Der Rausch einer Nacht
»Nein, ich glaube, ich weiß mir schon zu helfen.«
Nachdem Cole aufgelegt hatte, mixte er sich einen Drink und begab sich damit ins Wohnzimmer, wo man durch die Bodenfenster einen ausgezeichneten Blick auf den riesigen, asymmetrischen Swimmingpool komplett mit Pavillon und einer Brücke hatte, die sich quer über das Becken spannte. Am hinteren Ende des Gartens befand sich ein Wasserfall. Zweitausend farbige Glasfaserstränge steckten hier in langen Plastikröhren. Das Wasser floß über die Felsen und durch die Röhren und erschuf so den Eindruck, ein Feuerwerk regne auf die Erde hernieder.
Cole legte die Füße auf die Couch und wählte Dianas Nummer. Sie hob schon beim zweiten Läuten ab, und ihre warme und muntere Stimme hüllte ihn sofort wunderbar ein. »Wie war dein Tag?« fragte er.
Diana weigerte sich, auch nur einen Gedanken an Dougs Besuch zu verschwenden. »Großartig. Und deiner?«
Cole verdrängte die lästigen heutigen Ärgernisse wie die Ermittlungen der Börsenaufsicht, die drohende Vorladung und den blauen Ford, der ihn verfolgte. »Einfach toll. Alle haben meine neue Krawatte bewundert.«
Kapitel 43
Der blaue Ford folgte Cole im Abstand von fünf Autos, als sein Chauffeur auf das Firmengelände von Unified einbog. Der fremde Wagen fuhr weiter geradeaus, doch Harrison konnte sein Nummernschild erkennen. Wer auch immer ihm folgte, er wollte offensichtlich nicht das Risiko eingehen, auch noch Unified-Terrain zu betreten.
»Seien Sie bitte um siebzehn Uhr wieder hier«, erklärte er seinem Fahrer. »Wenn ich bis siebzehn Uhr dreißig nicht herausgekommen sein sollte, können Sie nach Hause zurück.«
»Ja, Mr. Harrison.«
Murray wartete schon vor Coles Büro und unterhielt gerade Shirley und Gloria mit einer Geschichte aus seiner Zeit in der >Little League<, der Baseball-Liga für Junior-Mannschaften. Als Harrison erschien, folgte der Sicherheitschef ihm gleich in dessen Büro. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, bemerkte Murray: »Gloria Quigley glaubt insgeheim, Sie könnten über Wasser wandeln, und Shirley bestärkt sie in dem Glauben, um Ihr Image aufrechtzuerhalten.«
»Wirklich?« Das überraschte Cole nun doch etwas, weil er nie eine andere als eine Arbeitsbeziehung zu den beiden unterhalten hatte und seines Wissens auch sonst nie etwas unternommen hatte, um sie zu dieser Meinung zu bewegen. »Ich frage mich, wie sie darauf kommen.«
»Loyalität«, bemerkte Murray. »Mitarbeiter schenken demjenigen ihre uneingeschränkte Loyalität, den sie voll und ganz respektieren. Ein nicht seltenes Phänomen. Die beiden Frauen weisen übrigens die gleiche Persönlichkeitsstruktur auf.«
Statt weiter darauf einzugehen, notierte Cole rasch etwas auf einen Block und riß das Blatt dann ab. »Das ist das Kennzeichen des blauen Fords.«
»Überprüfe ich gleich.« Der Sicherheitschef faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Tasche seines schwarzgrauen Jacketts. »Wo wir gerade bei Persönlichkeitsstrukturen sind, Ihr Vetter macht auf mich einen sehr nervösen Eindruck. Wissen Sie vielleicht, was ihm so zu schaffen machen könnte?«
»Nun, da fallen mir mehrere Gründe ein«, antwortete Harrison mit einem grimmigen Lächeln. »Die New Yorker Börse ermittelt auf Ersuchen der Bundes-Behördenaufsicht gegen uns. Travis wird ebenso wie ich verfolgt. Und letzte Nacht hat sich jemand an seinen Dateienschränken zu schaffen gemacht.«
»Verstehe. Übrigens ist den Wächtern im Gebäude der Forschung und Entwicklung letzte Nacht nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Nach achtzehn Uhr hat niemand mehr den Komplex betreten, und bei denen, die herauskamen, handelte es sich ausnahmslos um Angestellte, die ihnen vom Sehen her bekannt waren. Um neunzehn Uhr schalten wir in den Treppenhäusern regelmäßig die Alarmanlagen ein. Das heißt, nur jemand mit einem Sicherheitsausweis kann dort durch, ohne einen Alarm auszulösen. Davon abgesehen kann dank dieser Maßnahme niemand von außen in ein Treppenhaus gelangen.«
»Wie ist unser Eindringling denn hereingekommen?«
»Er könnte nach der Mittagspause mit den anderen Angestellten hereingeschlüpft sein und hat sich dann bis Feierabend irgendwo im Gebäude versteckt, weil er ja keinen Besucherausweis besaß. Allerdings halte ich diese Möglichkeit für ausgesprochen unwahrscheinlich. Andererseits kann der Betreffende nur mit einem Sicherheitsausweis in Travis' Abteilung gelangt sein. Und das kann nur eines heißen.«
»Einer unserer
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