Richard, Sir, guten Morgen! Da sind wir wieder, Sir, und beginnen einen neuen Tag, gekräftigt durch Schlaf und Frühstück, mit frischem, leichtem Sinn. Da sind wir, Herr Richard, auf mit der Sonne, um unsere kleine Bahn abzulaufen, die Bahn unsrer Pflicht, Sir, und gleich ihr unser Tagewerk zu vollbringen, uns selbst zur Ehre und zu Nutz und Frommen unsrer Nebenmenschen. Ein bezaubernder Gedanke, Sir, ganz bezaubernd.«
    Während Herr Braß seinen Schreiber mit diesen Worten anredete, beschäftigte er sich in etwas auffallender Weise mit der umständlichen Prüfung einer Fünfpfundnote, die er in der Hand hatte und die er gegen das Licht hielt.
    Da Herr Richard diese Bemerkungen nicht einmal mit den geringsten Anzeichen von Begeisterung aufnahm, wandte sein Prinzipal die Augen nach ihm hin und wurde gewahr, daß sein Gesicht einen beunruhigenden Ausdruck trug.
    »Sie sind nicht in der besten Laune, Sir!« sagte Braß. »Wir sollten freudig an die Arbeit gehen, Herr Richard, und nicht mit einer verstimmten Seele. Es ziemt uns, Herr Richard, zu …«
    In diesem

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