Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
immer ganz knapp, nicht wahr, Verily?«
    Verily gestand es ein. Aber sie alle wußten, daß er wohl kaum verurteilt werden würde – vorausgesetzt natürlich, die Felsschicht war noch an der Stelle, an der Hank Dowser den Brunnen hatte graben lassen wollen. Der wirkliche Schaden war seinem guten Namen zugefügt worden. Der wirkliche Schaden war der Kristallstadt entstanden, die nun viel schwerer zu bauen sein würde, da alle möglichen Geschichten umgingen, Alvin Smith verführte junge Mädchen und alte Frauen und ginge durch Wände, um zu ihnen zu gelangen. Es spielte keine Rolle, daß sich alles als Lügen und Torheiten herausgestellt hatte – es gab immer Leute, die dumm genug waren, um »Wo Rauch ist, da ist auch Feuer!« zu sagen, obwohl sie eigentlich hätten sagen sollen: »Wo es skandalöse Lügen gibt, sind auch immer boshafte Menschen, die sie glauben und verbreiten, ganz gleich, ob es Beweise dafür gibt.«
    Der laute Tumult auf den Straßen – derzeit ritten einige junge oder betrunkene alte Leute mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf ihren Pferden die Straße auf und ab, während Sheriff Doggly und seine Deputies sich bemühten, die Tiere entweder anzuhalten oder zu erschießen – sorgte sowieso dafür, daß niemand schlafen konnte, zumindest noch nicht so früh. Also waren sie alle noch wach, sogar noch Arthur Stuart, als zwei weitere Männer das Gasthaus betraten, die erschöpft und schmutzig von der Reise zu sein schienen. Sie warteten an der Theke und tranken jeder einen Becher Apfelwein, bis Horace herunterkam, um nach dem Rechten zu sehen, und sie sofort erkannte. »Kommt herauf, er ist hier, er ist oben«, flüsterte Horace, und die drei waren im Handumdrehen die Treppe hinauf.
    »Armor«, sagte Alvin und begrüßte ihn mit einer brüderlichen Umarmung. »Mike.« Und Mike Fink bekam ebenfalls eine Umarmung. »Ihr habt Euch für Eure Rückkehr eine gute Nacht ausgesucht.«
    »Wir haben uns eine verdammt gute Nacht ausgesucht. Wir hatten schon Angst, wir würden zu spät kommen. Sie hatten den Auftrag, Euch aus dem Gefängnis zu holen und während der Feierlichkeiten nach der Wahl einfach aufzuknüpfen. Zum Glück hat der Sheriff mitgedacht.«
    »Er hat einfach nur Platz für Betrunkene und Unruhestifter gebraucht«, sagte Alvin. »Ich glaube nicht, daß er etwas von irgendeinem Plan gewußt hat.«
    »Es sind zwanzig Jungs hier«, sagte Fink. »Mindestens zwanzig, und alle wurden gut bezahlt und bekamen jede Menge zu trinken. Hoffentlich wurden sie so gut bezahlt, daß sie wirklich betrunken sind und einfach umkippen, kotzen und dann einschlafen und morgen früh dann nach Carthage zurückschleichen.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Measure. »Ich bin schon mal in Verschwörungen gegen Alvin hineingeraten. Jemand hat mich mal ziemlich auseinander genommen.«
    Fink betrachtete ihn erneut. »Ihr wart damals noch nicht so groß«, sagte er. »Ich schäme mich dessen, was ich Euch angetan habe. Das war das Schlimmste, was ich je getan habe.«
    »Ich bin nicht dran gestorben«, sagte Measure.
    »Aber nicht, weil ich es nicht versucht hätte«, sagte Fink.
    Verily war völlig verwirrt. »Ihr wollt damit sagen, dieser Mann hat versucht, Euch zu töten, Measure?«
    »Gouverneur Harrison hatte es befohlen«, sagte Measure.
    »Und es ist Jahre her. Noch vor meiner Heirat. Bevor Alvin als Lehrling hierher nach Hatrack River kam. Und wenn ich mich recht entsinne, war Mike Fink damals etwas hübscher. «
    »Nicht in meinem Herzen«, sagte Fink. »Aber ich habe Euch nicht übelgewollt, Measure. Und nachdem Harrison mich das tun ließ, habe ich ihn verlassen, wollte ich nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich will mich damit nicht rechtfertigen, aber es ist die reine Wahrheit, daß ich mich nicht mehr herumkommandieren lasse. Wäre ich der Meinung, Ihr wolltet es mir heimzahlen, würde ich nicht davonlaufen, sondern es Euch tun lassen. Aber so ein Mann seid Ihr nicht.«
    »Wie ich schon sagte«, erwiderte Measure, »es ist kein bleibender Schaden entstanden. Ich habe an diesem Tag einiges gelernt, und Ihr ebenso. Damit soll die Sache erledigt sein. Ihr seid jetzt Alvins Freund, und das macht Euch auch zu meinem Freund, solange Ihr treu und ehrlich seid.«
    In Mike Finks Augen standen Tränen. »Jesus persönlich könnte nicht freundlicher zu mir sein, und ich nicht unwürdiger. «
    Measure streckte die Hand aus. Mike ergriff und schüttelte sie. Nur ganz kurz, eine Sekunde lang. Dann war es erledigt, und sie

Weitere Kostenlose Bücher