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Der Rikschamann

Der Rikschamann

Titel: Der Rikschamann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schroeter
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schlagen.«
    »Wie eine Nutte wirkt sie aber eigentlich nicht«, wandte Max ein.
    »Nutte hat sie auch nicht nötig«, kicherte Uhu. »Die hat den Jackpot geknackt! Weißt du, wen die sich als Ehemann an Land gezogen hat? Pete West, jawoll!«
    »Der Pete West?« zeigte sich Max gebührend beeindruckt.
    »Der Pete West!« freute sich Uhu über die erzielte Wirkung. »Der mit You’re my blood, you’re my bone…«
    Der Uhu fing tatsächlich an zu singen. Dabei fand Max den Song an sich schon peinlich genug. Er versuchte sich trotzdem zu konzentrieren. »Wenn Elena dem Born so schnell entronnen und in die Promi-Sphäre entrückt ist – was will sie dann heute noch in dieser Gegend?«
    Uhu verlegte sich wieder aufs Sprechen. Zum Glück. »Sie hat das von der lütten Nastja in der Zeitung gesehen. Oder Mascha hat sie deswegen angerufen.« Uhu registrierte Max’ Irritation und erklärte: »Mascha ist die Tante von der Lütten. Bei der sie gewohnt hat. Und Mascha war früher hier eine enge Freundin von Elena. Mittlerweile vielleicht nicht mehr ganz so eng – aber immerhin, wo Mascha jetzt Kummer hat, steht Elena ihr wohl ein bisschen bei! Vielleicht steckt sie ihr ein paar fette Scheine zu.«
    »Mann, es gibt doch noch andere Tröstungen außer Geld!«
    Der Uhu überlegte einen Augenblick lang angestrengt. Dann peilte er treuherzig über den Rand seiner Flaschenhalsbrille. »Kann sein. Aber die hab’ ich vergessen.«

11.
    Sonne hin, Sonne her, allmählich wurde ihr kalt. Außerdem zog der Himmel schon wieder langsam zu. Hamburg im April ist auch bei Sonnenschein ein trügerisches Versprechen auf den Frühling, der bald kommt. Vielleicht. Oder auch nicht. Ebenso ungewiss wie das Nachhausekommen eines gewissen Rikschamannes mit braunen Augen und dunklen Strubbelhaaren, die ihm auf reizvolle Art eine Spur zu lang in die Stirn fielen. Elke wusste nicht, wie lange sie hier schon auf Max wartete. Eine Uhr trug sie nicht, und ihr Handy war abgestellt, um ihren Eltern jede Chance auf Telefonterror zu vermasseln. Falls es noch lange dauerte, würde sie ja hören, wenn die Turmuhr der Apostelkirche zur nächsten vollen Stunde schlug – die Kirche war zwar von hier aus nicht zu sehen, stand aber nicht weit entfernt von dem schmucklosen Eimsbütteler Backstein-Nachkriegsbau, in dem Max und Oleg wohnten.
    Es wäre wirklich einfacher gewesen, Max wäre zu Hause und hätte vorhin auf ihr erstes Klingeln hin seine Tür geöffnet. Hallo Max, bei meinem Alten kann ich nicht bleiben, hast du Platz für eine Nacht oder so, ging gestern doch auch ganz gut mit uns. Ganz lockere Aktion, alles spontan und natürlich. Leider ging mit jeder Minute ein Stückchen spontaner Natürlichkeit flöten. Jetzt schmorte sie hier in innerer Warteschleife und kam sich doof vor, was allerdings im Großen und Ganzen ihrem vertrauten Lebensgefühl entsprach.
    Was nicht hieß, dass sie sich mit der unangenehmen Kühle abfand. Als eine alterskrumme Seniorin den Wohnblock verließ, um ihren buntscheckigen Hund Gassi zu führen, nutzte Elke die Gelegenheit und schleppte ihren Koffer ins warme Treppenhaus, bevor die Haustür wieder ins Schloss fiel. Die Frau nahm gar keine Notiz von ihr. Elke beobachtete durch die Glasscheibe, wie die Alte ihren Hund im Endlosmonolog zutextete, der in hektischer Betriebsamkeit sein Revier abpinkelte, die Schlappohren offenbar auf Durchzug gestellt. Am Straßenrand vor dem Haus hielt ein Wagen, zwei Leute stiegen aus.
    Hesse und Bronstein.
    Elke fühlte sich unwillkürlich ertappt und schob sich ein wenig in Deckung. Sei nicht albern, schalt sie sich selbst – hinter dir sind die ja wohl kaum her. Nur weil du von zu Hause abhaust, ruft noch keiner die Kripo. Papa schon mal gar nicht. Bestimmt wollten die Max sprechen. Ob es etwas Neues von Oleg gab? Elke sah, wie der Kommissar die alte Dame ansprach und dafür einen misstrauischen Blick erntete. Erst als Bronstein sich zu dem Hund hinunter beugte und ihn hinter den Ohren kraulte, schien das Eis zu brechen – jedenfalls schwallte die Oma plötzlich genauso unentwegt auf den Kommissar ein wie zuvor auf ihre schweifwedelnde Promenadenmischung, was Hesse stoisch über sich ergehen ließ, während sich der Hund vor Bronstein auf den Rücken warf. Bestimmt ein Rüde. Wahrscheinlich wollte er sich auch noch das Gehänge kraulen lassen. Blöder Köter. Blöde Kuh.
    Jetzt gelang es dem Kommissar doch mit einer Frage durchzudringen, denn die Alte wandte sich zum Haus und wies mit

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