Der Rausch einer Nacht
hielt damit dennoch nicht hinter dem Berg: »Du verspürst keinen Wunsch nach eigenen Kindern, und selbst ich, der dich besser kennt als jeder andere, hätte Mühe, dich als >zärtlich und verständnisvoll' zu beschreiben.« Als er erkennen mußte, daß sein Versuch, die Stimmung etwas aufzulockern, vollkommen fehlgeschlagen war, ließ er müde die Schultern hängen und sagte leise: »Das Essen steht auf dem Tisch.«
Cole starrte ihm hinterher und hatte das Gefühl, sich außerhalb der Realität zu befinden. Er kam sich betrogen vor und war so voller Verbitterung, daß er die gebeugten Schultern und den schmal gewordenen Körper seines Onkels betrachten konnte, ohne daß ihn die geringste Besorgnis überkam, die sich normalerweise in ihm gerührt hätte.
Cal wirkte einen Moment später nicht mehr ganz so gebrechlich, als sein Neffe mit einem Block und seinem goldenen Füllfederhalter, die er seiner Aktentasche entnommen hatte, in die Küche stampfte und beides vor seinen Onkel auf den Tisch knallte.
»Schreib alles nieder«, forderte er ihn mit Eiseskälte auf. Letty stand am Herd, starrte die beiden abwechselnd an und schien die Kelle mit Chili ganz vergessen zu haben, die sie in der Hand hielt.
Der alte Mann konnte gar nicht anders, als den Stift entgegenzunehmen, hielt dann aber stirnrunzelnd inne: »Was soll ich denn schreiben?«
»Alle Bedingungen deines >Vertrags<. Und füg auch alle > Spezifika < hinzu, die meine Zukünftige besitzen muß. Ich möchte nämlich keine unangenehme Überraschung erleben, wenn ich dir nicht die Richtige vorführe. Du sollst nicht in letzter Sekunde abspringen, bloß weil dir an ihr irgendein Pferdefuß aufgefallen ist. Was nicht hier niedergeschrieben steht, gilt später auch nicht.«
Cal setzte eine verletzte Miene auf. »Ich will dir doch keine bestimmte Frau aufzwingen, Junge. Such du dir eine aus, die zu dir paßt, damit bin ich vollkommen zufrieden.«
»Das ist aber verdammt großzügig von dir.«
»Ich möchte nur, daß du glücklich wirst.«
»Und hast du während der letzten Stunde an irgendeiner Stelle den Eindruck gewonnen, dein Starrsinn würde mich in irgendeiner Weise glücklich machen?«
»Im Moment bist du das nicht, aber nur, weil du eine Stinkwut im Bauch hast.«
»Ich bin nicht wütend«, entgegnete Cole mit deutlichem Zweifel, »ich fühle mich nur von dieser Geschichte abgestoßen.«
Cal zuckte unter diesem Vorwurf zusammen, ließ sich aber nicht von dem einmal eingeschlagenen Kurs abbringen. Er versuchte, Block und Stift zu seinem Neffen zurückzuschieben, doch der schlug mit der flachen Hand darauf. »Ich will es schriftlich haben.«
In dem verzweifelten Versuch, die beiden Streithähne abzulenken, ehe sie sich wieder in den Haaren lagen, eilte Letty mit einem Teller dampfender Chilis in jeder Hand zum Tisch und stellte sie vor die Männer ab. »Eßt, ehe es kalt wird.«
»So, du willst das also schriftlich haben?« fragte der Onkel ebenso verblüfft wie erzürnt.
»Das kannst du doch auch später noch erledigen«, warf die Haushälterin ein, »iß jetzt lieber.«
»Ich möchte, daß du dort folgendes niederschreibst: >Wenn Cole innerhalb von sechs Monaten eine Braut vorweisen kann, überläßt Cal ihm seine Firmenanteile<.«
»Seit wann ist dir denn mein Wort nicht mehr gut genug?«
»Seit du dich solcher Mittel wie Erpressung bedienst.«
»Jetzt hör aber mal!« empörte sich der Onkel, doch er wirkte ein wenig schuldbewußt. »Ich habe doch wohl noch das Recht zu entscheiden, wem ich meine fünfzig Prozent überlassen werde. Und es steht mir auch zu, mit allen Mitteln sicherzustellen, daß eines Tages dein Sohn von meinem Geld profitieren kann!«
»Ein Sohn?« entgegnete der Neffe gefährlich leise. »Gehört das etwa auch zu der Abmachung? Wie viele Bedingungen willst du denn noch stellen? Weißt du was, ich suche mir am besten gleich eine Frau, die schon mit einem Sohn gesegnet ist, dann mußt du nicht länger warten und dich sorgen.«
Cal warf ihm einen bitterbösen Blick zu und schrieb dann rasch alles auf, was Cole von ihm verlangte. Endlich schob er ihm mit einem indignierten Grunzen den Text zu. »Bitte sehr, da hast du es schriftlich. Keine Klauseln und kein >Pferdefuß<.«
Der junge Mann hätte sich am liebsten gleich von seinem Onkel verabschiedet und wütend das Haus verlassen. Doch zwei Dinge hinderten ihn daran. Zum einen wußte er nicht, wo sein Pilot sich gerade aufhielt, und zum anderen konnte er noch immer nicht
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