Der Rauchsalon
wirklich? Wenn er Tante Marguerite kannte und alle Voraussetzungen
erfüllte, die einen als Alleinstehenden für Parties qualifizierten,
bombardierte sie ihn sicherlich förmlich mit Einladungen. Bestimmt mußte er ab
und zu darauf reagieren, auch wenn er lediglich absagte, es sei denn, er war
völlig senil oder etwas Ähnliches. Von Miss Hartler hatte sie darüber nichts
erfahren. Sie hatte ihn als einen eher ruhigen Mann beschrieben und sich
darüber ausgelassen, wie unverschämt es von Mrs. Sorpende gewesen war, einfach
den Namen von Vangie Bodkin zu mißbrauchen, während Sarah sich selbst davon zu
überzeugen versuchte, den Namen falsch verstanden zu haben.
G. Thackford Bodkin war allerdings
nicht gerade ein Name, den man leicht verwechselte. Vielleicht hatte Mrs.
Sorpende ihn irgendwo gehört, und woher sollte man wissen, ob sie nicht mit dem
Ehemann bekannt war, selbst wenn sie die Frau nicht gekannt hatte? Ihre eigene
Ehe war wohl nicht sehr glücklich verlaufen, soviel hatte Sarah aus ihrer
kleinen Konversation beim Betrachten der Unterwäsche geschlossen. Wenn Vangie
Bodkin eine Busenfreundin von Joanna Hartler gewesen war, konnte sie unmöglich
eine Kleopatra gewesen sein. Vielleicht waren sich die beiden enttäuschten Ehepartner
nähergekommen und hatten ein Verhältnis miteinander gehabt, und vielleicht
hatte Mr. Bodkin Sarah Kellings Pensionspläne bei Mrs. Sorpende erwähnt,
nachdem er davon durch Tante Marguerite erfahren hatte.
Vielleicht war sie deswegen hierher
nach Boston gekommen. Nach einer schicklichen kleinen Pause würde ihr dann
vielleicht auch Mr. Bodkin folgen, würde vorgeben, ganz zufällig eine
attraktive Unbekannte kennengelernt zu haben, und sie dann heiraten.
Aber seit Vangies Tod waren bereits
zwei Jahre vergangen — wenn das keine schickliche Frist war, was war es dann?
Mrs. Sorpende war kein Küken mehr und Mr. Bodkin wahrscheinlich weit über 70.
Es war gar nicht so abwegig anzunehmen, daß Mrs. Sorpende beschlossen hatte,
sich nach einem aktiveren prospektiven Ehegatten umzusehen.
Jeder wußte, daß Sarah Kelling kein
Geld besaß, aber es war auch allgemein bekannt, daß sie reiche Verwandte hatte,
daß einige von ihnen Junggesellen waren und daß einer dieser Junggesellen bald
noch sehr viel reicher sein würde, als er es sowieso schon war. Und Mrs.
Sorpende hatte ihn bereits getroffen und ihn von Anfang an beeindruckt. Dolph
war aber auch ein altmodischer alter Tugendbold, und wenn er herausfand, daß
sie klammheimlich mit einem von Marguerites Nachbarn etwas gehabt hatte, würde
er schnellstens einen Rückzieher machen. Und wenn Mrs. Sorpendes Vergangenheit
einen Schandfleck aufwies, sei es nun Mr. Bodkin oder irgendeine andere Person
oder Sache, wer hätte es wohl als erster gewußt und liebend gern gegen sie
ausgespielt?
Wahrscheinlich hatte sie sofort beim
ersten Treffen festgestellt, daß Mr. Quiffen ein Unruhestifter ersten Ranges
war. Sie hatte vielleicht auch gewußt, daß er Dolph beschatten ließ. Wer wußte
schon, wer ihre Informationsquelle war? Wenn Mrs. Sorpende tatsächlich etwas
über irgend jemanden herausfinden wollte, war ganz bestimmt irgendwo irgendein
Mann willens und in der Lage, es ihr mitzuteilen. Und wenn sie geglaubt hatte,
daß ihr nichts mehr den Weg zu Großonkel Freds Vermögen versperrte, und plötzlich
war dann dieser eklige alte Barnwell Quiffen aufgetaucht und gefährdete Dolphs
oder ihre eigenen Chancen, konnte dann nicht eine kräftige, große Frau wie sie,
die nicht einmal ordentliche Unterwäsche ihr eigen nannte, drastische Maßnahmen
zur Beseitigung dieser Bedrohung ergriffen haben?
Angenommen, Mrs. Sorpende war Mr.
Quiffen ohne viel Mühe und ohne ein großes Risiko einzugehen losgeworden.
Weiterhin angenommen, daß dann durch irgendeinen teuflischen Zufall sein
ehemaliges Zimmer beinahe unmittelbar darauf von einem Herrn aus Newport
bezogen wurde; einem Mann, dessen Schwester die Busenfreundin eben der Frau
gewesen war, deren Namen sie als Referenz genannt hatte; ein geschwätziger,
indiskreter alter Herr, der selbstverständlich wußte, daß Vangie Bodkin tot
war, und möglicherweise noch eine Menge anderer Details kannte, was sehr
unangenehme Folgen haben konnte, wenn er sie irgendwo zu unpassender Zeit
herausposaunte. Mochte sie nicht versucht gewesen sein, ihr Schicksal noch
einmal herauszufordern?
In der Nacht, in der Hartler umgekommen
war, hatte Mrs. Sorpende, unmittelbar nachdem er das Haus verlassen hatte, ihr
Zimmer
Weitere Kostenlose Bücher