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Der Rikschamann

Der Rikschamann

Titel: Der Rikschamann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schroeter
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verbreiten, nach Oleg Ausschau zu halten? Die kommen alle viel herum und Oleg kennen sie doch alle…«
    »Den kennen sie alle«, bestätigte Mo und sah Max plötzlich direkt in die Augen – mit einem Ernst, den dieser beim sonst stets lässigen Kollegen nicht kannte. »Aber wie gut kennst du Oleg eigentlich?«
    »Richtig gut«, gab Max reserviert zurück. »Aber neuerdings treffe ich andauernd Leute, die es anscheinend besser wissen! Oleg ist vielleicht nicht der richtige Geschäftspartner für mich, sagt Hamid. Oleg ist ein Windhund, sagt mein Professor. Wenn du dich auch gerne einreihen willst – bitte!«
    »Oleg braucht Geld.«
    »Wer nicht?«
    »Hat er nicht kürzlich versucht, dich anzupumpen?«
    Max schüttelte abwartend den Kopf, Mo nickte bedächtig, als hätte er diese Antwort erwartet – dann fuhr er fort.
    »Vorletzte Woche brauchte meine Rikscha eine neue Felge. Du kennst doch den Materialschuppen hinter Schallers Büro. Gleich daneben ist sein Fenster, und das stand sperrangelweit offen, weil El Jefe die Dunstwolke von mindestens drei Schachteln Marlboro rausmiefen musste. Tja, da hab’ ich Oleg gehört…«
    Max verzog ungläubig das Gesicht. »Oleg bei Schaller? Er kann den Kerl nicht ausstehen, das weißt du doch!«
    »Kann schon sein. Aber er hat Schaller ein Geschäft angeboten: Für 5000 Euro wollte er eure gelbe Rikscha aus dem Verkehr ziehen und garantieren, dass ihr keine Touren mehr fahrt! Eine Konkurrenz weniger für Schaller, und alles für eine kleine Prämie, bar auf die Kralle. So hat sich Oleg das gedacht.«
    Max fasste kaum, was er da hörte. Einem anderen hätte er diese Geschichte kaum abgenommen, aber Mo glaubte er instinktiv. »Und Schaller… hat er…?
    »Der ist zum Schein auf die Sache eingegangen und hat angefangen zu feilschen. Darin ist er Weltklasse, weißt du ja! Bei 3000 Euro ist Oleg nicht mehr weiter runtergegangen. Schaller hat sich nur beömmelt und Oleg rausgeschmissen. Danach hatte El Jefe tagelang ’ne dicke Hose!«
    »Wie kommt Oleg dazu, ohne mich zu fragen…«
    »Ihr habt nie darüber geredet?«
    Max schüttelte bestürzt den Kopf.
    »Ich weiß von Kuli, dass Oleg danach noch versucht hat, ihn anzupumpen – er wollte einen Tausender, wenigstens Fünfhundert. Bei Schmitz und Wolle hat er es auch versucht. Ist aber überall abgeblitzt.«
    Max drückte seine Enttäuschung hinunter und zwang sich in sachliche Überlegungen. »Wenn Oleg schon mit Schaller Kuhhandel treiben will, steht er enorm unter Druck. Irgendwelche Schulden, und man sitzt ihm wegen des Geldes im Nacken!«
    Mo glitt vom Geländer und versenkte seinen halbvollen Eisbecher im nächsten Papierkorb. Auch in Max’ Becher schwappte nur noch eine aufgelöste Masse Vermischtes, also schmiss er die durchweichte Pappe in denselben Behälter.
    »Ich habe keinen Schimmer, wem Oleg soviel Geld schulden könnte – oder wofür«, sinnierte Max weiter. »Aber wenn ihm niemand sonst Geld geliehen hat, könnte ich mir vorstellen, zu wem er letzten Endes gegangen ist.«
    »Dann erzähl’ es Kommissar Röntgenblick!«
    »Uniformträger beißen da auf Granit.«
    »Du nicht?«
    Max schüttelte nur den Kopf, Mo bleckte seine weißen Zähne.
    »Hart, härter, Harder – ich sag’s ja immer.«
    Sie gingen zurück zu den Rikschas und lösten die Schlösser. Dann tauschten sie ihre Handynummern aus und tippten sie gleich ins Adressbuch.
    »Wenn du Hilfe brauchst…«
    »…dann melde ich mich!« versicherte Max. »Und halt weiter die Ohren offen – bei Schaller lohnt sich das anscheinend.«
    »Leider das Einzige, was sich bei dem Geizhals lohnt«, grinste Mo, stieg in den Sattel und stemmte sich ins Pedal. Dann bremste er noch einmal ab und wies auf die verbogenen Seitenbleche des Gelben Ungetüms. »Die ganze Hirschparktreppe, echt, Mann? Mit der Dickmadam hinten drauf?«
    Max nickte, nicht ohne Stolz.
    »Respekt!« Mo grüßte hiphopmäßig, brachte sein schneeweißes Designermobil scheinbar mühelos aus dem Stand auf Hochtouren und fädelte sich gekonnt in den laufenden Verkehr ein.
    Respekt auch für Elkes Courage, dachte Max. Ob sie immer noch schlief? Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, einfach beim Professor anzurufen und nach ihr zu fragen. Aber dann ließ er es und stieg auf seine gelbe Rikscha.
    Es gab etwas zu erledigen.
    Elke stieg aus der Duschkabine, schnappte sich ihr Handtuch und vermied es tunlichst, in den Spiegel zu sehen, während sie sich abtrocknete. Spiegel waren tabu. Spiegel

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