Der Ring der Kraft - Covenant 06
begännen. Dennoch hielt das Tor stand. Linden wimmerte vor sich hin, als könne sie jeden einzelnen Schlag in ihren zarten Knochen spüren.
Covenant machte Anstalten, Nom zuzurufen, sie solle aufhören. Er begriff nicht, was die Sandgorgone da trieb. Der Anblick solcher Roheit hätte Mhoram das Herz gebrochen.
Aber einen Augenblick später erfaßte Covenant den Takt von Noms Hämmern deutlicher, er bemerkte, wie der Rhythmus sich mit dem Schreien und der Auflehnung des Felsgesteins der Festung verwob; und da verstand er. Die Sandgorgone erzeugte im Stein des Tors eine Resonanz, und jedes Zuhauen erhöhte Schwingungszahl und -weite der Vibrationen. Wenn die Bestie nicht erlahmte, mußten die Steinplatten irgendwann zerbersten.
Unvermittelt gloste von der Brustwehr gleich überm Tor rotes Feuer herab. Droben zeigten sich Gefolgsleute, schwangen ihre Rukh ; es waren vier oder fünf. Dank der Möglichkeit, gemeinsam auf das Sonnenfeuer zurückzugreifen, waren sie stärker als eine gleiche Anzahl anderer Menschen; und sie versuchten Nom mit zusammengefaßter energetischer Glut vom Tor zu vertreiben.
Aber Covenant war auf sie vorbereitet. Er hatte mit so etwas gerechnet, und seine Macht gierte nach Freisetzung; er selbst war froh um eine Gelegenheit, einen Teil davon verschleudern zu dürfen und den Druck in seinem Innern ein wenig lindern zu können. Aus Verzweiflung übervorsichtig, bot er einige wilde Magie auf, um die Sandgorgone zu verteidigen. Seine Energie war ein greuliches Gemisch aus Schwarz und Silberweiß, fleckig wie Leprose. Nichtsdestoweniger war sie Macht, ein Feuer, wie es sogar den Himmel verwüsten konnte. Es loderte nach den Gefolgsleuten, zerschmolz ihre Rukh zu Schlacke, warf sie mit entflammten Roben zurück in die Festung.
Nom wummerte unablässig, hingerissen von zerstörerischer Ekstase, auf das Tor ein, als wäre sie hier endlich an ein Hindernis geraten, das ihren vollen Einsatz lohnte.
Blankehans zitterte vor Eifer, bereit zum sofortigen Vorwärtsstürmen; die Erste mahnte ihn zur Zurückhaltung. Er gehorchte ihr wie jemand, der die insgeheime Überzeugung hegte, in Kürze außerhalb jeder Befehlsgebung zu stehen.
Da versetzte Nom dem Tor einen letzten wuchtigen Hieb, führte ihn so blitzartig, daß Covenant ihn gar nicht treffen sah. Er nahm nur den Sekundenbruchteil wahr, in dem die Torflügel vom Zustand der Festigkeit in Zertrümmerung übergingen. Im einen Augenblick hielten sie noch – die Veränderung vollzog sich so schnell wie ein letztes Angesaugtwerden von Luft vor dem Ausbruch eines Orkans –, im nächsten Moment waren sie dahin, zersprungen in einer schlagartigen Detonation, mit der Brocken wie in einem Jaulen der Pein nach allen Richtungen schwirrten und zerpulverter Stein in einer so dichten Wolke aufstob, daß Nom darin verschwand und der aufgebrochene Zugang Schwelgensteins sich den Blicken entzog.
Nur allmählich ließ sich durch den Staub das hohe, breite Portal erkennen. Es war groß genug für Landläufer und ebenso für Riesen. Nom jedoch kam nicht zum Vorschein. Covenants betäubte Ohren vermochten das Klatschen von Noms Füßen nicht zu hören, während die Bestie allein in die steinerne Stadt raste. »O mein Gott«, flüsterte Linden immer wieder. »O mein Gott!«
»Stein und See!« stieß Pechnase hervor, als hätte er noch nie eine Sandgorgone am Werk gesehen. Hollians Augen waren voller Furcht. Aber Sunder war durch die Sonnengefolgschaft Gewalt und Töten gepredigt worden, und er hatte Schwelgenstein nie lieben gelernt; nichts als Kampfeswille glänzte aus seinem Gesicht.
Noch halb taub vom Schmerz des Steins, drang Covenant in die Festung ein, weil ihm keine andere Wahl blieb, als weiterzumachen oder zu sterben. Und er wußte nicht, was Nom in der Festungsstadt anstellen mochte. In steifbeinigem Laufschritt überquerte er den Innenhof und den aufgewirbelten Staub, betrat Schwelgenstein, als würfe er damit die Würfel seines Schicksals. Unverzüglich stellten sich die Gefährten auf gegnerische Gegenstöße ein und folgten Covenant. Er war Cail nur einen Schritt voraus, der Ersten, Linden und Blankehans zwei Schritte, als er in die weite Eingangshalle der Feste des na-Mhoram stapfte. Darin war es so finster wie in einem Loch.
Covenant kannte die Halle; sie besaß die Ausmaße einer riesigen Höhle. Sie war von den Riesen, den Erbauern Schwelgensteins, als so etwas wie ein Appellplatz für die Streitkräfte der früheren Lords geschaffen worden. Doch
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