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Der Regler

Der Regler

Titel: Der Regler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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Schlimmes. Nur ein paar Untersuchungen. Und Sie? Was tun Sie hier?«, fragte August Maler.
    »Ich habe meinen Vater besucht. Leider schlimm, sehr schlimm. Um es direkt zu sagen: Mein Vater liegt im Sterben.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Nehmen Sie doch bitte Platz«, sagte sie.
    Maler setzte sich, und beide schwiegen. Keine einfache Situation für netten Smalltalk. Eine junge Frau im Trauerschmerz und ein Kommissar im blauen Bademantel. Die erste Frage konnte die Stimmung nicht auflockern.
    »Sagen Sie«, fragte Maler, »ich will nicht neugierig sein, aber warum wird eine junge, attraktive Frau wie Sie Finanzbeamtin?«
    »Was ist denn das für eine Frage?«
    »Interessiert mich wirklich«, sagte Maler.
    »Warum sind Sie Polizist geworden?«, fragte Fiona Neustadt.
    »Okay, ich verstehe. Blöde Frage. Dann frage ich was anderes: Wie geht’s Herrn Tretjak?«
    »Er muss damit leben, dass sein Vater ein mehrfacher Mörder ist. Aber sonst geht es ihm gut, Herr Kommissar. Denke ich.«
    »Ist ja schön, dass Sie beide jetzt ein Paar sind«, lautete der letzte Versuch des Kommissars.
    Fiona Neustadt nahm einen kräftigen Schluck vom Weinbrand. Und stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Herr Kommissar, ich muss weiter. Auf Wiedersehen.«
    Sie sah nicht mehr, wie August Maler zurück in sein Zimmer ging, zurück zu den Tabletten, die ihm der Professor hatte bringen lassen. Aber als sie das Klinikum verlassen hatte, draußen auf dem Parkplatz in der Sonne, fragte sie sich, ob sie einen Fehler gemacht hatte.

4
    Die Tabletten des Professors hatten gewirkt, und zwar derart gut, dass Kommissar Maler einige Zeit brauchte, um zu realisieren, wer da vor seinem Bett stand, als er morgens aufwachte. Es war schon nach acht Uhr, sein Frühstück auf dem Nachtkästchen wartete schon satte zwei Stunden auf ihn. Er hatte nicht einmal mitbekommen, dass es ihm gebracht worden war.
    Rainer Gritz stand an seinem Bett, der junge Weggefährte, der ihm so vertraut geworden war. Alles lief bei Maler wie in Zeitlupe ab, nur sehr gemächlich kamen seine Körperfunktionen auf Touren. Auch die Worte von Gritz erreichten lähmend langsam sein Hirn. Es gab einen neuen Fall, einen neuen Mord. Ein Münchner Bankbeamter lag tot in seiner Wohnung, vergiftet. Ein sehr seltenes Gift, irgendetwas Exotisches, verstand Maler.
    »Aber Chef«, sagte Gritz, »das ist noch nicht alles.«
    Und was er weiter sagte, ließ Maler nun doch ziemlich rasch wach werden. Es gab eine Verbindung zur Mordserie? Charlotte Poland?
    »Du weißt schon, die Schriftstellerin mit dem gestörten Sohn, die mit dem alten Tretjak befreundet war. Sie war auch bei der Beerdigung, ich hab sie gesehen.«
    Charlotte Poland, erklärte Gritz, hatte den ermordeten Bankbeamten getroffen, offiziell zu einem ganz normalen Beratungsgespräch. Aber dessen Kollegen hatten ausgesagt, er sei nach dem Termin völlig außer sich gewesen.
    »Ich habe die Bänder der Überwachungskamera der Bank durchgesehen«, sagte Gritz. »Man konnte sehen, wie nervös der Mann im Foyer auf und ab ging, nachdem sie gegangen war. Der Typ war fertig. Und wissen Sie, wann das Treffen stattgefunden hat? Zwei Stunden vor dem Essen mit Gabriel Tretjak in der
Osteria
, bei dem wir ihn dann festgenommen haben.«
    »Hast du Charlotte Poland schon erreicht?«
    »Ja. Sie sagt, es sei ein völlig alltägliches Gespräch gewesen. Sie habe sich beraten lassen, was sie mit ihrem Geld machen sollte. An irgendwelche Einzelheiten erinnere sie sich nicht.«
    Als Rainer Gritz das Krankenzimmer wieder verließ, sagte er noch: »Chef, du gefällst mir nicht.«
    Maler hatte sich inzwischen in seinem Bett aufgerichtet. Er dachte, da hat er recht, der Gritz, ich gefalle mir auch nicht. Und dann plötzlich hatte der Kommissar noch einen Gedanken. Mein Gott. Maler wuchtete sich aus dem Bett, ging zum Schrank und holte sein Handy aus seinem Jackett. Er drückte ein wenig darauf herum, dann wählte er die Nummer der Gerichtsmedizinerin.

5
    Charlotte Poland tippte die letzten Sätze ihres neuen Romans in den Computer. Sie saß an dem kleinen Schreibtisch ihres Hotelzimmers, im Hilton am Tucher Park in München. Sie hatte sich eine große Kanne Tee bringen lassen, einen Darjeeling, Marke Risheehat. Keiner der üblichen Darjeelings, ein ziemlich teurer, das Hotel besorgte den Tee für sie extra bei Dallmayr, dem berühmten Münchner Feinkostladen. »Selbstverständlich bekommen Sie diesen Tee, das machen wir gerne«, hatte der Rezeptionist

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