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Der Rauchsalon

Der Rauchsalon

Titel: Der Rauchsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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ganz persönlichen Pläne und Einsätze zur Rettung der Umwelt erzählt, aber
ich nehme an, das ist es nicht, was Sie meinen. Als wir zu diesem kleinen Loch
kamen, in dem sie lebt, hat sie allerdings erwähnt, wie glücklich sie doch sei,
daß ich bei ihr sei und daß sie wirklich nicht geahnt habe, auf was sie sich da
eingelassen habe, bis Mrs. Kelling sie darauf hingewiesen habe, aber daß Mrs.
Kelling ihr eingeschärft habe, zu keinem Menschen etwas davon zu sagen, und das
werde sie auch nicht tun.«
    »Aber damit hatte ich Sie doch nicht
gemeint! Hier bitte, nehmen Sie doch ein paar von diesen Käsedingern, solange
sie noch heiß sind. Ich befinde mich offenbar in dem für mich üblichen Zustand
völliger Verwirrung. Ich nehme an, ich sollte ganz von vorne anfangen, und das
wäre dann bei meinen Geldproblemen, von denen Sie bereits wissen. Sie waren
sicher nicht besonders überrascht, als Sie in den Zeitungen gelesen haben, daß
ich unser Haus in eine Pension verwandelt habe. Ich habe keine andere
Möglichkeit, mich über Wasser zu halten, bis diese Sache mit der
High-Street-Bank geregelt ist, falls das überhaupt jemals der Fall sein wird.
Aber ich konnte es einfach nicht ertragen, klein beizugeben, ohne mich auch nur
zu wehren, und von praktisch nichts zu leben, ist alles, was ich gelernt habe.«
    »Ich dachte, Sie sind
Gebrauchsgraphikerin?«
    »Nun ja, vielleicht bin ich das
tatsächlich, aber ich habe niemals damit richtig Geld verdient. Ich möchte zwar
unbedingt Arbeit finden, aber bis jetzt hatte ich nicht einmal Zeit, eine Mappe
zusammenzustellen. Ständig muß ich herumsausen und den Klempner rufen oder
sonst irgend etwas tun, wenn ich gerade damit anfangen will.«
    »Haben Sie denn niemanden hier im Haus,
der Ihnen hilft?«
    »Doch, schon. Ich habe ein Riesenglück
gehabt. Mariposa, diese wunderbare Frau, die früher für uns saubergemacht hat,
wohnt jetzt hier im Haus.«
    »Die mit dem Hund und dem Freund?«
    »Daß Sie sich daran noch erinnern! Der
Hund ist jetzt glücklicherweise bei ihrem Bruder auf dem Land. Rover gehört zu
der Sorte Hund, die viel Auslauf braucht. Der Freund ist allerdings noch da. Er
ist der Charles, den ich am Telefon erwähnt habe. Charles ist in Wirklichkeit
Schauspieler, aber er pausiert gerade, wie man so sagt, also hilft er hier aus,
indem er eine hervorragende Vorstellung als Butler liefert. Ich brauche ihn
nicht einmal zu bezahlen, mit Ausnahme von Kost und Logis natürlich, denn er
hat außerdem einen Job am Fließband, wo er irgend etwas an irgend etwas anderes
schraubt. Ich muß zugeben, daß ich jetzt schon Angst bekomme, wenn ich daran
denke, daß seine Agenten für ihn eine neue Rolle finden könnten. Möchten Sie
noch etwas trinken?«
    »Nein danke. Im Moment bin ich vollauf
zufrieden. Aber was hat Miss Smith damit zu tun?«
    »Sie ist gestern nachmittag aus
heiterem Himmel hier aufgetaucht. Sagen Sie bitte, Mr. Bittersohn, welchen
Eindruck hat sie auf Sie gemacht? Ich weiß, daß man auf Anhieb denken könnte,
sie hätte ein oder zwei Sprünge in der Schüssel, aber glauben Sie das auch?«
    »Eine überfüllte U-Bahn ist nicht
gerade der ideale Ort, um das herauszufinden«, erwiderte er, »aber mein erster
Eindruck ist der, daß Miss Smith eine tapfere, nette Person ist und versucht,
das Beste aus einer miesen Situation zu machen. Sie hat mir erzählt, daß sie
ihr Leben lang in einem dieser vornehmen Läden für die oberen Zehntausend
gearbeitet hat, die dann durch die Inflation und die großen Kaufhäuser
eingegangen sind. Man hat ihr nur ein lächerliches Gehalt gezahlt, und sie
mußte für ihre gebrechliche Mutter sorgen, deshalb hatte sie nie die
Möglichkeit, ein bißchen Geld auf die hohe Kante zu legen. Als dann der Laden
zumachte, war sie zu alt, um sich etwas Neues zu suchen, und die Rente, die ihr
den Lebensabend erleichtern sollte, reicht nur für ein zehn Quadratmeter großes
Zimmer in einem heruntergekommenen Haus und für eine Büchse Ölsardinen einmal
die Woche.«
    »Wie um alles in der Welt kann sie dann
überleben?«
    »Sie versucht zurechtzukommen. Sammelt
Zeitungen aus Mülltonnen und liest nach, wer gerade kostenlos Essen an Senioren
verteilt. Dann verkauft sie die Zeitungen an einen Altwarenhändler für das
Fahrgeld zur Futterkrippe. Sie hat mir erzählt, daß sie ein paar sehr schöne
Kleidungsstücke besitzt, die sie anzieht, wenn sie in Gesellschaft ist; ich
hätte leider das Pech gehabt, sie in ihrer Arbeitskleidung zu erwischen.

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