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Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Titel: Der rauchblaue Fluss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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Khidmatgars sagen, Sie verlassen Ihre Zimmer kaum noch. Warum gehen Sie nicht öfter hinaus und drehen ein paar Runden um den Maidan?«
    Bahram war perplex. »Hinausgehen? Es ist doch so heiß draußen. Hier drin ist es viel besser, finden Sie nicht?«
    »Irgendetwas Interessantes passiert auf dem Maidan immer, Bahram-bhai.«
    Durch das offene Fenster drang ein Geräusch herein, als schlüge etwas Hartes gegen ein Holzbrett. Bahram erhob sich und trat ans Fenster. Ein Cricketspiel war auf dem Platz im Gange, und er sah zu seiner Überraschung, dass auch mehrere Parsen unter den Spielern waren. Schlagmann war Ferdunji, in weißer Hose und Mütze.
    Zadig war zu Bahram getreten. »Wo hat Dinyar denn Cricket spielen gelernt?«
    »Hier. Ich wüsste nicht, wo sonst.«
    »Sie sehen, Bahram-bhai, da unten ist immer etwas los. Sie sollten hinausgehen und mitmachen. Das wäre einmal eine Abwechslung.«
    Bei der Vorstellung hinauszugehen, befiel Bahram eine bleierne Müdigkeit.
    »Was soll ich da, Zadig Bey?«, fragte er. »Ich verstehe nichts von Cricket.«
    »Trotzdem … «
    Sie schauten eine Weile schweigend zu, dann sagte Bahram: »Wir sind jetzt alte Männer, Zadig Bey, nicht wahr? Die Zukunft, das sind die Burschen da unten, junge Männer wie Dinyar.«
    Unten brandete Beifall auf. Dinyar hatte den Ball über den ganzen Maidan geschlagen.
    Der junge Mann wirkte wunderbar selbstbewusst und vollkommen souverän, wie er so auf seinen Schläger gestützt dastand und über das Feld blickte.
    Bahram verspürte einen Anflug von Neid.
    »Meinen Sie, die werden sich noch an uns erinnern, wenn sie später einmal ihren Weg gehen? Meinen Sie, die werden sich daran erinnern, was wir durchgemacht haben? Daran, dass all das erst möglich wurde durch das Geld, das wir hier verdient haben, durch die Lektionen, die wir gelernt haben, durch das, was wir gesehen haben? Daran, dass ihre Zukunft mit dem Leben von Millionen Chinesen erkauft wurde?«
    Unten stürmte Dinyar zwischen den Wickets hin und her.
    »Und wofür das alles, Zadig Bey? Nur dafür, dass diese jungen Männer Englisch sprechen, Hüte und Hosen tragen und Cricket spielen können?«
    Bahram schloss das Fenster, und die Geräusche verklangen.
    »Vielleicht ist das Ahrimans Reich, was meinen Sie, Zadig Bey? Ein immerwährender tamasha in einer leeren Wüste des Vergessens.«

Achtzehntes Kapitel
    Kanton, Haus Nr. 1, amerikanischer Hong, 5. Juni
    Queridísima Paggliosa,
    es kommt mir vor, als wäre ein ganzes Zeitalter vergangen, seit ich mich das letzte Mal hingesetzt habe, um Dir zu schreiben. Während der vergangenen sechs Wochen konnten wir nicht einmal daran denken , mit der Außenwelt in Verbindung zu treten. Man hatte uns gesagt, dass jeder Kurier, den man mit Briefen von uns oder an uns erwischt, streng bestraft werde, und unter diesen Umständen wäre es nicht recht gewesen, Briefe zu schreiben. Nur ein ganz und gar gefühlloser Mensch hätte um seines törichten Gefasels willen jemanden der Gefahr der Bastonade ausgesetzt, nicht wahr, liebe Paggli?
    Aber das alles ist nun Vergangenheit. Fast das gesamte Opium ist ausgeliefert worden, und der Kommissar hat Wort gehalten: Ab Morgen darf jeder, der will, Kanton verlassen, mit Ausnahme der sechzehn Ausländer, die als die schlimmsten Übeltäter gelten. Zadig Bey reist in ein paar Tagen ab, und da ich mich entschieden habe, hierzubleiben, hat er sich erboten, meine Briefe mitzunehmen – und so sitze ich jetzt wieder am Schreibtisch.
    So viel ist in der Zwischenzeit passiert, liebe Paggli, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Die größte Veränderung war für mich, dass ich aus Markwick’s Hotel ausziehen musste. An dem Tag, an dem ich Dir das letzte Mal schrieb, verlor Fanqui-Town seine Arbeiter, Kulis und Diener: Das gesamte chinesische Personal musste auf Anordnung der Behörden die Enklave verlassen. Der arme Mr. Markwick konnte daraufhin den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten und musste das Hotel schließen.
    Du kannst Dir vorstellen, in welche Verlegenheit mich das brachte, denn ich wusste ja nicht, wohin. Aber ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Charlie bot mir ein Zimmer in seinem Haus an (ist das nicht ungeheuer nett von ihm?) – zur Miete, dachte ich, aber er wollte nichts davon wissen und bat mich nur, ihm ein paar Bilder zu malen, was ich mit Freuden versprach. Seitdem wohne ich im amerikanischen Hong, in einem Zimmer, das doppelt so groß und viel luxuriöser ist als das alte. Nicht

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