Der Rausch einer Nacht
uns zu der Hochzeit einzuladen?«
Cole berührte es sehr, daß Travis darüber nicht erfreut war. Er schüttelte den Kopf. »Die Hochzeit war ja auch nicht geplant und kam ganz plötzlich. Diana und ich haben uns am Samstagabend dazu entschlossen und sind gleich nach Las Vegas geflogen, damit sie sich die Sache nicht noch anders überlegen konnte. Aber jetzt zu dir, was hat dich denn in den Alkoholismus getrieben?«
Der Vetter trank zwei große Schlucke, ehe er antworten konnte: »Ich werde verfolgt.«
Wer sollte jemanden wie Travis verfolgen, fragte sich Harrison, konnte sich dann aber dennoch einer gewissen bohrenden Unruhe nicht erwehren. »Warum glaubst du das?«
»Ich glaube das nicht, ich weiß es. Als ich gestern das Haus verließ, ist mir ein Mann aufgefallen. Er saß ein Stück die Straße hinunter in einem schwarzen Chevrolet und ist mir bis hierher gefolgt. Als ich heute abend die Firma verlassen habe, sah ich den Wagen schon wieder. Er parkte vor dem Tor auf der anderen Straßenseite. Und ist mir wieder gefolgt. Bis vor meine Haustür. Ich habe mich rasch umgezogen und bin dann zu Fuß zurück. Querfeldein, damit er mir nicht folgen konnte. Er hat es trotzdem versucht.«
Cole sah ihn streng an. »Könnte es vielleicht sein, daß du dir ein Verhältnis zugelegt hast?«
»Dazu fehlt mir sowohl die Zeit wie auch der Drang. Davon abgesehen würde Elaine mich umbringen.«
Ja, vor allem im letzten Punkt hatte der Vetter recht. »Es wäre doch auch denkbar, daß Diebe bei dir einbrechen wollen und dich erst ausspionieren, um deine Gewohnheiten kennenzulernen.«
Travis leerte sein Glas. »Dann können sie sich aber auf ein paar Überraschungen gefaßt machen. Wir haben zu Hause zwei Wachhunde, eine supermoderne Alarmanlage, Außenkameras und elektrische Tore.«
»Aber was sollte es denn sonst für einen Grund geben, dir überallhin zu folgen?«
Der Mann ließ sich in einen Sessel fallen. »Könnte das vielleicht etwas mit den Ermittlungen der Börsenaufsicht zu tun haben?«
Die Unruhe, die Cole vorhin erstmals gespürt hatte, verdichtete sich zu Wut. »Wenn das der Fall sein sollte, dann vergeuden diese Leute nur ihre Zeit.«
Als Cole an diesem Abend nach Hause fuhr, schaute er mehrmals in den Rückspiegel. Kein Zweifel, ein dunkelblauer, ziemlich neuer Ford folgte ihm bis vor das Eingangstor und verschwand dann hinter einer Kurve.
Er war noch nicht durch die Tür, als sein Telefon läutete. Harrison hob ab und hörte ein kaum verständliches Flüstern, das er erst nach einem Moment als die Stimme seines Vetters identifizieren konnte. »Cole, es gibt Ärger. Hier geht irgend etwas vor.«
»Wovon redest du überhaupt? Wo steckst du, und warum sprichst du nicht lauter?«
»Ich befinde mich in meinem Büro, und ich habe das ungute Gefühl, mich nicht allein hier aufzuhalten.«
Frustriert warf Cole seinen Mantel ab. »Was soll das heißen, du hast ein ungutes Gefühl?« Travis' Büro lag im Forschungs- und Entwicklungsgebäude und befand sich auf der Etage, in der auch die Labors untergebracht waren. Von dort aus hatte er einen weiten Blick auf den ganzen Firmenkomplex.
Der Vetter atmete tief durch, und seine Stimme klang jetzt etwas normaler, wenn auch immer noch voller Panik. »Nachdem ich dich verlassen hatte, war ich viel zu aufgedreht, um wieder nach Hause zu gehen. So beschloß ich, mich in meinem Büro mit dem Papierkrieg zu befassen. Nun gut, ich schaltete die Deckenbeleuchtung ein, und während die Lampen eine nach der anderen angingen, kam es mir so vor, als würde ein Schatten um eine Ecke verschwinden. Ich bin nach draußen auf den Flur gelaufen, konnte aber niemanden mehr entdecken. Wahrscheinlich ist er zum anderen Ende raus und über die Südtreppe nach draußen gelaufen.«
Cole band sich die Krawatte los, die Diana ihm geschenkt hatte. »Bist du dir denn absolut sicher, dort jemanden gesehen zu haben?«
»Nein.«
Erleichtert nahm sich Harrison die Notizen vor, die seine Haushälterin ihm neben das Telefon gelegt hatte.
»Aber ich bin mir verdammt sicher, meine Diskettenschränke verschlossen zu haben - und einer davon steht jetzt offen!«
»Ich kümmere mich darum«, versprach Cole. Natürlich mußte man immer mit Firmenspionage rechnen, aber Unified verfügte über ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem mit einigen Zusatzsperren, die einem Dieb die Arbeit fast unmöglich machten.
»Befanden sich denn dort Dateien, für die sich einer unserer Konkurrenten interessieren
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