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Der Rausch einer Nacht

Titel: Der Rausch einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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aus den Augen lassen und mit scheinbar harmlosen Fragen versuchen würden, etwas zu erfahren, über das sie morgen bei Freunden klatschen konnten. Und sicher gab es nicht wenige, die an ihrem Pech ihre helle Freude haben würden.
    Diana hatte sich in ihrem Leben immer große Mühe gegeben, sich andere nicht zum Feind zu machen. Doch wußte sie natürlich, daß viele der Familie Foster ihren Erfolg neideten. Und dann waren da natürlich auch noch diejenigen, die sich von Natur aus am Mißgeschick anderer erfreuten.
    »Die Medien werden dir heute abend bestimmt keine Ruhe lassen«, meinte Corey grimmig.
    »Das ist mir klar.«
    »Bleib immer bei Spence und mir. Wir schirmen dich ab, so gut wir können.«
    Diana lächelte schief. »Hat dein Mann vielleicht ein Schießeisen dabei?«
    »Nein, leider nicht«, grinste Corey. »Das beult seinen Frack nämlich so aus.«
    Es gelang ihrer Schwester, darüber zu lächeln, aber ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Mezzanin, und sie betrachtete die dort versammelte Menge wie jemand, der vor ein Erschießungskommando geführt worden ist. »Ich wünschte nur, ich hätte nicht zugestimmt, bei der Auktion die Halskette vorzuführen. Gleich muß ich da hinauf, um sie mir anlegen zu lassen.«
    »Gott, das hatte ich ja ganz vergessen!« stöhnte Corey. »Mir ist natürlich eben aufgefallen, daß du heute abend keinen Schmuck trägst, aber du hast bei deinem Erscheinen so gut ausgesehen, daß ich gar nicht mehr daran gedacht habe, was dich heute noch erwartet.«
    Seit über hundert Jahren galt der White Orchid Ball und die mit ihm verbundene Wohltätigkeitsversteigerung als das gesellschaftliche Ereignis für die Houstoner Oberschicht. Die Veranstaltung hatte im Lauf der Jahrzehnte etliche Traditionen entwickelt, die meist noch aus der Zeit stammten, als hauptsächlich Öl oder Rinderbarone und neureiche Industrielle in Kutschen vorgefahren waren und mit ihren Ladys bei Kerzenschein getanzt hatten.
    Heutzutage war der Ball längst nicht mehr auf die reichsten texanischen Familien beschränkt, aber die Traditionen hatten sich unverändert erhalten, und immer noch galt der White Orchid als eine der weithin erfolgreichsten Wohltätigkeitsveranstaltungen.
    Man hatte Diana gebeten, eines der Stücke vorzuführen, das unter den Hammer kommen sollte. Damals hatte sie natürlich noch nichts von Dans Verrat geahnt, und jetzt konnte sie von diesem Ehrendienst nicht mehr zurücktreten, ohne neue Gerüchte in die Welt zu setzen. Allen in dieser kleinen Runde war das nur zu bewußt.
    »Trink aus«, forderte Spence sie auf. »Komm schon, nur noch zwei Schlucke.«
    Diana gehorchte, weil sie ihre Kraftreserven nicht jetzt schon mit Widerspruch vertun wollte. Sie benötigte alle Energie für das, was ihr an diesem Abend noch bevorstand.
    Der Großvater wußte, wie sehr die Enkelin es sich stets zu Herzen nahm, wenn er sich unwohl fühlte, und so verfiel er auf die Idee, sie durch seine eigenen Nöte von den ihren abzulenken. Er tippte mit dem Finger auf sein gestärktes Hemd und jammerte: »Ich hasse es, in einem solchen Affenaufzug herumlaufen zu müssen, Diana. Jedesmal, wenn ich so ein Ding anzuziehen habe, komme ich mir vor wie ein Trottel.«
    Die Großmutter sah ihn streng an. »Hör auf, dich zu beschweren. Der Frack steht dir großartig.«
    »Nein, darin sehe ich aus wie ein blöder Pinguin.«
    »Alle Männer hier tragen Frack.«
    »Sie sehen ja auch alle aus wie Pinguine«, gab er brummig zurück. Da seine Frau ihm bei der Durchführung seines Ablenkungsmanövers zu sehr im Weg stand, mußte er es mit einem neuen Thema versuchen und sah Diana hoffnungsvoll an: »Ich glaube, wir sollten im Magazin mal wieder einen großen Artikel über organisches Düngen bringen. Das Thema war immer schon populär. Was hältst du davon?«
    Seine Enkelin schien aber nur Gedanken für das zu haben, was ihr bald drohte. »Das wäre toll, Großvater«, antwortete sie, obwohl sie in diesem Jahr schon zweimal etwas darüber gebracht hatten. »Das machen wir«, fügte sie mechanisch hinzu. Die anderen Familienmitglieder sahen sie sofort fragend an.
    »Ich glaube, ich melde mich jetzt besser beim Auktionator«, erklärte Diana zögernd. »Was für ein Glück, daß ich heute nicht in der Stimmung bin, viel Geld auszugeben.« Nicht einmal sie selbst konnte über diesen flauen Scherz lächeln. »Zuerst vergesse ich meine Handtasche und muß noch einmal zurück.« Sie zeigte allen ihre kleine, ovale Judith-Leiber-Abendtasche.

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