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Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Titel: Der rauchblaue Fluss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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einem kurz bevorstehenden Vulkanausbruch.
    Nil drängte sich durch das Gewühl und fand sich Schulter an Schulter mit einem der Kulis wieder, die regelmäßig Lebensmittel in den Achha Hong brachten. »Attay! Warum ihr all lauf chop-chop?«
    »Yum-chae sag, all China-yan muss geh. Kannix bleib.«
    Inzwischen waren sie am Tor des Fungtai Hong angelangt, und als Nil auf den Maidan hinaustrat, sah er, dass aus allen dreizehn Hongs Kulis und Diener hervorströmten. Zahlreiche Ausländer standen in Grüppchen beisammen und sahen sich das Schauspiel an. Nil entdeckte Babu Nob Kissins safrangelb gewandete Gestalt an einem der Flaggenmasten und ging zu ihm.
    »Was ist denn hier los, Nob Kissin Babu?«
    »Ist das nicht offensichtlich?«, antwortete der Gumashta. »Die Einheimischen werden weggeschickt. Die Enklave wird abgeriegelt und von der Stadt abgeschnitten.«
    Der Exodus der Diener dauerte nur eine halbe Stunde. Kurz darauf erschienen mehrere Polizeitrupps auf dem Maidan. Ein Teil der Polizisten schwärmte aus und rief Befehle und Bekanntmachungen. Fast augenblicklich klappten die Barbiere ihre Sonnenschirme zu, in den Garküchen wurden die Feuer gelöscht, und die Veranstalter von Grillenkämpfen lockten die Tiere in ihre Käfige zurück. Während die Höker und Straßenhändler ihre Sachen zusammenpackten, wurden auch alle anderen, die sich regelmäßig auf dem Maidan tummelten – die Schlepper, Gauner und Müßiggänger – , zusammengetrieben und vom Platz gejagt.
    Unterdessen herrschte auch jenseits des Maidans auf dem Fluss ein reges Treiben. Mehrere kleine Bootsflottillen positionierten sich so, dass sie den Faktoreien gegenüberlagen. Als das Manöver abgeschlossen war, sah man, dass sie eine dreifach gestaffelte Barrikade bildeten: Die erste und die zweite Reihe bestanden aus Teekähnen, jede mit mehreren Dutzend Mann an Bord, die dritte aus Frachtleichtern, die enger miteinander vertäut waren als die anderen; eine durchgehende Linie, durch die auch nicht das kleinste Boot mehr durchkam. Und dann, wie um doppelt deutlich zu machen, dass an Flucht nicht zu denken war, zog eine Abteilung Soldaten alle Boote der Ausländer aus dem Wasser auf die Uferböschung.
    »Sehen Sie«, sagte Babu Nob Kissin, »wie sorgfältig sie das geplant haben? Als ob sie dafür sorgen wollten, dass nicht einmal ein Frosch oder eine Maus entkommen kann.«
    Nil schlug einen Spaziergang vor, und so begleitete ihn Babu Nob Kissin auf einem Rundgang durch Fanqui-Town. Schnell stellten sie fest, dass alle Zugänge zur Enklave abgeriegelt waren: Posten blockierten den Eingang zur Hog Lane, zur China Street und zur Old China Street, und ohne ein entsprechendes Dokument durfte niemand durch.
    Die Thirteen Hong Street war zu einer Art Niemandsland geworden. Die Hintereingänge der Faktoreien waren schon seit einiger Zeit zugemauert, und jetzt säumten Infanteristen mit Luntenschlossmusketen und Kartuschbüchsen die ganze Straße.
    Kurz vor Sonnenuntergang wurden überall in der Enklave Laternenmasten aufgestellt, und als die Laternen entzündet waren, tauchten sie den Maidan in taghelles Licht.
    In der Küche des Achha Hong war die Stimmung an diesem Abend gedrückt, und Vico, Mesto und die Küchen-Chokras brachten auf Anweisung des Seths geraume Zeit damit zu, ein Inventar der Vorräte in der Speisekammer zu erstellen. Es zeigte sich, dass genug Linsen, Reis, Zucker, Mehl und Öl für vier Wochen vorhanden waren, das Trinkwasser aber nur noch für zwei Tage reichte.
    »Was meint ihr, was die vorhaben?«, fragte Vico. »Ob sie uns aushungern wollen?«
    Die Diskussion hatte noch kaum begonnen, da erschienen mehrere Kulis an der Tür, die, wie sich herausstellte, im Auftrag der Behörden Lebensmittelrationen ausgaben. Der Fungtai Hong Nr. 1 erhielt eine Zuteilung von sechzig lebenden Hühnern, zwei Schafen, vier Gänsen, fünfzehn Fass Trinkwasser, außerdem Zucker, Kekse, Mehl, Öl und vieles andere mehr.
    »Das versteh ich nicht.« Vico kratzte sich den Kopf. »Wollen die uns aushungern oder mästen?«
    Draußen hielt das Treiben unvermindert an. Die ganze Nacht hindurch hallte der Maidan wider von Muschelhörnern, Gongs, Kommandos und nervtötenden k’an-ch’o- und tseaou-ch’o!-Rufen, wenn die Offiziere ihre Männer zur Wachsamkeit ermahnten. An Schlaf war in dieser Nacht kaum zu denken.
    Am nächsten Morgen, nachdem in der Küche ein kleines Frühstück serviert worden war, schaute Nil wieder auf den Maidan hinaus. Eine verblüffende

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