Der Ring an meiner Hand
kleine Vorsichtsmaßnahme, sagte sie sich, vermutlich wurde sie langsam paranoid.
Rafaele war hier, um sein Gesicht zu wahren, mehr nicht. Sie hatte seinen männlichen Stolz angegriffen – wahrscheinlich nicht gerade ihre beste Idee. Es konnte nicht schaden, sich zu entschuldigen.
Das Bad wirkte nicht so entspannend, wie sie gehofft hatte. Rasch trocknete sie sich ab und streifte ihr dickes warmes Nachhemd über den Kopf.
Auf Zehenspitzen schlich sie zu ihrem Zimmer, zögerte jedoch einen Moment vor Rafaeles Tür. Kein Laut drang an ihr Ohr. Vielleicht schlief er bereits.
Sie schloss ihre eigene Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Plötzlich merkte sie, dass sie mit angehaltenem Atem der Stille lauschte.
Nach einem Moment trat sie ans Fenster, zog die Vorhänge zurück und blickte auf die wirbelnden Schneeflocken. Der Schnee fiel jetzt stärker.
Zitternd schlüpfte Emily ins Bett, zog die Decke bis zum Kinn und wartete darauf, dass das Frösteln nachließ. Sie starrte an die Zimmerdecke, und prompt trudelten Gedanken, Bilder und Gesprächsfetzen ungeordnet in ihrem Kopf herum.
Was zur Folge hatte, dass sie nur noch nervöser wurde. Ich sollte die Lampe ausschalten und endlich schlafen, sagte sie sich. Morgens sahen die Dinge immer anders aus … oder?
In genau diesem Moment ging die Zimmertür auf und Rafaele trat ein. Er trug einen Morgenmantel aus schwarzer Seide, den ein lockerer Knoten zusammenhielt. Darunter kam schimmernd seine gebräunte Haut zum Vorschein. Dass er sich ihr mit selbstsicheren Schritten näherte, ließ ihre schlimmsten Befürchtungen wahr werden.
Emily richtete sich auf und starrte ihn an. „Was … was willst du?“
„Wir haben einiges zu besprechen, falls du dich erinnerst.“
„Aber erst morgen.“ Trotz ihrer Vorsätze zitterte ihre Stimme. „Du hast gesagt morgen.“
„Es ist bereits morgen“, gab er zurück.
„Nein“, flüsterte sie rau. „Bitte nicht, Rafaele. Das kannst du nicht tun. Du hast es mir versprochen …“
„Damals hatte ich es mit einem verängstigten Kind zu tun. Aber du hast meinen Anwälten gesagt, dass du wieder heiraten willst. Also scheinst du deine jungfräulichen Ängste überwunden zu haben und zur Frau gereift zu sein.“
„Aber es wird keine andere Ehe geben“, protestierte sie. „Das weißt du.“
Er zog eine Augenbraue hoch. „Und du glaubst, das macht einen Unterschied?“ Seine Stimme wurde hart. „Ich war außerordentlich geduldig mit dir, Emilia, aber mit deiner Forderung nach einer Annullierung unserer Ehe bist du zu weit gegangen. Und ich will ein für alle Male klarstellen, dass du mich nie wieder auf diese Weise beleidigst.“
Er ließ den Morgenmantel von seinen Schultern gleiten und schlüpfte zu ihr ins Bett. „Ich bin sicher, du verstehst mich“, fügte er dann sanfter hinzu.
5. KAPITEL
„Nein“, schrie Emily und flüchtete auf die andere Seite des Bettes. Sie schloss die Augen eine Millisekunde zu spät. Jetzt würde das Bild des nackten Rafaele Di Salis für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt sein.
Deutlich war sie sich der Wärme seines Körpers bewusst … und seiner Nähe. Ihr stockte der Atem.
„Fass mich nicht an“, zischte sie, als er seine Hände auf ihre Schultern legte.
Doch Rafaele drehte sie sanft, aber bestimmt zu sich. Verwundert betrachtete er das hochgeschlossene Nachthemd mit der langen Reihe perlenförmiger Knöpfe, den langen Ärmeln und dem gerüschten Kragen.
„Wie ich sehe, macht sich der Unterricht der Nonnen auch im Schlafzimmer bemerkbar, cara “, murmelte er amüsiert. „Also, möchtest du dieses seltsame Kleidungsstück ausziehen, oder soll ich das tun?“
„Das ist deine Rache, nicht wahr? Weil ich mir erlaubt habe zu sagen, dass ich einen anderen Mann heiraten möchte.“
„Man sagt, Rache sei süß. Vielleicht finden wir beide heute Nacht heraus, ob das stimmt.“
„Bitte“, flüsterte Emily. „Bitte, tu das nicht. Du willst mich doch gar nicht. Du hast mich schon genug bestraft, lass mich einfach gehen.“
„Ohne die Freuden der Ehe gekostet zu haben?“, fragte Rafaele spöttisch.
„Ich werde dich hassen.“
„Ich dachte, das tust du bereits, mia cara “, sagte er. „Was habe ich also zu verlieren?“ Er hielt inne und zog mit einem Finger eine Linie über den Ausschnitt des Nachthemds. „Wie lautet deine Entscheidung?“
„Ich ziehe es nicht aus!“, herrschte sie ihn an.
„Wie du willst.“ Er begann, die Knöpfe zu öffnen.
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