Der Reiz des Verbotenen - Page, S: Reiz des Verbotenen
sanften Worten beruhigte.
Schließlich schwang er mit einer fließenden Bewegung sein langes, kräftiges Bein über den Pferderücken und stieg ab. Sie betrachtete das wunderbare Spiel der Muskeln unter seiner Reithose und die Wölbung seiner Waden in den polierten Stiefeln. Einen Herzschlag später war er, die Zügel in der Hand, neben ihr.
Einige andere Männer beobachteten Venetia und den Earl mit lebhafter Neugier, aber keiner näherte sich ihnen. Für wen hielten die Männer sie? Seine Geliebte? Der Gedanke brachte sie zum Zittern.
Besorgt musterten seine türkisfarbenen Augen sie. „Sind Sie verletzt?“
Sie schüttelte den Kopf.
Ein sinnliches Lächeln spielte um seinen Mund. „Ich würde Ihnen einen weiteren Kuss geben, um mich zu vergewissern, dass es Ihnen gut geht, meine Liebe, aber hier ist nicht der richtige Ort.“
Ihr Herz donnerte wie die Pferdehufe.
„Und nun die Wahrheit, meine Teure. Warum wollen Sie mich zu einer Orgie begleiten? Nicht dass ich die Absicht hätte, Sie mitzunehmen, aber Sie haben meine Neugier geweckt.“
„Ich muss dorthin, weil Sie recht hatten. Es gibt jemanden, der die Wahrheit über mich weiß. Ich werde erpresst.“
„Von wem?“
„Von einer Mrs. Harcourt“, flüsterte sie. „Ich muss mit ihr reden, muss sie aufhalten. Sie wird eine anrüchige Orgie bei Lord Chartrand besuchen. Sie sind der einzige Gentleman, den ich kenne …“
„Wir können uns hier nicht über dieses Thema unterhalten“, unterbrach er sie. „Sie müssen in mein Haus kommen – ich nehme an, Sie wissen, wo ich wohne.“
„Was will diese Mrs. Harcourt von Ihnen?“, fragte Lord Trent, während er Brandy in sein Glas goss.
Venetia umschloss ihren riesigen, hauchzarten Cognacschwenker mit den Händen. Ihre Mutter hatte vormittags nur Alkohol getrunken, wenn sie ihr gebrochenes Herz trösten musste – im Salon, hinter geschlossenen Vorhängen. Während Venetia nervös mit den Fingerspitzen an ihrem zerbrechlichen Glas entlangstrich, wurde ihr zu ihrem Entsetzen bewusst, dass der Earl of Trent der einzige Mensch war, dem sie ihre Probleme anvertrauen konnte.
Wenigstens hatte sie darauf geachtet, auf dem Weg zu seinem Haus ihr Gesicht und ihr Haar zu verbergen. Außer ihr waren nur Gentlemen unterwegs gewesen, und keiner von ihnen hatte sie eines Blickes gewürdigt.
Sie nippte an ihrem Drink. Der Alkohol floss ihre Kehle hinab und entfachte dort ein Feuer.
„Geld“, sagte sie. „Lydia Harcourt ist eine Kurtisane. Mein Vater war so dumm! Sie fand heraus, dass seine Hände verkrüppelt sind und er nicht mehr malen kann. Und sie erfuhr von mir. Ich weiß nicht, ob er ihr alles gesagt hat oder ob sie ihre eigenen Schlüsse gezogen hat. Jedenfalls will sie sich ihr Schweigen mit tausend Pfund bezahlen lassen. Ich besitze aber keine tausend Pfund!“
Sie nahm einen weiteren Schluck von dem Brandy – es machte ihr die Sache leichter, mehr als nur zu nippen. Mut breitete sich in ihrem Herzen aus.
„Weiß Rodesson von der Sache?“
„Er wusste es nicht, bevor ich ihm gestern Nachmittag davon erzählt habe.“
„Mir scheint, er ist derjenige, der das Problem lösen sollte.“
Mit sarkastischem Unterton sagte sie: „Vor allem schafft er die Probleme, die gelöst werden müssen. Als Erstes versicherte er mir, dass sie ihn verletzen wollte, nicht mich. Er behauptete, sie hätte nicht die Absicht, ihr Wissen zu enthüllen, dennoch war er der Meinung, wir sollten sie bezahlen. Er beschloss, am vergangenen Abend hinter ihr herzufahren – vielmehr hätte er es getan, wenn er nicht einen leichten Herzanfall gehabt hätte.“
Der Earl zog die Brauen hoch. „Er hat überlebt, wenn ich Sie richtig verstehe?“
Sie nickte. „Sein Diener rief mich herbei, und ich schickte nach einem Arzt. Der Doktor machte ein ernstes Gesicht und gab eine Menge Verhaltensregeln, aber er ist zuversichtlich, dass mein Vater wieder gesund werden wird. Dennoch ist mein Vater nicht in der gesundheitlichen Verfassung, Mrs. Harcourt nachzureisen, und ich fürchte die Konsequenzen für seine Gesundheit, wenn er ans Bett gefesselt ist und sich Sorgen macht.“
„Und was hat die Orgie damit zu tun, meine Liebe?“
Nach seinem Ritt verströmte der Earl einen herrlichen Duft. Er roch nach dem Leder des Sattels und seiner Reitstiefel, nach berauschendem Sandelholz und nach seinem Schweiß.
Selbst seine Bibliothek war ein Fest für die Sinne. Das Zimmer war in verschwenderischen Farben dekoriert – es gab kleine
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