Der Regenmacher
verlagert sein Gewicht ein wenig, bereitet sich auf die Pointe vor. »Ich habe Great Benefit mitgeteilt, daß bei einem ausgewachsenen Prozeß ein Verteidigungshonorar von fünfzig-bis fünfundsiebzigtausend Dollar zusammenkommen würde.«
Er wartet, daß ich mich von dieser Zahl beeindruckt zeige, aber ich betrachte nur eingehend seine Krawatte. In der Ferne rauscht die Toilettenspülung.
»Und deshalb hat Great Benefit mich ermächtigt, Ihnen und Ihren Mandanten einen Vergleich über fünfundsiebzigtausend Dollar anzubieten.«
Ich stoße einmal heftig die Luft aus. In meinem Kopf herrscht plötzlich ein wildes Durcheinander von Gedanken, aber einer drängt sich immer wieder in den Vordergrund: fünfundzwanzigtausend Dollar. Mein Honorar! Ich kann es regelrecht sehen.
Einen Moment mal. Wenn sein Busenfreund Hale sowieso im Begriff ist, den Fall abzuweisen, weshalb bietet er mir dann dieses Geld an?
Und dann wird es mir klar – die ziehen hier das Spielchen guter Bulle/böser Bulle mit mir durch. Harvey fährt das schwere Geschütz auf und jagt mir eine Heidenangst ein, und dann kommt Leo mit den Samthandschuhen. Ich frage mich, wie oft sie ihre kleine Überraschungsnummer in diesem Büro hier wohl schon durchgezogen haben.
»Damit wir uns richtig verstehen, das ist kein Eingeständnis einer Zahlungsverpflichtung«, sagt er; »Es ist ein einmaliges Angebot, das nur für die nächsten achtundvierzig Stunden gilt, und Sie können es annehmen oder ablehnen, solange es auf dem Tisch liegt. Wenn Sie nein sagen, dann beginnt der Dritte Weltkrieg.«
»Aber weshalb?«
»Aus rein ökonomischen Gründen. Great Benefit spart ein bißchen Geld und geht außerdem gar nicht erst das Risiko ein, daß vielleicht doch irgend jemand ein völlig schwachsinniges Urteil spricht. Die mögen es nicht, wenn man sie verklagt, verstehen Sie? Ihre Manager wollen ihre Zeit nicht mit eidesstattlichen Erklärungen und Auftritten vor Gericht vergeuden. Die wollen kein Aufsehen und diese Art von Publicity schon gar nicht. Im Versicherungsgeschäft geht es hart auf hart, und die Konkurrenz soll möglichst keinen Wind von dieser Sache bekommen. Es gibt also eine Menge guter Gründe für einen Vergleich in aller Stille. Und eine Menge guter Gründe für Ihre Mandanten, das Geld zu nehmen und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Das meiste davon ist steuerfrei, wie Sie vermutlich wissen.«
Er ist aalglatt. Wenn ich mich jetzt darüber ausließe, was ich für einen todsicheren Fall an der Angel habe und wie niederträchtig sein Mandant ist, würde er nur zu allem lächeln und verständnisvoll nicken. Es würde von ihm abgleiten wie Wasser vom Rücken einer Ente. Im Augenblick will Leo Drummond, daß ich sein Geld nehme, und wenn ich jetzt anfinge, seine Frau zu beschimpfen, würde ihn auch das kalt lassen.
Die Tür geht auf, und Seine Ehren kommt aus seiner kleinen Privattoilette. Jetzt hat Leo plötzlich eine volle Blase und entschuldigt sich. Der Köder ist ausgelegt. Jetzt kommt die nächste Runde.
»Zu hoher Blutdruck«, sagt Hale fast zu sich selbst, während er sich hinter seinem Schreibtisch niederläßt und die Röhrchen einsammelt. Nicht hoch genug, hätte ich am liebsten gesagt.
»Keine große Chance auf einen Prozeß, mein Junge, tut mir leid. Vielleicht kann ich Leo dazu bringen, daß er Ihnen einen Vergleich anbietet. So etwas gehört zu meinem Job. Andere Richter gehen die Sache anders an, aber ich nicht. Mir ist es am liebsten, wenn es gleich am ersten Tag zu einem Vergleich kommt. Hält die Dinge in Bewegung. Diese Versicherungsfritzen sind eventuell sogar bereit, Ihnen ein nettes Sümmchen rüberzuschieben, nur damit sie Leo nicht tausend Dollar pro Minute zahlen müssen.« Er lacht, als wäre das wirklich komisch. Sein Gesicht läuft blutrot an, und er hustet.
Ich kann förmlich sehen, wie Leo mit dem Ohr an der Tür in der Toilette steht und lauscht. Es würde mich nicht einmal überraschen, wenn sie da drinnen ein Mikrofon hätten.
Ich sehe zu, wie er hustet, bis ihm das Wasser aus den Augen läuft. Als er fertig ist, sage ich: »Er hat mir gerade die Kosten der Verteidigung angeboten.«
Hale ist ein miserabler Schauspieler. Er versucht, überrascht zu wirken. »Wieviel?«
»Fünfundsiebzigtausend.«
Seine Kinnlade fällt herunter. »Donnerwetter! Hören Sie, mein Junge, Sie wären verrückt, wenn Sie die nicht annehmen würden.«
»Meinen Sie?« frage ich. Ich bin ja so arglos.
»Fünfundsiebzig. Donnerwetter,
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