Der Rikschamann
Eingefroren wie Han Solo im Kerker von Jabba the Hutt. Han Solo, das war – neben Darth Vader – immer sein Lieblingscharakter bei Star Wars gewesen, natürlich im aufgetauten Zustand. Der Typ, der stets ein nicht ganz lupenreines, dafür einträgliches Geschäft am Laufen hielt. Für jeden eingesteckten Schlag zwei austeilte, sich mal eben mit dem Imperium anlegte und ganz nebenbei noch mit schrägem Harrison-Ford-Grinsen Prinzessin Leias Metallbikini zum Schmelzen brachte. Was war dagegen schon Luke Skywalker – ein Milchbubi, der permanent über seinen moralischen Überbau stolperte. Den Part hatte Oleg beim Spielen gerne Max überlassen.
Obwohl, gegen Skywalkers Laserschwert wäre jetzt nichts einzuwenden. Kette am Fuß - Wwwwph! Wwwwwwph! Bzzzzz! Klirr. Kein Problem. Metalltür, kein Problem. Kerkerwachen? Kopf ab.
Nastja.
Die bringen mich um, dachte Oleg. Vielleicht bringen die auch Max um. Der weiß dann nicht mal, warum. Das Foto findet der nie. Die finden es auch nicht. Ich verrate das auch nicht. Auf keinen Fall. Ich bin sofort tot, wenn die das wissen.
Er ertappte sich dabei, wie seine Atmung in panisches Hecheln verfiel, was die angeknacksten Rippen in seiner Brust noch mehr schmerzen ließ als ohnehin schon. Alles wird gut, kühlte er sich mantramäßig herunter, alles wird gut.
Und plötzlich keimte ein Gedanke in seinem Bewusstsein, ebenso verzweifelt wie tröstend: Vielleicht schnallt Max mal was! Vielleicht…
Vielleicht hörte der Eimer ja irgendwann von selbst auf zu stinken.
Schwarz. Schwarz. Schwarz. Vielleicht war so der Tod.
Einfach schwarz.
Max stoppte die Rikscha in der Deckung eines kleinen Wäldchens und spähte hinüber zu einem wuchtigen Sandsteinportal mit kunstvoll verzierten Eisentoren, dem sichtbaren Außenposten der Westheimschen Residenz. Von der Villa selbst war nicht viel zu sehen, aber die Hausnummer war richtig – sie prangte in fetten Goldziffern am Portal, fast noch auffälliger als die auf dem Mauerkranz montierte Überwachungskamera. Diskretion passte irgendwie auch nicht zu Pete West. Wahrscheinlich spielt die Türklingel »You’re my blood, you’re my bone«, mutmaßte Max. Er war sich allerdings noch nicht sicher, ob er sie drücken sollte. Was, wenn Elena Westheim nicht zu Hause wäre? Oder ihm nicht öffnen würde?
Sie wird öffnen, spornte sich Max an. Gerade ließ er die Rikscha die letzten Meter zum Tor rollen, da summte sein Mobiltelefon. Er bremste vor dem Portal und angelte sich das Handy.
»Harder«, meldete sich Max.
»Hallo, ich bin’s. Die mit dem Z3-Cabrio!«
»Guten Tag, Frau Westheim.«
»Ich habe Ihnen meinen Namen nicht gesagt…« Max spürte ihr Misstrauen durch das Telefon. »Sind Sie der Rikschamann? Der von heute Morgen, nicht der mit der Frisurpanne?«
»Bin ich.«
»Und? Wissen Sie jetzt mehr über die Werkstattarbeiten an meinem Wagen?«
»Kann schon sein.«
»Wir haben einen Deal! Ich sage Ihnen, wo ich Ihren Freund – wie heißt er noch, Oleg? – gesehen habe, und Sie…«
»Ich weiß aber schon, dass Oleg gestern hier war!«
Sie stutzte. »Wo – hier?«
»Sind Sie zu Hause, Elena?« versetzte Max gemütlich. »Dann werfen Sie doch mal einen Blick auf Ihren Überwachungsmonitor. Sollten Sie noch unterwegs sein, warte ich einfach vor Ihrem Portal!«
Die Verbindung brach abrupt ab. Elena Westheim hatte aufgelegt. Max stellte sich vor der Überwachungskamera in Positur. Als das Objektiv zu zoomen begann, drehte er gelassen grinsend das Gesicht erst nach links, dann nach rechts, als säße er in einem Passbildautomat.
Die Gegensprechanlage knackte vernehmlich. »Was wollen Sie?«
»Ich möchte das Cabrio sehen. Von innen.«
»Das geht nicht!«
»Sie waren doch so neugierig, was mit dem Wagen passiert ist! Ich könnte es Ihnen zeigen – aber bitte…« Max zuckte mit den Schultern, wandte sich ab und tat so, als wolle er auf die Rikscha steigen.
»Warten Sie…!«
Max drehte sich wieder der Kamera zu.
»Bleiben Sie, wo Sie sind! Und nicht auf die Torklingel drücken! Ich komme zu Ihnen raus. Mit dem Wagen!«
Angebissen, dachte Max. Er lehnte sich an das Gelbe Ungetüm und sah zur Villa hinüber. Eine Minute lang passierte nichts, dann schwang plötzlich ein Tor der Dreifach-Garage hoch und der metallicrote Z 3 rollte heraus, nahm Fahrt auf und näherte sich dem Eingangsportal, dessen Türflügel sich nun automatisch öffneten. Elena Westheim ließ den Wagen neben der Rikscha ausrollen. Ihre schwarze Mähne
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