Der Rikschamann
dich, dass mir vorhin in der Garage der Stoffbezug im Kofferraum dunkler vorkam? Er ist dunkler. Dieser Hamid hat den Stoff ausgewechselt. Der alte Bezug war angeblich voller Blut. Fällt dir irgendetwas dazu ein?«
Pieter atmete tief durch, dann gab er sich einen Ruck. »Ich werde erpresst, Elena.«
»Der Anrufer eben?«
Pieter nickte schwach. »Sie wollen eine Million. Morgen.«
»Womit erpresst man dich, Piet? Was hast du getan? Hat es was mit dem Blut im Kofferraum zu tun?«
»Ich… ich muss da allein durch, Elena! Das ist besser so, glaub’ mir…«
»Piet!« Sie trat neben ihn, nahm seine Hand und sah ihn beschwörend an. »Mach’ mir nichts vor! Du musst mich nicht verschonen! Du weißt, woher ich komme. Du weißt, wo du mich herausgeholt hast. Glaubst du, ich breche gleich zusammen, nur weil jemand ›Buh!‹ macht?«
Pieter legte auch seine zweite Hand in die ihre. Das tat gut. Elena hatte überraschend große, feste Hände. Und sie war bestimmt kein Weichei. Aber würde sie noch zu ihm stehen, wenn sie erst einmal wüsste, was alles zwischen ihm und Nastja abgelaufen war?
Es schien, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Ich bin keine Schönwettertussi, die gleich abhaut, wenn du Scheiße baust. Du bist mein Mann, wir haben ein Kind, und wer sich mit dir anlegt, legt sich automatisch mit mir an! Dafür will ich nur eines von dir – dass du ehrlich zu mir bist, Piet. Wenigstens, wenn es hart auf hart geht. So wie jetzt.«
Sie hat absolut Recht, dachte Pieter, außerdem weiß sie schon zuviel. Er nahm allen Mut zusammen. »Du weißt doch noch, wie du mich gestern früh im Poolhaus gefunden hast – nur mit dem Bademantel an…«
»Unvergesslicher Anblick.« Sie verzog keine Miene, ließ ihn nicht aus den Augen.
»Ich war am Abend vorher nicht mit den Studiomusikern zusammen«, druckste Pieter. »Ich war ein bisschen feiern. Im ›Hell on Earth‹.«
Und dann gestand er, da wäre ein Mädchen gewesen – um einen Star wie ihn sind ja andauernd Mädchen, das kenne sie doch, dafür könne er gar nichts, die schwirren da herum und benehmen sich, als gäbe es eine Weltmeisterschaft im Lusthormonaufkochen, mit Pete West als Hauptgewinn. Man will bloß was trinken, Musik hören und in die Gegend starren, schon schiebt sich ein Dekollete vor die Optik. Wohin der Blick auch schweift, kurze Röcke und neckische Dessous – wenn überhaupt noch welche darunter sind. Er liebe nur Elena, seine Ehefrau, sonnenklar. Wenn trotzdem so etwas passierte wie Freitagabend, dann ist das einfach was ganz anderes! So, als würde man bloß seinen Kaffee mal nicht zu Hause trinken…
»Ich bin kein Kaffee!« unterbrach Elena unwirsch.
Pieter blickte unwillkürlich in seine Tasse. Längst kalt.
»Laber nicht rum, Piet! Klartext.«
Da waren etliche Diabolos. Knallt furchtbar, das Gesöff. Und dann dieses Mädchen. Jung, ziemlich jung wohl sogar, musste er einräumen, aber die wusste genau wo’s lang geht in Sachen Lusthormonaufkoch-WM.
»Sie hat dich angemacht und abgeschleppt?« Elena wollte es ganz genau wissen.
Pieter nickte beschämt.
»Wohin? Zu ihr? In ein Hotel?«
Pieter hob hilflos die Schultern. »Keine Ahnung. Absoluter Filmriss. Ausgeknipst von den Diabolos.« Von meinem Penthouse erzähl’ ich ihr nichts, dachte er. Sonst macht sie richtig Ärger. Das kann ich jetzt nicht brauchen.
Elena reagierte keineswegs zickig, eher souverän und kühl abwägend. »Okay, du hast die Kleine wahrscheinlich gevögelt, und jetzt droht man dir damit, alles deiner Gattin zu erzählen. Ich weiß nun aber alles, und damit ist der Fall erledigt – oder?«
»Leider nicht«, widersprach Pieter betreten. »Das Mädchen… sie ist tot.«
Elena spürte, wie sich schlagartig in ihrem Magen Kaffee, Adrenalin und Milchschaum zu einer unguten Masse verklumpten. »Das Mädchen, das in der Zeitung steht? Die aus dem Fleet?«
»Ich schwöre dir, ich habe keine Ahnung, was da passiert ist!« brach es verzweifelt aus Pieter hervor. »Aber warum hätte ich sie ermorden sollen? Man hat sie zerstückelt! Ich bin doch nicht der Kettensägenmörder!«
»Was ist mit dem Blut im Kofferraum?« hauchte Elena geschockt.
Pieter zuckte einmal mehr hilflos mit den Achseln. »Vielleicht haben sie die Leiche mit dem BMW transportiert. Ich weiß es einfach nicht.«
Was soll ich nur tun, dachte Elena. Piet und Nastja. Ich sage ihm nicht, dass ich die Kleine kenne… kannte. Sonst dreht er richtig am Rad. Das kann ich jetzt nicht brauchen.
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