Der Ring
Die Chance war dünn, aber wenn er sich später davonmachen oder auch nur das Gerät verstecken konnte, hatte er vielleicht seinen Beweis.
„Warum?“ fragte er und stellte die Zweivision an, während er sich hinsetzte – genau dem Richter zugewandt, so daß die verborgene Kamera auf ihn gerichtet war. Wenn Crater mit der Geschichte herausrückte …
Ed und Annie suchten sich ebenfalls Sitzgelegenheiten; sie ließen ihn jetzt machen. Feinfühligkeit war nicht Eds Art, aber sogar er mußte bemerkt haben, daß ihre Gefangennahme durch diesen Mann ihnen eine Erfolgsaussicht ließ.
Jeff hatte mit seiner Frage gemeint: „Warum tun Sie das?“ – aber der Richter faßte sie als Erwiderung auf seine eigene Feststellung auf. „Erstens“, sagte Crater, „weil der medizinische Robot von der Unfallmannschaft Spuren von Ihnen entdeckte und zu der Feststellung gelangte, daß Sie den Aufprall überlebt hatten. Da Sie ein Beringter waren, wurde ich verständigt. Ich veranlaßte, daß man Ihren Aufenthaltsort feststellte und Ihre Unterhaltung mit Mister Bladderwart abhörte.“
Keiner der drei fand eine passende Bemerkung darauf. Jeff wußte, daß es ein Kinderspiel war, ein Richtungsmikrophon auf ein bestimmtes Gebäude einzustellen; und Apparate mit Spezialfrequenzen konnten die Wände leicht zu Bild- und Tonaufnahmen durchdringen. Ein Hubhüpfer mit gedämpftem Motor hatte vermutlich in der Nacht lautlos über dem Schrottplatz gehangen …
Wahrscheinlich war Flachkopf schon aufgegriffen.
„Zweitens, weil George McKissic nicht in der Verfassung ist, jetzt oder in Zukunft irgend etwas zu gestehen, wie Sie bald selbst sehen werden.“
Jeff setzte sich alarmiert auf. Wenn McKissic zu früh von der Bühne abtrat, wurden alle Beweise bedeutungslos. Konnte er gestorben sein? Leukämie? „Was ist geschehen?“
Der Richter überhörte die Frage. „Drittens – weil George McKissic unschuldig im Sinn der Anklage ist.“
„Sicher“, sagte Jeff müde. Er wußte, daß nichts, was er jetzt sagte, diesen verschlossenen Geist öffnen konnte. „Darum ist er wohl nie an das Wahr-Wahr herangegangen.“
Der Richter reagierte nicht darauf. „Ich halte es für das beste, wenn Ihre Mitstreiter von der Information ausgeschlossen werden, die ich jetzt weitergebe. Wenn Sie bitte …“
„Oh nein, nein! Sie sind als Zeugen hier. Ich möchte, daß sie alles hören.“
Crater runzelte die Stirn. „Dies ist eine reichlich persönliche Angelegenheit, Jeff. Es ist mir bekannt, daß Ihr Blickfeld Grenzen hat. Trotzdem wäre es nicht klug, jetzt …“
„ Mein Blickfeld begrenzt!“ Jeff war verblüfft. Wieviel Heuchelei sollte er hier eigentlich schlucken? „Nein. Sie bleiben. Keine Privatgeschäfte.“
Annie lächelte ihm zu, und Ed grunzte bestätigend.
Der Richter seufzte. „Ich fürchte, das werden Sie bedauern.“
„Bedauert habe ich vierzehn Jahre lang. Da Sie nicht an der Wahrheit interessiert sind, bin ich nicht an Vertraulichkeit interessiert. Ich bin doch nicht derjenige, der etwas zu verbergen hat. Ich werde zuhören – das ist alles. Und die beiden werden auch zuhören, sie haben einen Anteil an alledem.“
„Wir gehen lieber“, sagte Annie, die plötzlich aufstand. „Wir haben Vertrauen zu Mister Flont.“
„Aber nicht zu diesem Scheißkerl!“ rief Ed aus und zeigte auf den Richter. „Er ist der Beringungsrichter. Genau der, der Betty Sue beringt hat …“
„Ed“, sagte Annie – nicht sehr laut.
Bladderwart zögerte diesmal. Er war überrascht. Eine Stille trat ein. „In Ordnung, Annie, sagte er schließlich verlegen. Er stand auf und ging ihr voraus in den Garten.
Der Richter sah ihnen nach. „Ich habe diese Frau unterschätzt“, murmelte er.
Auch Jeff war beeindruckt. Er hatte bisher keinerlei Anzeichen dafür bemerkt, daß ihr eine solche Kontrolle möglich war. Es gab in Annies Beziehung zu Ed offensichtlich mehr als nur Ergebenheit. Aber er gönnte dem Richter nicht die Befriedigung, seinen Worten zuzustimmen. „Also los – was ist das große Geheimnis?“
Crater legte seinen Kopf gegen die Rückenlehne seines Sessels und schloß die Augen. Jeff konnte sehen, wie die Fettfalten unter seinem Kinn sich entfalteten. Jetzt wäre es leicht gewesen, den Mann zu überwältigen – aber er hatte sein Wort gegeben, und das galt, Ring oder kein Ring. Er wartete.
„Wenn Wordsworth, der Naturalist, und Coleridge, der Übernaturalist, die Hauptfiguren der romantischen Periode in der englischen
Weitere Kostenlose Bücher