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Der Rikschamann

Der Rikschamann

Titel: Der Rikschamann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schroeter
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seinen Kopf und drehte das blutige Ohr zu sich heran. Dabei berührte ihr Unterarm Max’ lädierte Schulter, er zuckte unwillkürlich zusammen. Elke ließ erschrocken los.
    »Ist was gebrochen?«
    Max schüttelte den Kopf.
    »Trotzdem. Säubern, angucken, Pflaster drauf!« Sie hakte ihn energisch unter, packte mit der freien Hand ihren Koffer. »Treppen steigen kannst du noch, oder?«
    Max nickte und ließ sich widerstandslos abführen. Sie wollte ja auch nichts anderes als er. Nur erst mal in die Wohnung…
    Gemeinsam stiegen sie die Treppen hinauf in den zweiten Stock. Kaum steckte Max den Schlüssel in seine Tür, trat Achim Struck mit unmutig gefurchter Stirn und vorwurfsvoller Miene aus der Nachbarwohnung. Bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, richtete Elke anklagend den ausgestreckten Finger auf ihn.
    »Der hat mich vorhin im Treppenhaus umgeschubst!«
    In Max standen alle Sicherungen in Weißglut. Er hatte genug davon, herumgeschubst zu werden – selbst wenn es in diesem Fall nicht direkt ihn betraf. Er machte einen schnellen Schritt auf Struck zu, und was in seinem Gesicht geschrieben stand, bewog den schmächtigen Nachbarn umgehend zum noch schnelleren Rückzug. Blitzartig verschwand Struck in seiner Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu. »Hinter Ihnen ist sogar schon die Polizei her, die schüchtern Sie nicht ein!« hörte man ihn aus der sicheren Deckung lamentieren. Max starrte verdattert auf die verschlossene Tür, dann schwenkte sein Blick zu Elke.
    Das Mädchen lachte. Lachte mit der Kraft einer Naturgewalt. Max hatte sie bisher noch nie richtig lachen sehen. Genau genommen hatte er überhaupt noch nie jemanden so lachen sehen. Ihr rundes, lachtränenschwitzendes Gesicht strahlte wie der Vollmond, sämtliche Pfunde tanzten Polka und ihr Lachen perlte mit einer Lautstärke durchs Treppenhaus, die jeder Operndiva zur Ehre gereicht hätte. Da gab es absolut keine Gegenwehr – Max lachte mit, ohne zu wissen, wieso eigentlich. Unwiderstehlich.
    Schwer nach Luft schnappend gelang es ihm endlich, seine Wohnungstür zu öffnen und die prustende Elke samt Koffer in den kleinen Flur zu ziehen. Erst in der Küche, hingestreckt auf die Esstischstühle, kriegten sie sich allmählich wieder ein.
    »Was war das denn?« Max wischte sich die letzten Lachtränen aus den Augenwinkeln. »Was hat den alten Struck so auf Zinne gebracht? Und was sollte das Gerede von Herumschubsen und Polizei?«
    »Er hat mich nicht geschubst. In Wahrheit hab ich ihn umgehauen«, bemerkte Elke trocken. »Und die Polizei war tatsächlich hier. Hesse und Bronstein mal wieder.« Sie berichtete in knappen Worten, wie das Kripo-Duo alle erreichbaren Nachbarn über Max und Oleg ausgehorcht hatte. »Die wollen dich in die Pfanne hauen! Dieser Bronstein traue ich keine drei Meter weit! Und dann kam auch noch dein lieber Nachbar Struck und hat ihnen genau das geliefert, was sie hören wollten. Max – hast du dich wirklich am Freitagabend mit Oleg laut gestritten? Beinahe im Treppenhaus geprügelt?«
    »Wenn ich da schon alles über Oleg gewusst hätte, was ich jetzt weiß, hätten wir uns nicht bloß beinahe geprügelt! Er wollte hinter meinem Rücken die Rikscha verkaufen. Und er vermittelt Mädchen, anscheinend an irgendwelche Clubs – das Mädchen aus dem Fleet war auch dabei.« Es tat Max gut, diese Sorgen mit jemandem zu teilen. Elke hörte aufmerksam zu und unterbrach ihn auch nicht, als er von Elena West, dem Cabrio, seinem Fund in Hamids Werkstatt und der anschließenden Schlägerei berichtete. »Ehrlich gesagt«, schloss er, »blicke ich überhaupt nicht durch. Irgendwie scheint plötzlich jeder, dem ich vertraut habe, ein Verbrecher zu sein.«
    »Umso wahrscheinlicher wird die Kripo dich auch für einen halten.«
    Das trifft wohl ins Schwarze, dachte Max erschüttert, und mir fällt nichts ein, was ich dagegen tun könnte. »Und du? Wofür hältst du mich?«
    Elke zeigte ihm einen Vogel.
    Max hob ratlos die Schultern. »Du kennst mich doch erst seit ein paar Stunden.«
    »Die hatten es aber in sich!«
    Die Erinnerung an alle gemeinsam überstandenen Turbulenzen ließen sie beide lächeln. Max wischte ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht und strich behutsam mit dem Finger über die verschorfte Stelle unter dem Haaransatz. Elke lief ein Schauer über den Rücken.
    »Kein Pflaster mehr? Tut’s noch weh?«
    Lass die Hand da, und man kann mir den Schädel öffnen, ohne dass ich’s merke, dachte Elke. »Ist schon okay. Wie

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