Der Reisende

Alvin.
    Geschichtentauscher lachte erneut.
    »Hör auf zu lachen und sag mir, was so komisch ist.«
    »Ein Witz, den man erklären muß, ist sowieso nicht mehr komisch«, sagte Geschichtentauscher, »also ist es völlig sinnlos, ihn zu erklären.«
    »Du bist mir nicht die geringste Hilfe«, sagte Alvin und begrub das Blatt seiner Axt im Hackklotz.
    »Ich bin eine große Hilfe«, sagte Geschichtentauscher. »Du willst nur noch nicht, daß dir geholfen wird.«
    »O doch, das will ich! Ich brauche aber keine Rätsel, sondern Antworten!«
    »Du brauchst jemanden, der dir sagt, was du tun sollst? Das ist aber eine Überraschung. Also bist du doch noch ein Lehrling? Willst du dein Leben einem anderen übergeben? Für wie lange? Weitere sieben Jahre?«
    »Ich mag vielleicht kein Lehrling mehr sein«, sagte Alvin, »aber das heißt noch lange nicht, daß ich schon ein Meister bin. Ich bin nur Geselle.«
    »Dann heuere irgendwo an«, sagte Geschichtentauscher. »Du hast noch immer einiges zu lernen.«
    »Ich weiß«, sagte Alvin. »Aber ich weiß nicht, wohin ich gehen soll, um es zu lernen. Da ist diese Kristallstadt, die ich mit Tenskwa-Tawa in dem Tornado sah. Ich weiß nicht, wie ich sie bauen soll. Ich weiß nicht, wo ich sie bauen soll. Ich weiß nicht mal, warum ich sie bauen soll, abgesehen davon, daß sie existieren und ich dafür sorgen soll, daß es sie gibt.«
    »Da haben wir es schon wieder«, sagte Geschichtentauscher. »Wie ich schon sagte, du hast hier bereits allen alles beigebracht, was du weißt, und zwar doppelt und dreifach. Jetzt hilfst du ihnen nur noch beim Üben – und schummelst dann und wann, indem du ihnen hilfst. Meine ja nicht, ich hätte es nicht bemerkt.«
    »Wenn ich mein Talent einsetze, um ihnen zu helfen, sage ich ihnen, daß ich geholfen habe«, erwiderte Alvin errötend.
    »Und dann kommen sie sich trotzdem wie Versager vor, weil sie glauben, lediglich wegen deiner Hilfe hätten sie etwas bewirkt, aber nicht aus sich heraus. Alvin, ich glaube, ich gebe dir deine Antwort. Hier hast du getan, was du tun konntest. Laß Measure ihnen helfen, und die anderen, die hier und da einen Brocken davon gelernt haben. Sie sollen es allein herausfinden, wie du es auch getan hast. Dann gehst du in die Welt hinaus und lernst mehr von den Dingen, die du wissen mußt.«
    Alvin nickte, aber in seinem Herzen weigerte er sich noch immer, es zu glauben. »Ich kann nur nicht einsehen, welchen Sinn es haben soll, in die Welt hinauszuziehen, um zu lernen, wo ich doch genau weiß, daß es zur Zeit keinen weiteren Schöpfer auf der Welt gibt, wenn man Calvin nicht mitzählt, was ich nicht tue. Von wem soll ich lernen? Wohin soll ich gehen?«
    »Du behauptest also, es sei sinnlos, einfach herumzuziehen, zu sehen, was geschieht, und dabei so viel zu lernen, wie du kannst?«
    Als Geschichtentauscher dies sagte, schaute er so ironisch drein, daß Alvin wußte, die Worte hatten eine doppelte Bedeutung. »Daß du auf diese Weise lernst, heißt noch lange nicht, daß ich es auch kann. Du sammelst nur Geschichten, und Geschichten gibt es überall.«
    »Das Schöpfen gibt es auch fast überall«, sagte Geschichtentauscher. »Und wo es kein Schöpfen gibt, gibt es noch immer alte Dinge, die niedergerissen werden, und auch daraus kannst du lernen.«
    »Ich kann nicht gehen«, sagte Alvin. »Ich kann nicht gehen.«
    »Womit du sagen willst, daß du Angst hast.«
    Alvin nickte.
    »Du hast Angst, daß du erneut töten wirst.«
    »Das glaube ich nicht. Ich weiß, daß ich nicht mehr töten werde. Wahrscheinlich nicht.«
    »Du hast Angst, daß du dich wieder verlieben wirst.«
    Alvin lachte verächtlich johlend auf.
    »Du hast Angst, daß du dort draußen allein sein wirst.«
    »Wie könnte ich allein sein?« fragte er. »Ich würde meinen goldenen Pflug mitnehmen.«
    »Das ist noch so eine Sache«, sagte Geschichtentauscher. »Dieser lebende Pflug. Wofür hast du ihn geschaffen, wenn du ihn die ganze Zeit über im Dunkeln aufbewahrst und niemals benutzt?«
    »Er ist aus Gold«, sagte Alvin. »Die Leute wollen ihn stehlen. Viele Menschen würden für so viel Gold töten.«
    »Viele Menschen würden auch für so viel Zinn töten, was das betrifft«, sagte Geschichtentauscher. »Aber du erinnerst dich, was mit dem Mann geschah, dem man ein Talent Gold gab und der es in der Erde begrub.«
    »Geschichtentauscher, du steckst heute voller Weisheit.«
    »Sie läuft schon über«, sagte Geschichtentauscher. »Das ist mein schlimmstes