Der Rausch einer Nacht
identifiziert. Unser Magazin steht von Anfang an einzigartig da, und das läßt sich vornehmlich darauf zurückführen, daß wir ein Familienunternehmen sind. Das hat der Öffentlichkeit stets gefallen und hilft uns vermutlich immer noch dabei, die Nummer eins zu bleiben.
Dummerweise stehen wir aus genau diesem Grund aber auch im Brennpunkt der Öffentlichkeit. Wir dürfen uns während der Aufzeichnung unserer TV-Shows nicht einmal über Kleinigkeiten streiten, sonst steht am nächsten Tag sofort so etwas wie >Hängt bei den Fosters der Haussegen schief? < oder > Bröckelt das Ideal? < in den Zeitungen.
Meine Mutter schreibt im Magazin regelmäßig eine Kolumne, und die steht in der Beliebtheit ziemlich weit oben. Darin berichtet sie von Kindheitserinnerungen, zum Beispiel, wie sie bei ihren Großeltern zu Besuch war, was ihre Mutter ihr beigebracht hat und so weiter. Oder sie amüsiert sich über ihre Ängste, als sie ihre erste Party gegeben hat. Mutter bringt auch Geschichten über ihre Eltern oder über Corey und mich in unserer Teenagerzeit. Jedes Familienmitglied ist mehrfach mit Foto abgebildet worden, und die Leserschaft glaubt mittlerweile, uns alle genau zu kennen. Für unsere Käufer sind wir längst so etwas wie Freunde geworden. Als Corey und Spencer geheiratet haben, sind ganze Wagenladungen von selbstgemachten Glückwunschkarten bei uns eingetroffen. Als die Zwillinge geboren waren, erreichten uns Tausende von Babysachen, die unsere Leser alle selbst angefertigt hatten. Und ähnlich verhielt es sich, als Opa sich das Bein gebrochen hatte. Für die Öffentlichkeit müssen wir daher auch weiterhin die große, glückliche Familie bleiben, die das gesunde und gesegnete Leben führt, das wir in unseren Magazinen und Shows propagieren.«
Während er aufmerksam zuhörte, listete er in Gedanken alles auf, was diese Frau geleistet hatte. Und es verdroß ihn etwas, daß jemand, der so viel zustande gebracht hatte, und das ohne Hilfe von außen und mit wenig finanziellen Mitteln, sein eigenes Tun so gering einschätzte.
Cole trat auf sie zu und stützte sich mit einer Hand über ihrem Kopf an einen Baum. »Jetzt mußt du mir aber mal eines erklären: Warum mißt du deinen Fehlern immer noch so große Bedeutung bei und übersiehst dabei die großen Erfolge, die dir gelungen sind? Eben im Wohnzimmer hast du all deinen Geschäftssinn und all deine Leistungen heruntergespielt und all das, was dir gelungen ist, so hingestellt, als habe ein blindes Huhn auch einmal ein Korn gefunden.«
Diana zuckte unter diesen Worten zusammen und drehte den Kopf zur Seite. »Weil du dir nicht vorstellen kannst, welche wirklich blöden Fehler mir unterlaufen sind - und auch nicht, wie viele.«
»Dann zähl sie mir doch auf, und ich entscheide, ob sie wirklich unverzeihlich waren. Du kannst dich darauf verlassen, daß ich vollkommen unparteiisch urteilen werde.«
Diana genoß die Gelegenheit, so viel Zeit mit ihm verbringen zu können und daß sie sich besser kennenlernten. Aber sie wünschte, er würde nicht auf diesem Thema beharren. Schließlich seufzte sie und lehnte sich unter seiner Hand an den Stamm. »Die meisten habe ich ja schon vor der Familie gebeichtet. Einige wunderbare Chancen sind mir durch die Lappen gegangen, weil ich mich nicht getraut habe, das damit verbundene Risiko einzugehen. Ehrlich gesagt, lange Zeit hatte ich Angst, wir könnten zu schnell groß werden, und mir würde alles über den Kopf wachsen.«
Sie sah zu ihm hinauf, und er sah zu ihr hinab. Diana schien ihm jetzt so natürlich und offen wie damals bei ihren Gesprächen im Stall. Er wußte nicht, ob er sich darüber freuen durfte, daß sie sich diese Art bewahrt hatte. Ihre Ehe mußte nicht unbedingt zur beiderseitigen Zufriedenheit enden, und er wollte nicht dort weitermachen, wo Dan aufgehört hatte, nämlich sie in eine kalte Zynikerin zu verwandeln.
»Ich glaube, jetzt bekomme ich gerade deinen steinernen Gesichtsausdruck zu sehen«, scherzte Diana.
»Nein«, entgegnete er mit einem leichten Lächeln, »das war nur noch einmal meine beeindruckte Miene.« Bevor sie ihn danach fragen konnte, reagierte er lieber auf ihre Ausführungen. »Schon viele Firmen sind untergegangen, weil jemandes Träume nicht mit den finanziellen Möglichkeiten Schritt halten konnten. Ich halte es für viel vernünftiger, eine eher konservative Geschäftspolitik zu verfolgen.«
»Ja, wenn ich das wenigstens getan hätte, aber ich bin von einem Stolperstein zum
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