Der Rausch einer Nacht
nicht richtig begonnen hatte.
»Du siehst großartig aus«, lobte Spence sie galant und gab ihr einen brüderlichen Kuß. »Das Abendkleid übrigens auch.«
»Wie schön, daß deine Besprechungen in New York einen Tag früher beendet waren und du uns heute abend begleiten konntest.«
Eigentlich war Spence nicht aufgrund eines solchen glücklichen Umstands rechtzeitig nach Houston zurückgekehrt. Dianas Tragik hatte ihn dazu bewegt, die letzten Termine abzusagen. Corey war klug genug, ihrer Schwester nichts davon mitzuteilen.
Doug wandte sich von seiner Freundin ab und betrachtete Diana mit aufrichtiger Bewunderung. »Du siehst fantastisch aus.« Auch er gab ihr einen leichten Kuß auf die Wange, nahm dann ihre Hände, trat einen Schritt zurück und legte die Stirn in Falten. »Deine Finger sind ja eiskalt. Bist du dir sicher, daß du die ganze Meute und auch noch die Presse heute abend ertragen kannst?«
Seine Sorge rührte sie zutiefst, und sie setzte rasch das fröhlichste Lächeln auf, zu dem sie fähig war. »Damit werde ich schon klarkommen«, versicherte Diana ihrem alten Freund aus Teenagertagen. »Ich bin schließlich nicht die einzige, der so etwas jemals widerfahren ist. Das passiert sogar einer ganzen Menge Menschen. Verlobungen werden eben gelegentlich gelöst, und dann heiratet der Betreffende eine andere. Viel seltener kommt so etwas allerdings in der umgekehrten Reihenfolge vor«, fügte sie in einem Anflug von Galgenhumor hinzu.
Doch Hayward lachte nicht darüber, sondern zuckte zusammen, und sie drückte rasch seine Hände, um ihm für sein Kommen zu danken. Doug hatte eigentlich nicht vorgehabt, den Ball zu besuchen. Als frischgebackener Senator von Texas hätte er für eine solche Veranstaltung keine Zeit gefunden. Doch als er erfahren hatte, daß Diana mutig genug war, sich so unmittelbar nach der erzwungenen Trennung der Öffentlichkeit zu stellen, hatte er sich kurzerhand entschlossen, doch ins Balmoral zu kommen und am Tisch der Fosters zu sitzen.
Diana wußte, daß er ihr damit moralischen Beistand leisten wollte. Darüber hinaus würde er seinen beträchtlichen Einfluß in der oberen Gesellschaft Houstons einsetzen, um Verständnis für die Verlassene hervorzurufen. »Vielen Dank, daß du meinetwegen soviel auf dich genommen hast. Anscheinend hat sich nichts geändert. Schon früher hast du Corey und mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden und uns aus der einen oder anderen verfahrenen Situation geboxt.«
»Ich fürchte, so mancher gutgemeinte Rat von mir hat erst dazu geführt, daß Corey in einen Schlamassel geraten ist«, scherzte er gutgelaunt. »Du hingegen hast mich nur selten um Beistand gebeten, und wenn ich mich recht erinnere, bist du auch nie dank meiner >Vorarbeit' in eine bedrohliche Lage geraten.«
Da hatte er allerdings recht, doch wollte Diana nicht den Eindruck aufkommen lassen, seine Freundschaft sei ihr nicht wichtig gewesen. »Du bist sehr verständnisvoll und lieb«, erklärte sie ihm mit ihrem schönsten Lächeln.
Er ließ in gespieltem Entsetzen ihre Hände los. »Willst du etwa mein sorgfältig aufgebautes Image vom harten Jungen ruinieren? Meine politischen Gegner werden mich als Weichling hinstellen, wenn sie erst herausgefunden haben, wie verständnisvoll und lieb ich bin!«
Corey hörte diesem Geplänkel amüsiert zu, doch nur mit einem Ohr. Besorgt betrachtete sie die Züge ihrer Schwester. Wenn man direkt vor Diana stand, konnte man feststellen, wie blaß sie unter dem sorgfältig aufgetragenen Make-up war, und aus ihren Augen war der gewohnte Glanz gewichen. Sie wirkte wie ein verwundetes Tier.
Spence schien das ebenfalls aufgefallen zu sein, denn er eilte zu einer der Bars und kehrte eine Minute später mit zwei Gläsern wieder. »Trink das«, forderte er seine Schwägerin auf. »Das bringt etwas Farbe in dein Gesicht und gibt dir neuen Mut.«
Diana trank einen kleinen Schluck und schüttelte dann den Kopf, um sich dem Problem zu stellen, dem sie bisher ausgewichen war. Sie konnte nicht wissen, was in etwa einer Stunde geschehen würde, wenn sie zusammen mit ihrer Familie, Doug und seiner Freundin Amy den Ballsaal betrat.
Einige der Gäste waren ihre Freunde, und wenn sie Diana im Lauf des Abends nach Dan fragen würden, dann aus ehrlichem Bedauern und Mitgefühl. Doch bei der Mehrzahl der Anwesenden würde das nicht so sein. Die junge Frau würde mit Hundertschaften von Bekannten oder einfach Neugierigen konfrontiert werden, die sie nicht
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