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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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einen Blick zu schenken. Dot scheint alles gleichgültig zu sein.
    Das ist seltsam beruhigend. Wenn Richter Hale tut, was er meiner Meinung nach tun wird, und wenn wir auch bei einem anderen Gericht nicht mit der Klage durchkommen, dann ist die Sache erledigt. Vielleicht hat die ganze Familie aufgegeben. Vielleicht werden sie mich nicht einmal anschreien, wenn wir abgeschmettert werden.
    Auf dem Weg hierher habe ich beschlossen, Richter Hale und seine Drohungen nicht zu erwähnen. Das hätte unsere Unterhaltung nur schwieriger gemacht. Wir werden später noch massenhaft Zeit haben, darüber zu sprechen, wenn sonst nichts mehr zu bereden bleibt.
    »Die Versicherung hat einen Vergleich angeboten.«
    »Sie hat was angeboten?«
    »Geld.«
    »Wieviel?«
    »Fünfundsiebzigtausend Dollar. Sie haben sich ausgerechnet, daß sie ihren Anwälten bei einem Prozeß ungefähr genau-soviel zahlen müßten, also bieten sie das Geld jetzt uns als Abfindung an.«
    Ich kann zusehen, wie sie rot anläuft und die Kiefer aufeinanderpreßt. »Diese Mistkerle glauben, sie könnten sich freikaufen, stimmt’s?«
    »Ja, das glauben sie.«
    »Donny Ray braucht kein Geld. Letztes Jahr hätte er eine Knochenmarkstransplantation gebraucht. Jetzt ist es zu spät.«
    »Richtig.«
    Sie nimmt ihre Zigarettenschachtel vom Tisch und zündet sich eine an. Ihre Augen sind rot und glänzen feucht. Ich habe mich geirrt. Diese Mutter hat nicht aufgegeben. Sie will Blut sehen. »Was sollen wir mit fünfundsiebzigtausend Dollar anfangen? Donny Ray wird bald tot sein, und dann sind nur noch ich und er da.« Sie nickt mit dem Kopf in Richtung auf den Fairlane.
    »Diese Schweine«, sagt sie.
    »Ganz meine Meinung.«
    »Sie haben vermutlich gesagt, daß wir es nehmen werden, oder?«
    »Natürlich nicht. Ohne Ihre Zustimmung kann ich keinen Vergleich abschließen. Wir haben bis morgen Zeit, uns zu entscheiden.« Damit wären wir wieder bei der drohenden Klageabweisung. Wir hätten das Recht, gegen einen ablehnenden Beschluß durch Richter Hale Berufung einzulegen. Das würde ungefähr ein Jahr dauern, aber wir härten eine reelle Chance. Aber auch darüber möchte ich im Moment nicht reden.
    Wir sitzen eine lange Zeit schweigend beisammen, beide vollauf damit zufrieden, einfach nur dazusitzen und zu warten. Ich versuche, meine Gedanken zu ordnen. Gott allein weiß, was ihr im Kopf herumgeht. Arme Frau.
    Sie drückt ihre Zigarette im Aschenbecher aus und sagt: »Wir sollten mit Donny Ray reden.«
    Ich folge ihr durch das düstere Wohnzimmer und einen kurzen Korridor entlang. Donny Rays Tür ist geschlossen, und an ihr hängt ein Zettel mit der Aufschrift RAUCHEN VERBOTEN. Sie klopft leise an, und wir gehen hinein. Das Zimmer ist hübsch und ordentlich und riecht irgendwie antiseptisch. In einer Ecke surrt ein Ventilator. Das mit einem Fliegengitter versehene Fenster steht offen. Auf einem Gestell am Fußende des Bettes steht ein Fernseher und neben dem Kopfkissen ein Tisch mit einer ganzen Batterie von Medikamenten.
    Donny Ray liegt steif wie ein Brett da, ein Laken fest um seinen zerbrechlichen Körper gewickelt. Er lächelt, als er mich sieht, und klopft mit der Hand auf eine Stelle neben sich. Dort lasse ich mich nieder. Dot setzt sich auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Bettes.
    Er bemüht sich, weiter zu lächeln und mich davon zu überzeugen, daß es ihm gutgeht. Heute ist alles besser. Nur ein bißchen müde, das ist alles. Seine Stimme ist leise und angestrengt, seine Worte sind manchmal kaum verständlich. Er hört aufmerksam zu, als ich über die gestrige Anhörung berichte und das Vergleichsangebot erkläre. Dot hält seine rechte Hand.
    »Werden sie noch höher gehen?« fragt er. Das ist eine Frage, über die Deck und ich gestern beim Lunch debattiert haben. Great Benefit hat einen bemerkenswerten Sprung getan von null auf fünfundsiebzigtausend. Wir vermuten beide, daß sie bis auf hunderttausend heraufgehen würden, aber ich werde mich hüten, vor meinen Mandanten genauso optimistisch zu sein.
    »Ich bezweifle es«, sage ich. »Wir könnten es versuchen. Mehr als nein sagen können sie nicht.«
    »Wieviel würden Sie bekommen?« fragt er. Ich erkläre ihm unseren Vertrag, daß mein Anteil ein Drittel beträgt.
    Er sieht seine Mutter an und sagt: »Das wären fünfzigtausend für dich und Dad.«
    »Was sollen wir mit fünfzigtausend Dollar?« fragt sie ihn.
    »Das Haus abzahlen. Einen neuen Wagen kaufen. Etwas fürs Alter beiseite legen.«
    »Ich

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