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Der reiche Mann

Der reiche Mann

Titel: Der reiche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Türrahmen.
    »Was soll ich Ihnen bringen? Madame hat Eier und Käse gegessen.«
    »Ich habe schon in der Stadt gegessen.«
    Zögernd fügte er hinzu: »Danke, Alice.«
    Er hörte leise Musik. Sie kam aus dem Salon. Er ging hinein. Seine Frau saß vorm Fernsehapparat.
    »Du bist zurück?«
    »Wie du siehst. Ich bin noch nicht als vermißt gemeldet.«
    Es war idiotisch. Allein dieser Satz und der Ton, in dem er das sagte, verrieten Jeanne nur allzu deutlich, daß er betrunken war.
    »Hast du schon gegessen?«
    »Zwei große Brötchen mit Schinken.«
    »Sollen wir hinaufgehen? Das Programm ist sowieso nicht interessant. Ich habe es mir nur angesehen, um mir, während ich auf dich wartete, die Zeit zu vertreiben.«
    »Ich werde jedenfalls schlafen gehen.«
    »Ich auch.«
    »Du bist eine brave Frau, Jeanne.«
    Sie antwortete nicht. Sie wußte, was es bedeutete, wenn er gerührt wurde.
    »Wenn du nicht so jung wärst, würde ich sagen, du seiest wie eine Mutter für mich. Ich habe meine Mutter kaum gekannt, wie du weißt, und wenn sie heute auferstände, würde ich sie nicht erkennen.«
    »Komm.«
    »Warte, ich will nur eben Alice gute Nacht sagen. Sie ist ein liebes kleines Ding, Alice. Sie hat es nicht verdient, an ein Schwein wie Paquôt zu geraten.«
    »Alice ist schon hinaufgegangen.«
    »Erst vor fünf Minuten hat sie mich gefragt, was ich essen wolle.«
    »Sieh in der Küche nach.«
    Jeanne hatte recht. In der Küche brannte kein Licht mehr, und man hörte die Schritte des Mädchens im Treppenhaus.
    Er stolperte auf der ersten Stufe und mußte sich am Geländer festhalten. Obwohl Jeanne so tat, als habe sie es nicht gesehen, fühlte er sich gedemütigt.
    Er war betrunkener als sonst, und das Ausziehen fiel ihm schwer. Er ließ die Kleidungsstücke auf den Teppich fallen und liegen, wo sie hinfielen. Seine Frau hob sie auf, ohne etwas zu sagen, und hängte sie über den Stuhl.
    »Möchtest du nicht doppeltkohlensaures Natron haben?«
    »Nein.«
    Manchmal, wenn er zuviel getrunken hatte, hatte er Sodbrennen, und sie gab ihm dann doppeltkohlensaures Natron.
    »Es stimmt, weißt du, was ich dir unten gesagt habe. Du wärst eine wunderbare Mutter geworden.«
    »Schlaf jetzt.«
    Er schlief so schnell ein, daß er Jeanne nicht zu Bett gehen hörte. Am nächsten Morgen hatte er ausnahmsweise einen Brummschädel und war weniger denn je mit sich zufrieden.
    So ging die Woche dahin. Am Vormittag inspizierte er die Muschelbänke. Der Wind hatte sich gedreht. Das Meer war nicht mehr so ruhig. Auf den Kieseln liegender Seetang bezeichnete die Stelle, bis zu der die Flut vorgedrungen war.
    Dann arbeitete er im Garten. Die Erde klebte. Ein großes Stück mußte von Gestrüpp befreit werden. Bei Daniel war das die Arbeit seines Vaters, der stundenlang über die Beete gebeugt stehen konnte.
    Was für Freuden hatte er gehabt? Was für Freuden hatte er noch? Er hatte seine Frau bestimmt geliebt, aber sie war schon nach ein paar Jahren gestorben. Danach hatte er nie wieder, soweit man wußte, eine Geliebte gehabt. Er arbeitete von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, und sein einziges Vergnügen war, sonntags in einer Ecke des Bistros in Esnandes zu sitzen.
    Lecoin lehnte sich auf, ohne recht zu wissen, warum. Er ging ins Haus, um sich ein Glas Wein einzugießen. Die beiden Frauen bügelten in der Küche. Er sah, daß Alice gerade eins seiner Hemden bügelte, und das weckte in ihm ein seltsames Gefühl, als entstände dadurch eine gewisse Intimität zwischen ihnen.
    Er kehrte wieder zu seiner Arbeit im Gemüsegarten zurück. Der Taubstumme strich jetzt die Türen der Garage von innen an. Gegen halb zwölf brauchte Lecoin nur zu erscheinen, und er verstand.
    Sie gingen beide zu Mimile, der eine, um einen Schoppen, und der andere, um seine Limonade zu trinken.
    Am Tisch der Kartenspieler sah er nur drei Männer, die auf etwas zu warten schienen.
    »Ist Cardis nicht da?« wunderte er sich.
    »Er ist von seinem Traktor heruntergefallen und hat sich das Bein gebrochen. Wir warten auf jemand, der als Vierter mitmacht, möchtest du nicht an seiner Stelle mitspielen?«
    »Ich verstehe nichts vom Kartenspielen.«
    »Wir werden’s dir erklären.«
    »Nein, danke.«
    Immer dieses Grinden Theos, den er am liebsten mit der Faust ins Gesicht geschlagen hätte.
    Aber man schlägt einen Schwächling wie den Klempner nicht, bei dessen Anblick man sich sogar fragte, wie er sein Geschäft überhaupt mehr oder weniger gut führen konnte.
    Mimile schob ihm

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