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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Stoffs hinauf zu der schwarzen Kasel, die der Gewandung eine gewisse Förmlichkeit gab. Hände waren zu sehen; sie hielten keinen Rukh , keinen jener für die Gefolgsleute typischen, schwarzen Eisenstäbe, die einem Zepter mit einem offenen Dreieck am oberen Ende ähnelten; normalerweise hatten die Mitglieder der Sonnengefolgschaft ihre Rukh stets dabei. Trotzdem gehörte diese Person bestimmt der Gefolgschaft an. Gibbon war es nicht; der na-Mhoram trug Schwarz und lief mit einem Stab herum, der so groß war wie er selbst. Nur die rötliche Unseeligkeit seiner Augen beeinträchtigte die habituelle Schöngeistigkeit oder Gelangweiltheit seines rundlichen Gesichts. Der Mann, der zu Covenant herauskam, war nicht Gibbon.
    Aber jedenfalls ein Gefolgsmann. Er wirkte dickleibig, obwohl seine Fußknöchel und Handgelenke dünn waren, und seine bärtigen Wangen sahen von Furcht oder Verwegenheit beinahe eingefallen aus. An seinem vom Erkahlen bedrohten Schädel hingen wilde Haarbüschel, die einem Ausdruck von Fanatismus glichen. Seine Augen blickten leicht glasig drein. Er hielt die Handflächen vor sich hingestreckt, wie um zu verdeutlichen, daß er sich unbewaffnet einfand.
    Covenant rang seine Schwäche nieder, befeuchtete sich mühsam ein wenig die Kehle, um sprechen zu können. »Verschwende meine Zeit nicht«, sagte er in einem Ton, der dem Gefolgsmann zur Warnung dienen sollte. »Ich will Gibbon.«
    »Halbhand, ich grüße dich«, antwortete der Mann. Seine Stimme klang fest, wies jedoch einen Ansatz zur Schrillheit auf, als sei er der Panik nahe. »Na-Mhoram Gibbon ist von deiner Ankunft unterrichtet und gedenkt um deiner willen weder Zeit noch Leben zu verschwenden. In welcher Absicht bist du gekommen?«
    Eindrücke von Gefahr kauerten sich eisig zwischen Covenants Schulterblätter. Der kupferne Geschmack der Furcht erfüllte seinen Mund. Er empfand den Rumpf des Gefolgsmanns als unnatürlich füllig, und seine Robe schien sich von selber leicht zu bewegen, als walle der Stoff. Covenants Narben begannen zu brennen, als ob Ratten an seinem Fleisch nagten. Er hörte kaum die eigene Entgegnung. »Was ihr hier treibt, dauert schon viel zu lang. Die ganze Welt stinkt davon zum Himmel. Ich werde der Sache ein Ende machen.«
    Der Gefolgsmann bleckte die Zähne, als er ein Grinsen versuchte und es ihm mißriet. Er vermied es, Covenant anzusehen. »Dann muß ich dir mitteilen, daß der na-Mhoram nicht mit dir zu reden wünscht. Er hat sein Wort mir anvertraut, auf daß ich's spreche, so du's hören magst.«
    Und wie lautet sein Wort? wollte sich Covenant erkundigen. Aber es kam nicht dahin, daß er die Frage aussprach. Mit beiden Händen löste der Gefolgsmann die Schärpe seiner Robe. In voraussichtigem Grausen sah Covenant, wie der Gefolgsmann sein Gewand der Sonne öffnete. Von der Schulterhöhe bis zu den Kniebeugen war sein ganzer Körper bedeckt mit Wespen. Großen, gelben Wespen, so lang wie Covenants Daumen.
    Sobald das Sonnenlicht sie erfaßte, fingen sie an zu surren. Einen gräßlichen Moment lang wimmelten sie nur umher; und der Gefolgsmann stand da, als wäre er eines der Sonnenübel-Opfer, durch Entartung wild und entstellt geworden. Dann stürzte sich der Schwarm auf Covenant.
    Im selben Augenblick befiel Schwärze die Welt. Gift rammte mit der Wucht eines Vorschlaghammers Covenants Herz. Schwarzes Feuer; schwarzes Gift; schwarzes Verderben. Die Flamme, die aus seinem Ring schoß, hätte so pur und silbern sein müssen wie das Metall, dem sie entsprang; doch sie war es nicht. Statt dessen glich sie einem Abgrund, der rings um Covenant aufbarst, einer Kluft, die Erde, Luft und auch die Festung durchfuhr, um sie zu vertilgen, die ganze Welt zu verschlingen, ohne eine Spur vor ihr übrigzulassen. Und jede Anstrengung, die er unternahm, um die finstere Glut wieder in Weiß umzuwandeln, ihr den reinen Glanz ihrer wahren Natur zurückzugeben, ließ die Lohe nur noch höher emporlodern, verbreiterte den Abgrund. Im Handumdrehen gewann sie eine so enorme Ausdehnung wie das Hügelland, gierte nach Vernichtung.
    Linden schrie ihm nichts zu. Selbst wenn sie sich das Herz aus dem Leibe geschrien hätte, wäre er sie zu hören außerstande gewesen. Sie war zu weit entfernt, und die drohende Katastrophe seiner Macht beanspruchte Covenants sämtliche Sinne. Aber in seinem Geist hörte er Linden dennoch, so wie er sie gehört hatte, als sie durch die Aura der Schlange des Weltendes und das Tosen aus seinem weißgoldenen Ring

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