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Der Rausch einer Nacht

Titel: Der Rausch einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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gesagt hat. Opi war Gemeindevorsteher eines kleinen Orts mit siebentausend Einwohnern. Seine Freizeit und die Wochenenden hat er jedoch ausschließlich im Garten verbracht, wo er ständig daran herumexperimentierte, die besten Blumen und größten Gemüse in ganz Westtexas zu züchten, ohne sich dabei auf Insektizide oder Kunstdünger zu verlassen.
    Wenn er nicht gerade Samenkataloge wälzte oder alte Gartenanbauwerke studierte, um natürliche Methoden zu finden, mit Schädlingen und Pflanzenkrankheiten fertigzuwerden, hielt er sich in seiner kleinen Werkstatt hinter dem Haus auf, wo er alles selbst gebaut hat. Puppenhäuser, Möbel, die für die kleine Corey die richtige Größe hatten, bis zu hölzernen Schmuckkästchen. Oder auch einem Schaukelstuhl für Omi.
    Die Werkstatt kam mir immer wie ein verzauberter Ort vor, und ich habe alles an ihm geliebt, von den Sägespänen auf dem Boden bis zu dem Geruch seiner - natürlich biologisch unbedenklichen - Holzlasuren. Als ich zum erstenmal dort war, bin ich auf ein kleines Stück Holz getreten. Das war nur ein paar Quadratzentimeter groß, und ich dachte, das würde nicht mehr gebraucht. So habe ich es aufgehoben und wollte es in den Abfallkorb werfen, aber Großvater hat gelacht, das Stück wieder herausgeholt und mich gefragt, warum ich denn einen Kuß fortwürfe. Damals war ich erst vierzehn und er schon über fünfzig - für mich ein uralter Mann. Als er dann meinte, ein kleines Holzklötzchen sei ein Kuß, dachte ich schon, er sei senil geworden und hier!« Sie tippte sich beziehungsreich an die Schläfe.
    »Aber das war er natürlich nicht«, lachte Cole und genoß ihre Geschichte, das Glitzern der untergehenden Sonne in ihrem Haar und das Leuchten in ihren Augen, das immer dann auftrat, wenn sie von ihren Lieben erzählte. Diese junge Frau gehörte eindeutig zur amerikanischen Oberschicht, aber von ihr ging eine freundliche Sanftheit und menschliche Verbundenheit aus, die ihn immer wieder aufs neue verblüffte. Und heute sogar noch mehr als früher, weil er endlich begriffen hatte, wie selten eine solche Kombination anzutreffen war.
    »Nein, er war natürlich nicht verrückt. Opa hat ein kleines Messer in die Hand genommen und rasch aus dem Stück Holz ein kleines Herz geschnitzt, und das hat er dann in ein buntes, glänzendes Stück Papier eingewickelt, so daß es aussah wie eine Praline. Das hat er mir dann gegeben und gesagt, siehst du, da hast du einen süßen Kuß, aber einen ohne Kalorien. Später ist mir dann aufgefallen, daß überall im Haus solche Holzpralinen als Verzierung angebracht waren.«
    »Und was haben deine Mutter und deine Großmutter getan?« fragte er, als Diana sich über einen Gardenienstrauch beugte.
    Sie hob kurz den Kopf, um ihn anzusehen, und wandte sich dann wieder der Pflanze zu. »Meine Stiefmutter hat in einer Fabrik als Sekretärin gearbeitet, bevor sie meinen Vater kennenlernte. Aber in ihrer Freizeit hat sie Omi bei allem möglichen geholfen, Backen, Einwecken und Kochen. Großmutter war darin immer schon unermüdlich.«
    Diana brach einen Zweig von dem Strauch ab und drehte sich wieder zu ihrem Mann um. Ihre Hände umschlossen einen Kranz aus glänzenden dunkelgrünen Blättern, aus deren Mitte eine Blüte ragte, die so weich und weiß wie frischgeschlagene Sahne wirkte.
    »Erzähl doch weiter«, forderte Harrison sie auf und beobachtete, wie sie die Blüte an die Nase hielt.
    »Omi hat die Früchte und Gemüse genommen, die Opi in seinem Garten züchtete, und damit Rezepte ausprobiert, die in ihrer Familie schon seit Generationen von der Mutter auf die Tochter übergegangen waren. So trug auch jedes Rezept den Namen einer teuren Verblichenen oder eines Ereignisses, das mit ihr im Zusammenhang stand. Da gab es zum Beispiel >Großmutter-Sarahs-Dreibohnen-salat< oder >Urgroßmutter-Cornelias-Kirsch-Zimt-Auf-lauf<. Dann auch den >Erntemondkuchen< und die >Drescher-Schinkenrollen<.«
    Diana lächelte verlegen. »Bis zu meiner ersten Reise nach Long Valley habe ich tatsächlich noch geglaubt, Erdbeeren würden auf Bäumen wachsen und Gemüse käme aus der Fabrik, nämlich in Form von Konservendosen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie verwundert ich war, als ich bei den Großeltern Pfirsichbäume zu sehen bekam, auf denen diese Früchte tatsächlich wuchsen und man sie abpflücken und essen konnte. Das war für mich unglaublich exotisch.«
    Er lächelte sie schelmisch an. »Du hast wirklich geglaubt, Erdbeeren wüchsen auf

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