Der Ring Der Jaegerin
einigermaßen ungeschickt den hohen Podest hoch und breitete meinen Poncho so aus, dass ich darauf sitzen konnte. Dann unterhielt ich Majestät mit einem kurzen biographischen Abriss meines Lebens im fernen Menschenland und entdeckte, dass sie einen ausgeprägten Sinn für Humor hatte. Darum wurden meine Schilderungen nach und nach freier, und als ich in launigen Worten von Cosmeas Freundinnen erzählte, schwand das Leid um ihre Augen, und sie bekam einen äußerst lausbübischen Ausdruck.
»Wenn du zurückkehrst, empfehle ich einen Hexenschuss für Madame. Das solltest du hinkriegen, Katharina.«
Dieser Gedanke erheiterte auch mich maßlos. Aber dann wurde ich ernst und nahm meinen Mut zusammen.
»Majestät, würdest du mir bitte etwas von deinen Beschwerden berichten? Dann kann ich vielleicht schon ein wenig darüber nachdenken, wie ich dir helfen kann.«
»Kann nicht schaden. Hier, die Pfote, die so schlapp herunterhängt. Da hat mich dieses Drecksvieh von einer Ratte gebissen.«
Ich stand auf und ging um sie herum. Ganz vorsichtig hob ich die mächtige Tatze hoch, wobei ich mir durchaus bewusst war, dass ein Schlag auch von der geschwächten Riesenkatze mich tödlich verletzen konnte. Darum wollte ich es tunlichst vermeiden, ihr Schmerzen zuzufügen. Sie maunzte zwar leise, als ich das Vorderbein berührte, hielt aber still. Eine hässliche, gezackte Wunde zog sich vom weichen Ballen bis zum Sprunggelenk, das Fell war zerrissen, das Fleisch sah entzündet und an manchen Stellen eitrig aus.
»Wie lange ist das her, Majestät?«
»Sechs, fast sieben Monate.«
»Da hätte es doch eigentlich wenigstens ein bisschen verheilen müssen. Wie pflegst du es denn?«
»Ich lecke drüber. Aber es ist keine normale Wunde, es ist ein Gift in diesem Biss gewesen. Wäre es nur eine einfache Verletzung, wäre sie schon lange zugeheilt. Das Gift breitet sich in meinem Körper aus und verhindert den Heilungsvorgang. Außerdem schwächt es mich mehr und mehr, sagt unsere Heilerin. Sie hat alle ihr bekannten Methoden ausprobiert. Und da nichts wirkte, meinte sie, dass möglicherweise Menschen ein Mittel wissen.«
»Davon verstehe ich so wenig, Majestät. Ich hoffe wirklich, dass ich eine Methode finde, dir zu helfen.«
»Wirst du schon, Katharina. Du hast dieses Buch. Minerva hat mir von der anderen Katharina berichtet, die sehr klug in diesen Dingen war.« Und mit dem Schatten eines spöttischen Lächelns fügte sie hinzu: »Und dass auch du mehr kannst, als du weißt.«
»Na ja. Hoffentlich verdiene ich ihr Vertrauen«, murmelte ich betreten. Aber dann hatte ich auf einmal eine Idee. Ob ich das mit der Heilmeditation auch hinbekam? Ich blieb neben Majestät sitzen und legte ihr die Hand auf den Nacken. Verwundert sah sie mich an, dann schloss sie die Augen. Und ich konzentrierte mich auf die Wärme, diese seltsame Energie, die meinen Rücken emporzusteigen pflegte. Sie kam gleich darauf, und ich leitete sie in meine Hände. Ganz sacht entstand ein zartes Leuchten, sprang auf das seidige Fell über und bildete eine schimmernde Hülle um die mächtige Katze. Nur die verletzte Pfote wollte sich nicht mit einbeziehen lassen. Ich strengte mich an, auch sie mit dem Kraftfeld zu überziehen, und langsam, sehr langsam, bildete sich ein hauchdünner Lichtfilm darüber. Aber lange konnte ich ihn nicht halten. Die Energie brach zusammen, und ich fiel ausgestreckt neben Majestät hin. Die Wunde in meinem Arm pochte jetzt wie verrückt, und ich hatte wieder das Problem, mich nicht rühren zu können. Aber wenigstens bekam ich meine Umwelt bewusst mit.
Minni, die am Fuße des Podestes gelegen hatte, sprang – vermutlich völlig gegen das Protokoll – zu mir hoch und schabte mit ihrer Zunge über mein Gesicht. Das half. Die frische Jagdbeute gab ihrem Atem ein ganz besonders herzhaftes Odeur. Allerdings fühlte ich mich wie ausgewrungen, als ich mich zusammenraffte und aufstand.
Majestät hingegen schien zu schlafen. Tief, fest und ganz entspannt. Wenn das alles war, was ich erreicht hatte, dann war das nicht viel. Unzufrieden glitt ich zu Algorab hinunter, auf den ich mich stützen musste. Er drehte sich zu mir um und flüsterte: »Auf meinen Rücken, Katharina.«
Ich lag mehr als ich saß, und mit vorsichtigen, gleitenden Schritten setzte er sich in Bewegung. Meine Kräfte kehrten allmählich zurück, und als wir an unserer Laube waren, konnte ich mich schon wieder auf eigenen Füßen halten. Und hier hörte ich ein
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