Der Rausch einer Nacht
Bäumen?«
»Ja, sissser«, lispelte sie, drehte die Füße nach innen, legte den Kopf schief und klimperte mit den Wimpern, bis sie wie eine dumme Göre aussah. »Und isss habe auch immer gedacht, Geflügel käme vom Nordpol, weil man dasss im Sssupermarkt doch nur in der Tiefkühltruhe findet. Und wenn isss ehrlisss bin, glaube isss dasss heimlisss immer noch, weil dasss andere mir viel sssu komplisssiert issst.«
Dann wurde sie wieder ernst und fuhr mit ihrer Geschichte fort: »Damals dachte ich, meine Großeltern hätten ein Haus wie im Märchen. Und als sie dann zu uns nach Houston gezogen sind, haben sie unser Heim auf ebenso magische Weise verändert. Angefangen vom Garten, der bis dato nur den Swimmingpool und ein paar Palmen vorzuweisen hatte, bis zu den einzelnen Räumen im Haus.«
Diana hielt ihm die Blume wie eine unbezahlbare Kostbarkeit hin. »Sie ist wunderbar, nicht wahr?«
>Du bist noch viel wunderbarer< dachte er und schob die Hände in die Hosentaschen, um der Versuchung zu widerstehen, ihre Hände zu umschließen, die Blüte an sein Gesicht zu führen und dann festzustellen, wie ihre Finger an seinen Lippen schmeckten. Früher war es ihm nie schwergefallen, sexuelle Gelüste im Zaum zu halten oder sich auf das zu konzentrieren, was sein Gegenüber zu sagen hatte, oder sentimentalen Stimmungen nicht nachzugeben. Doch nun mußte er feststellen, daß diese Fähigkeit in allen drei Punkten versagt hatte - und das nicht zum erstenmal in den letzten vierundzwanzig Stunden. Er konnte sich nicht anders helfen, als etwas zu rauh vorzubringen: »Und dann ist es dir gelungen, einen Markt für die Talente und die Philosophie der Brittons zu schaffen. Du bist wirklich sehr gescheit.«
Seine Art, die romantische Stimmung zu zerstören, verletzte sie etwas, aber es gelang ihr mit leiser und doch fester Stimme zu antworten. >Genau wie ihr Körper<, schoß es Cole durch den Sinn, und er ärgerte sich sofort über den Weg, den seine Gedanken schon wieder einschlugen.
»Den Markt mußte ich gar nicht erst schaffen, denn der war längst vorhanden und ist eigentlich von Jahr zu Jahr gewachsen. Nur scheint das damals noch niemandem so recht aufgefallen zu sein.«
»Erklär mir das bitte etwas genauer.«
»Wir leben in einer Zeit, in der viele Amerikaner das Gefühl haben, ihre Wurzeln zu verlieren, von ihren Mitmenschen getrennt zu sein und keinen Kontakt mehr zu ihrer natürlichen Umgebung zu besitzen. Und wir leben in einer Welt, die vollkommen unpersönlich geworden ist. Wenn man nach Hause kommt, gerät man in einen Vorort mit identischen Häusern und Straßen. In jedem Heim findet sich die gleiche Einrichtung aus Massenproduktion -die gleichen Kühlschränke, die gleichen Kleinigkeiten. Wir haben nichts mehr, das uns ein Gefühl von Zeitlosigkeit, Stabilität oder wahrer Identität geben könnte. Die Menschen haben ein großes Bedürfnis, wenigstens ihre unmittelbare Umgebung persönlicher zu gestalten, weil ihnen das mit der Welt draußen schon lange nicht mehr möglich ist. Das Foster-Ideal steht dafür, den Spaß, die Erfüllung und die Bedeutung eigenen schöpferischen Tuns zu entdecken.«
»Und ich dachte, die Frauen heute wären mehr daran interessiert, Mittel und Wege zu finden, auf der Karriereleiter möglichst weit nach oben zu gelangen.«
»Das sind wir auch, aber anders als die Männer lernen wir schon frühzeitig, daß wir uns nicht allein über unseren beruflichen Erfolg definieren können. Wir verlangen mehr vom Leben und haben auch viel mehr zu geben.«
Cole runzelte nachdenklich die Stirn. »Willst du damit sagen, daß die karrierebewußten Frauen einen Großteil eurer Leserschaft ausmachen?«
Diana nickte und freute sich, ihn so verwirren zu können. »Die Zusammensetzung unserer Leserschaft wird dich sicher überraschen. Auf der Grundlage mehrerer Markterhebungen handelt es sich bei fünfundsechzig Prozent unserer Käuferinnen und Abonnentinnen um Frauen mit College-Abschluß, die gerade Karriere machen oder diese bereits hinter sich haben.
Unter den amerikanischen Frauen ist schon seit Jahren der Trend erkennbar, das Kinderkriegen auf die Dreißiger zu verschieben und vorher im Beruf möglichst weit aufzusteigen. Wenn es dann soweit ist, legen sie eine Pause ein, um während der prägenden Jahre ihres Nachwuchses zu Hause zu bleiben - und das verläuft meist über einen deutlich längeren Zeitraum als den, was per Gesetz mit Babyjahr oder Erziehungsurlaub gestattet wird. Diese
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