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Der Rikschamann

Der Rikschamann

Titel: Der Rikschamann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schroeter
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Ihnen…«
    »Chef!« Bronstein meldete sich jetzt so energisch, dass Hesse den Faden verlor und seine Kollegin irritiert ansah. »Den Harderweg gibt es hier wirklich. Geht vom Rugenbarg ab.«
    Für einen winzigen Augenblick sah der Kommissar echt dämlich aus, fand Max. Dann riss sich Hesse zusammen, wandte sich kommentarlos ab und ging mit steifen Schritten zu seinem am Straßenrand geparkten Wagen. Bronstein und Max wechselten einen belustigten Blick – wie Schüler, die sich darüber einig sind, dass sich der Lehrer gerade zum Affen gemacht hat, aber nicht losprusten können, weil der Depp noch im Klassenzimmer weilt.
    Der einvernehmliche Moment ging rasch vorbei.
    »Sie haben dort tatsächlich gewohnt?« hakte Bronstein nach, um Sachlichkeit bemüht. »Im Harderweg?«
    »Meine Eltern haben da hauptsächlich deswegen gemietet, weil sie das mit dem Straßennamen so cool fanden«, bestätigte Max. »Vor allem mein Vater. War jedes Mal der große Brüller, wenn er irgendwo seine Visitenkarte präsentieren konnte: Harder aus dem Harderweg!«
    »Wie lange haben Sie in Osdorf gewohnt?«
    Wenn Bronstein sich konzentrierte, so wie jetzt, bildete sich auf ihrer Stirn eine kleine Falte. Das machte die Nase noch etwas spitzer. Sie hat was, sie hat echt was, dachte Max und versenkte seinen Blick tief in ihre blanken Haselnussaugen.
    »Fast mein Leben lang. Bis ich vor zwei Jahren mit der Uni angefangen habe.«
    Schau mich nicht so an, dachte Bronstein, das macht mich ganz wuschig. Ist das Taktik? Aber er wirkt ganz offen. Konzentriere dich.
    »Kennen Sie Nastja Kirjakowa?«
    »Nein. Wer soll das sein?«
    Bronstein forschte in seiner Miene. Er lügt nicht, entschied sie. Oder er ist so was von ausgekocht… »Sie ist das Mädchen aus dem Fleet.«
    Max zeigte kaum Reaktion. »Gut, dass sie so schnell identifiziert wurde.«
    Bronstein wies auf einen der benachbarten Wohnblöcke. »Sie wohnte dort drüben!« Jetzt schaute Max doch überrascht, Bronstein legte nach. »Bei ihrer Tante. Die hat uns angerufen, nachdem sie das Foto von Nastja in der Zeitung gesehen hat. Und sie hat uns erzählt, dass die Nichte manchmal mit Ihrem Freund Oleg ausgegangen ist. Seine Mutter hat uns das eben bestätigt. Davon haben Sie wirklich nichts gewusst?«
    Das musste Max erst einmal verdauen. Zwar hatte er ja schon vermutet, dass Oleg das Mädchen irgendwie kannte. Aber dass darüber anscheinend alle hier Bescheid wussten, während Oleg ihn, seinen Freund, nicht ins Vertrauen gezogen hatte, traf ihn doch. Deshalb reagierte er schärfer als beabsichtigt. »Glauben Sie mir auch nicht? Das findet Ihr Chef bestimmt super!«
    Bronsteins Lippen wurden schlagartig schmal. »Kommissar Hesse ist ein guter Chef. Und Sie reißen ganz schön die Klappe auf.«
    »Dann ist ja alles geklärt. Sonst noch was?«
    Sie funkelte ihn an, drehte dann ab zum Wagen, in dem Hesse sie schon erwartete. Kaum war Bronstein eingestiegen, startete das Auto durch und fuhr davon. Trotzdem fühlte Max sich nicht als Punktsieger, als er endlich zum Eingang des Wohnblocks ging. Der Uhu kam aus seinem Glaskasten, als Max die Tür zum Treppenhaus öffnete.
    »Moin Max. Was hast du denn mit den Bullen zu tun?«
    Als die Plattenbauten immer mehr heruntergekommen waren, weil in öden Fluren und Treppenhäusern hemmungslos in dunkle Ecken gepinkelt wurde, sich Sprayer wild an kahlen Wänden austobten und keine Lampe vor Vandalen sicher war, hatte die Wohnungsgesellschaft Betreuerlogen eingerichtet. Die Betreuer bewachten den Eingangsbereich, hielten die Treppen sauber, erledigten kleine Reparaturen, verwalteten Gemeinschaftsschlüssel und kannten selbst in den anonymsten Betonburgen in der Regel bald alle Mieter. Und alle kannten die Betreuer. Vor allem den Uhu, ein kleines, graues Männchen mit Brillengläsern, dick wie Flaschenböden. Der Uhu hieß so, weil ihm nie etwas entging, nicht mal hinter seinem Rücken. Er selbst trug diesen Spitznamen wie einen Orden und störte sich nicht daran, dass ihn jeder so nannte.
    »Moin, Uhu. Die suchen Oleg. Wollen ihn bloß was fragen.«
    »Mit mir wollten die nicht reden«, murrte Uhu. »Arrogantes Pack. Ich frag die nur, zu welchem Mieter sie wollen, da pflaumt mich der Kerl gleich an! Von wegen, das geht mich nichts an und ich soll mich gefälligst um meinen Putzeimer kümmern! Logo geht mich das was an. Hundertprozentig! Alles, was hier passiert, geht mich was an. Dafür bin ich doch da!«
    »Jou, die sind bescheuert. War Oleg seit gestern mal

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