Der Rebell
du wegkommst, mein Junge. Hier bist du ein
Feind.«
Ian schwieg und hielt Jennifer fest, die sich verzweifelt an ihn klammerte.
»Unsinn!« protestierte Teela. »Er ist kein Feind, sondern mein Neffe.«
»Mutter, Ian kämpft gegen den Süden«, erklärte Jerome in ruhigem Ton. »Und er weiß selber, daß er verschwinden muß. Großer Gott, überall in diesen Gewässern treiben sich Rebellen herum! Ian, du Narr, bring dich nicht in Gefahr!«
»Für eine Nacht ist er in diesem Haus sicher.« Die Augen voller Tränen, wandte sich Teela zu ihrem Mann. »Er ist doch sicher?«
Hilflos zuckte James die Schultern und beobachtete seine Tochter, die an Ians Brust schluchzte. »Morgen früh mußt du die Insel verlassen, Ian. Verdammt will ich sein, wenn ich mit ansehen muß, wie der älteste Sohn meines Bruders auf seinem eigenen Grund und Boden erschossen wird. Und verdammt will ich sein, wenn ich die Union unterstütze. Verstehst du mich?«
»Ja.« Einen Arm um Jennifers Schultern gelegt, folgte Ian seinen Verwandten zum Haus.
Nachdem Teela dem unerwarteten Besucher eine schmackhafte Muschelsuppe serviert hatte, erzählte sie ihm von seiner Familie. Zur Zeit lebten Tia und Julian bei den Eltern. Aber man munkelte, Cimarron könnte vielleicht konfisziert werden.
»Was?« stieß Ian hervor.
»Das wird nicht passieren«, meinte James besänftigend. »In diesem Staat gibt es immer noch Gesetze.«
»Nur ein albernes Gerücht, Ian«, murmelte Jerome.
»Wer hat es verbreitet?«
»Peter O'Neill«, antwortete Teela. »Offensichtlich grollt er dir immer noch, weil du Alaina geheiratet hast.«
»Warum? Inzwischen hat er doch mit Elsie Fitch Hochzeit gefeiert, oder?«
»Ja, gewiß. Aber er ist ein arroganter Schwachkopf. Neulich hat er sich mit dem Geld seines Vaters ein Offizierspatent gekauft, und jetzt ist er der Captain einer Kavallerieeinheit.«
»Also will er Cimarron zerstören, um sich an mir zu rächen!« Wütend schlug Ian mit der Faust auf den Tisch.
»Niemand wird Cimarron überfallen, solange Julian McKenzie den Streitkräften des Südens angehört«, versicherte James. »Nicht nur als Offizier, sondern auch als Arzt genießt dein Bruder hohes Ansehen. Bei einer Masernepidemie haben alle seine Patienten überlebt. Und unter seinen Händen ist noch kein einziger Verwundeter gestorben.« Aber Ian runzelte immer noch die Stirn, und sein Onkel schüttelte ärgerlich den Kopf. »Hättest du Peter O'Neill bloß nicht erwähnt, Teela!«
»Tut mir leid ...«
»Hoffentlich muß ich den Bastard nicht zu einem Privatduell fordern«, knurrte Ian.
»Peter O'Neill ist deinen Zorn gar nicht wert«, meinte Jerome. »Mach dir keine Sorgen um Cimarron, dein Vater ist stark genug, um seinen Besitz zu verteidigen.«
»Du kannst ihm ohnehin nicht helfen, Ian, da du für die Union kämpfst«, betonte James und stand vom Tisch auf. »Ich werde für dich beten.« Dann verließ er die Küche. Bevor Teela ihrem Mann folgte, küßte sie Ians Stirn.
James ergriff eine Brandyflasche. »Gehen wir auf die Veranda. Ich habe ein paar gute kubanische Zigarren.«
Während sie in der Nachtluft saßen und abwechselnd aus der Flasche tranken, begann Ian zögernd zu sprechen. »Deine Familie wußte, daß ich bei der US-Army bleiben würde — sogar im Ernstfall. Und doch, heute abend ...«
»Zwischen dem Norden und dem Süden ist Blut geflossen, das ändert alles. Übrigens, ich habe ein Kommando in der Navy der Konföderierten übernommen. Ich werde die Mercy kommandieren.«
»Den Schoner, der nach deinen Entwürfen in Richmond gebaut wurde?«
»Genau.« Jerome blies eine Rauchwolke ins Dunkel. »Hoffentlich werden wir uns niemals in einer Schlacht gegenüberstehen.«
»Das möge der Himmel verhüten.« Ian nahm einen großen Schluck aus der Brandyflasche und reichte sie seinem Vetter.
Bis nach Mitternacht saßen sie auf der Veranda. Dann
schlief Ian in Alainas Bett, sehnte sich nach ihr und betete für sie. Für seine Familie. Für sich selbst.
Im ersten Tageslicht umarmte er seine Verwandten und verließ die Insel. Während der nächsten Tage errichtete er gemeinsam mit seinen acht Männern das Camp. Jeder einzelne erfüllte seine Erwartungen, vor allem Sam Jones, der jahrelang auf Key West gedient hatte und die Geschichte Floridas ebenso gut kannte wie das Terrain. Um Schlangen und Raubtiere fernzuhalten, bauten sie die Hütten auf Pfählen, so wie es Ian von den Indianern gelernt hatte. Als Baumaterial verwendeten sie
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