Der Rausch einer Nacht
aufdringlichen Reporter, freute sich aber gleichzeitig über den Beistand der Familie, besonders der Großmutter. Als er vor ihnen stand, um sich zu verabschieden, fiel ihm nichts ein, wie er ihnen gegenüber seine Dankbarkeit ausdrücken konnte. So beließ er es bei einem Lächeln, küßte Diana auf die Wange und sagte: »Dann bis Donnerstag.«
Als die Fosters und Brittons wenig später unter sich waren, ergriff der Großvater das Wort. »Ich frage mich«, meinte er mit Blick auf die Tür, durch die Harrison gerade verschwunden war, »wann jemand zum letztenmal für ihn Partei ergriffen hat.«
Corey blieb im Büro, um ihrer Schwester beim Aufräumen zu helfen. Spencers abfällige Bemerkungen über Coles angebliche Geschäftspraktiken waren ihr gleich wieder in den Sinn gekommen, als der Reporter die Frage nach den Ermittlungen der Börsenaufsicht gestellt hatte -und geisterten jetzt immer noch durch ihren Kopf.
Sie hob eine Kaugummiverpackung und ein Stück Papier vom hellblauen Teppichboden auf. Als sie dann vier Stühle zurechtrückte, hockte sich Diana auf die Schreibtischkante und sah ihre Schwester an. »Corey?«
Die junge Frau drehte sich lächelnd um, nahm einen Pfau, ein Stück aus Dianas Steuben-Kristall-Sammlung, aus dem Regal und stellte ihn auf seinen richtigen Platz zurück, der exakten Mitte des langen Konferenztisches, »ja?«
»Was ist los?«
Corey trat einen Schritt zurück, um festzustellen, ob der Pfau auch im rechten Abstand zu der kristallenen Schüssel mit den gläsernen Süßigkeiten stand. Dann kehrte sie zurück und schob die Schüssel vier Zentimeter nach links. »Nichts. Was soll sein?«
»Falls du es vergessen haben sollst, ich bin von uns beiden diejenige mit dem Ordnungszwang. Du hingegen bist die Chaotin, die ohne Unordnung nicht leben kann.«
Corey riß sofort die Hand aus der Schüssel, wo sie gerade die Steine nach ihrer Farbe geordnet hatte. »Ach, du weißt doch, daß die Medienvertreter mich immer etwas nervös machen.«
»Besonders dann, wenn sie deinem neuen Schwager schlimme Dinge unterstellen, was?«
»Ja, ganz besonders dann«, gab Corey seufzend zu. Sie hätte es nie über sich gebracht, ihrer Schwester zu berichten, daß ihr Mann sehr an Harrisons Integrität als Geschäftsmann zweifelte. Aber sie konnte Diana auch nicht vollkommen im Unwissen lassen. »Spence hat da gestern etwas gesagt. Von wegen, Cole habe sich im Lauf der Jahre viele Feinde gemacht.«
»Ja, natürlich hat er das«, entgegnete Diana sorglos. »Die einzige Art, sich keine Feinde zu schaffen, besteht wohl darin, die Hände in den Schoß zu legen und gar nichts zu tun.«
Das erschien Corey sinnvoll, und wieder einmal bewunderte sie die Art ihrer Schwester, zu einem solchen Zeitpunkt vollkommen ruhig und logisch zu bleiben. Wie sie dort mit ihrer tadellosen Frisur und dem hübschen Seidenkleid auf dem Schreibtisch hockte, wirkte sie eher wie ein Model als die Chefin einer großen Firma.
Diana hatte ein blühendes Unternehmen geschaffen und dabei nichts von ihrer Weiblichkeit oder ihrer Menschlichkeit verloren.
Sie lächelte und sprach das aus, was sie dachte: »Du erfüllst uns Frauen mit Stolz, Schwester«, lächelte sie und zog sich dann mit einem fröhlichen Salut aus dem Raum zurück.
Als Diana allein war, starrte sie verträumt in die Leere und dachte an die zärtlichen und unvergeßlichen Dinge, die Cole ihr letzte Nacht gesagt hatte. Sie freute sich schon auf die Flitterwochen, die am Donnerstag beginnen sollten. Irgendwann warf sie einen Blick auf ihre Uhr und stellte fest, daß ihr jetzt keine Zeit mehr blieb, Doug anzurufen. Das würde eben bis nach dem Meeting in der Herstellung warten müssen.
Als Diana von der Besprechung zurückkehrte, lief Doug bereits wie aufgekratzt in ihrem Büro auf und ab. Seiner finsteren Miene war anzusehen, daß er ihr keinen Höflichkeitsbesuch abstatten wollte. Vorsichtshalber schloß sie die Tür, und kaum hatte sie das getan, explodierte er auch schon.
»Von allen dämlichen und blödsinnigen Dingen, die du ... Ich kann einfach nicht fassen, daß du diesen Drecksack wirklich geheiratet hast! Du mußt komplett den Verstand verloren haben! Gott, am liebsten würde ich dich packen und durchschütteln!«
Diana hatte ursprünglich vorgehabt, mit ihm ruhig und sachlich zu argumentieren, weil sie wußte, daß er nicht die beste Meinung von ihrem Mann hatte. Doch seine wüste Beschimpfung verdroß sie so sehr, daß sie sich hinter ihren Schreibtisch
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