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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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klang schwächlich; doch Andelain hüllte Linden immer nachhaltiger in seine Heilsamkeit. Sie holte tief Atem und stand vom Untergrund auf.
    Überall ringsherum auf dem Grasboden lag der Sonnenschein wie im Kummer zwischen den Bäumen und Büschen, den Aliantha und Blumen. Aber der Schock der Gewalt war vorbei. Schon hatte es wieder den Anschein, als lächelten die entfernteren Hügel. Der Bach setzte sein feuchtes Gluckern fort, als hätte er den Zwischenfall bereits vergessen. Nur der zersprungene Stamm weinte noch, während der Baum abstarb, zu schwer verwüstet, um sich am Leben halten zu können.
    »Die alten Lords ...«, murmelte Covenant, sprach mehr mit sich selbst als zu Linden. »Unter ihnen gab's welche, die derartige Schäden heilen konnten.«
    Ich könnte es auch , hätte Linden beinahe laut geantwortet. Wenn ich deinen Ring hätte. Ich könnte alles bewahren. Doch sie verdrängte ihre Gedanken und hoffte, daß sie sich ihrem Gesicht nicht ansehen ließen. Sie mißtraute ihrem starken Verlangen nach Macht. Der Macht, deren es bedurfte, um unter das Böse einen Schlußstrich zu ziehen.
    Es mangelte Covenant jedoch an der Wahrnehmung, um auf Lindens Empfindungen aufmerksam zu werden. Überdies beanspruchten ihn momentan Trauer und Empörung zu sehr. Als er ihren Arm berührte und vorwärts deutete, sprang sie mit ihm über den Bach; und sie zogen gemeinsam weiter durch die Hügel.
    Völlig unbeeinträchtigt – abgesehen vom leblosen Holz seines rechten Unterarms – folgte Hohl ihnen. Seine mitternachtsschwarze Erscheinung zeigte bis auf die gewohnheitsmäßige Vieldeutigkeit seines leichten Grinsens keinerlei Ausdruck.
     
    Der Tag wäre für Linden von ungetrübter Schönheit gewesen, hätte sie Findail und den Dämondim-Abkömmling aus ihrem Bewußtsein verscheuchen können. Während sie und Covenant die Umgebung der zerstörten Eiche verließen, entfaltete Andelain von neuem ringsum all seine wohltuende Erlauchtheit, die fröhliche Üppigkeit seines Grüns, das beschwingte Umhersausen und -schwirren, das Farbenfrohe und den melodischen Gesang der Vögel, die liebenswerte Vielfalt seines zurückhaltenden Wilds. Ernährt durch Schatzbeeren und Wasser aus Bächen, bei jedem Schritt geschmeichelt durch den nachgiebigen Grasboden, fühlte sich Linden, als strotze sie von Leben, würzig-frisch wie der Duft der Blumen, und sie lechzte jedem neuen Ausblick auf die andelainischen Hügel geradezu entgegen. Nach einiger Zeit stießen die Erste und Pechnase wieder zu Linden und Covenant, kamen aus der Geborgenheit unter einer uralten Trauerweide, Blätter in ihren Haaren und Geheimnisse in den Augen. Zur Begrüßung krähte Pechnase ein Auflachen, das ganz nach seinem gewohnten Humor klang; seine Gattin nahm an seiner guten Laune mit einem ihrer seltenen, schönen Lächeln Anteil.
    »Schaut nur euch an«, sagte Linden in gespieltem Verweis, um die Riesen zu necken, »wenn ihr einen Grund zum Lachen sucht! Wenn ihr so weitermacht, werdet ihr bald Eltern werden, ob's euch paßt oder nicht.«
    Die Wangen der Ersten verfärbten sich in andeutungsweisem Erröten; Pechnase dagegen stieß ein johlendes Gelächter aus. Dann mimte er Betroffenheit. »Stein und See, wahrhaftig! Das Kind dieses Weibes müßte gewißlich in Wehr und Waffen aus ihrem Leibe zum Vorschein kommen! Ein solcher Nachfahre darf nicht leichtfertig gezeugt werden!«
    Die Erste schnitt eine finstere Miene, um ihre Belustigung zu verbergen. »Scht, Gemahl«, rügte sie ihn gedämpft. »Fordere mich nicht heraus. Genügt's nicht, daß einer von uns gänzlich von Sinnen ist?«
    »Genügen?« spottete Pechnase. »Wie könnte es mir genügen? Ich verspüre doch keinen Wunsch nach Einsamkeit.«
    »Freilich, und ebensowenig nach Weisheit oder Ziemlichkeit«, schalt die Erste ihn mit vorgetäuschter Gereiztheit. »Du bist wahrhaftig ein schändlicher Geselle.«
    Covenant grinste über die Scherze der Riesen, und Linden mußte vor Vergnügen beinahe laut lachen. Aber sie wußte nicht, wo Findail war oder was er als nächstes anstellen mochte. Und im Hintergrund ihres Bewußtseins grämte sie noch der Tod der Eiche. Durch diese und andere Dinge belastet, konnte sie sich trotz der besänftigenden Atmosphäre Andelains nicht zu einer völlig lockeren Stimmung durchringen. Das Hinscheiden des Forsthüters würde noch seinen Preis fordern, und der Bestimmungsort der Gefährten war unverändert derselbe geblieben. Zudem besaß sie keinen klaren Begriff davon, was

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