Der Rat der Zehn
von zehn bis elf Uhr morgens eine Stunde für Presseinterviews reservierte. Weiterhin konnten ihre Kontaktleute für sie ausmachen, welche bestimmte Zeitschrift für diesen Montag auf dem Terminkalender stand. Glücklicherweise warGoltz in der Stadt.
Montag morgen rief sie um acht Uhr dreißig im Büro des Ministers an und bat darum, das verabredete Interview auf neun Uhr vorzuverlegen. Seine Sekretärin kam der Bitte gerne nach, zumal Goltz Terminkalender am späteren Vormittag außerordentlich eng war.
Da das Interview einer ausländischen Zeitung gegeben wurde, rechnete Ellie nicht damit, daß ihr Gesicht im Verteidigungsministerium bekannt war. Als Reporterin einer westdeutschen Tageszeitung oder eines Nachrichtenmagazines durchzukommen, wäre ein großes Risiko gewesen. Sie hätte fast vergessen, ihre Quelle zu fragen, ob der richtige Journalist ein Mann oder eine Frau war, und war erleichtert, daß es eine Frau war. Sonst hätten sich ihre Vorhaben verzögert.
Bonn, eine der modernsten deutschen Städte, stand für ein Paradox. Die Stadt ist eigentlich sehr alt, mit vielen Gebäuden, die im Zweiten Weltkrieg unversehrt geblieben waren und immer noch im Altstadtbezirk standen. Um diesen Bezirk herum waren ultramoderne Gebäude errichtet worden und bildeten einen unguten Kontrast, Stahl und Glas waren zu häßlich und funktional, um gut zu Holz, Stein und den anderen Baumaterialien von früher zu passen. Die Regierungsgebäude lagen, ebenso funktional, im Herzen des Neubaugebietes, eines nicht unterscheidbar vom anderen.
Der Komplex des Verteidigungsministeriums bildete keine Ausnahme, und Ellies Herz pochte, als sie sich, einen Platz überquerend, ihm näherte. Die Strapazen der letzten Tage machten sich bemerkbar. Sie fühlte sich müde und schwerfällig und konnte sich dabei weder das eine noch das andere leisten. Ihr Körper, noch weit davon entfernt, von den Wunden, die sie in den Bergen erlitten hatte, erholt zu sein, rebellierte gegen die Anforderungen, die an ihn gestellt wurden. Ellie kannte ihre Grenzen gut genug, um zu wissen, daß sie diese überschritten hatte. Dennoch wußte sie, sie mußte scharf und wachsam bleiben, da Goltz ihre Fragen nicht freiwillig beantworten würde.
Da der Rat hinter ihr her war, mußte sie davon ausgehen, daß er sie fast sofort erkennen würde. Sie würde sich schnell bewegen müssen, aber wenn sie erst einmal bei ihm war, würde sich der Rest von selbst ergeben.
Sie klopfte auf ihre Handtasche, um sich zu vergewissern, daß sich der schwarze Beutel immer noch darin befand.
Eine Waffe wie eine Pistole mitzunehmen, kam nicht in Frage, da sie fest mit einer genauesten Durchsuchung rechnete, und eine Pistole wurde selbst beim flüchtigsten Filzen selten übersehen. Sie betrat das Verteidigungsministerium und meldete sich beim Pförtner an. Eine Telefongespräch weiter wurde ihr gesagt, sie könne hinauf in den vierten Stock gehen, wo Goltz' Büro lag. Sie wurde erwartet. Es war genau neun Uhr.
Sie wurde tatsächlich zweimal durchsucht: das erstemal, bevor sie den Fahrstuhl betrat, und noch einmal in einer Überwachungsstation im vierten Stock, wo Heinrich Goltz' Büro lag. Den Rest des Weges wurde sie von einem der Sicherheitsbeamten eskortiert, und sie wartete, als eine Empfangsdame Goltz über ihre Ankunft informierte und ihr dann lächelnd mitteilte, sie könne gleich hineingehen.
Heinrich Goltz hatte sich hinter seinem Schreibtisch erhoben, um sie beim Eintritt zu begrüßen. Ellie schloß die Tür hinter sich und verbarg von ihrem Gesicht soviel wie möglich, bis sie auf ihn zuging.
Goltz' Gesichtsausdruck wechselte sofort, erst zu Erstaunen und dann zu Furcht. Er tastete nach etwas unter seinem Schreibtisch.
Ellie überwand die Entfernung in einem Augenblick. Sie krallte eine Hand um die Kehle des Verteidigungsministers, um einen möglichen Schrei zu verhindern, und riß seinen rechten Arm mit der anderen zu sich heran. Sie benutzte ihren Oberarm, ihn so zu halten, und suchte nach der gefüllten Spritze in ihrer Handtasche, die jetzt von dem Arm baumelte, den sie benutzte, um Goltz still in seinen Sessel gepreßt zu halten. Sie zog die Spritze heraus und jagte sie durch den Ärmel seines Jacketts in seinen Unterarm. Goltz Augen weiteten sich vor Entsetzen und wurden dann glasig, während sein gesamter Körper durch die sofortige Wirkung des Serums erschlaffte.
Sodium Amytal, das Wahrheitsserum, das Ellie benutzte, basierte auf einem sehr starken Sedativ,
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