Der Ring an meiner Hand
brichst.“
Widerwillig akzeptierte sie den Vorschlag und seine Hilfe. Als Emily am Fenster des Cottages stand und Rafaele nachsah, der langsam immer kleiner wurde, überkam sie ein seltsames Gefühl der Einsamkeit. Jetzt bedauerte sie, nicht die Gummistiefel mit den Rattenbissen angezogen zu haben.
Er blieb eine Ewigkeit fort. Emily wurde zunehmend nervöser und stellte sich vor, wie er mit gebrochenem Bein in einer Schneewehe lag und erfror.
Um sich abzulenken, erfand sie kleine Aufgaben für sich. Zum Beispiel das große Fell, das vor dem Kamin lag, nach draußen zu ziehen und dort auszuschütteln.
Gerade als sie die Suppe kostete – sie schmeckte überraschend gut –, hörte sie, wie die Haustür aufging. Emily rannte ins Wohnzimmer, wo Rafaele soeben zwei Tragetaschen auf den Tisch stellte.
Sie schluckte ihr instinktives „Gott sei Dank“ hinunter und ersetzte es durch ein angespanntes: „Du hast dir aber Zeit gelassen.“
„Vielleicht möchtest du das nächste Mal einkaufen gehen? Die gute Mrs. McEwen bietet in ihrem Laden nur eine sehr begrenzte Auswahl an. Kein Knoblauch, keine frischen Kräuter, kein Olivenöl, das diesen Namen verdient, und keine Pasta, außer etwas Undefinierbarem in der Dose“, zählte er an den Fingern auf. „Kein Wunder, dass Marcello und Fiona ihre eigenen Lebensmittel mitbringen und so oft wie möglich auswärts essen“, fügte er finster hinzu.
Wie kann er so reden, dachte sie und verspürte einen leisen Stich. Es klingt, als seien wir ein normales Paar, das gemeinsame Ferien genießt.
Rafaele packte die Taschen aus: Gemüse, Äpfel, Brötchen, Milch, ein paar blass aussehende Würstchen, Dosen mit Tomaten und Bohnen und mehrere Pakete mit tiefgefrorenem Fleisch kamen zum Vorschein.
Er griff nach einem Paket mit einem sehr pinkfarbenen Schinken in quadratischer Form und seufzte. „Die Signora hat mir versichert, dass die elektrischen Leitungen heute Abend repariert sein werden und im Verlauf der Woche mit Schneeschmelze zu rechnen ist.“ Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. „Damit meinte ich natürlich das Wetter.“
„Rafaele, bitte nicht“, sagte sie. „Ich kann nichts dafür, dass ich so bin, wie ich bin.“
„Das sehe ich anders. Ich glaube, du hast keine Ahnung, wer du sein könntest, cara mia .“ Seine Stimme klang jetzt hart. „Und du erlaubst dir auch nicht, es herauszufinden. Aber das ist allein deine Entscheidung.“
Dann wandte er sich der Haustür zu. „Jetzt schaufle ich den Weg zum Holzlager frei, falls du welches brauchst.“
Sie wollte „Danke“ sagen, doch die Worte kamen einfach nicht über ihre Lippen. Stattdessen nickte sie und drehte sich um.
Wieder allein, begann Emily, die Einkäufe einzuräumen. Dabei zitterten ihre Hände, und heiße Tränen brannten in ihren Augen.
Warum sollte ich weinen, wenn ich doch – wie er gesagt hat – meine Wahl getroffen habe? Und alles, was sie tun musste, war, daran festzuhalten?
Rafaele beschäftigte sich draußen, und Emily setzte alles daran, seinem Beispiel drinnen zu folgen. Das lenkte sie am besten vom Denken ab.
Sie kümmerte sich um die Suppe, fügte Kartoffeln und Lauch hinzu und ließ alles auf kleiner Flamme köcheln.
„Das war ganz ausgezeichnet“, lobte Rafaele, nachdem er den zweiten Teller geleert hatte. „An der frischen Luft zu arbeiten, macht hungrig.“
„Hast du alles freigeschaufelt?“
„Noch nicht. Ich möchte noch einen Weg zur Straße anlegen.“
„Dann wirst du nachher erschöpft sein“, sagte sie ohne nachzudenken und wurde tiefrot, als er laut lachte.
„Ich bin sicher, dass du dir das erhoffst, carissima , aber ich fürchte, ich werde dich in dieser Hinsicht enttäuschen.“
Womit er unmissverständlich seine Absichten verkündet hat, dachte Emily und sah ihm nach, als er wieder nach draußen ging. Heute Nacht müsste sie ihm mehr geben als einen Kuss.
Auf der Suche nach Dingen, die sie vor dem Bevorstehenden ablenken könnten, entdeckte sie ein Kartenspiel und verbrachte eine Stunde damit, Patiencen zu legen. Allerdings mit wenig Erfolg, auf den letzten Zügen blieb sie immer stecken. Wie ähnelt das Spiel doch dem Leben, dachte sie mürrisch und schob die Karten zusammen.
Stattdessen ging sie in die Küche und machte sich ans Abendessen. Da sämtliches Fleisch noch nicht aufgetaut war, entschied sie sich für die Würstchen. Sie in einem dünnen Teig zu braten, würde ihre Schwächen ausgleichen, dachte Emily und schüttelte Mehl in eine
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