Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)
einholen, ehe sie zu Hause ankam und Robbie sich dort nach der Schule zeigte.
Sie mussten ihre Debatte zu Ende führen, und Michael war entschlossen, sie nicht enden zu lassen, ehe sie nicht zu seinen Gunsten entschieden wurde.
Die ersten zehn Minuten ihres Abstiegs vom Berg brachte Libby damit zu, sich zu bemitleiden, weil sie heraufgekommen war. Sie hatte sich zu einer Närrin gemacht. Sie war wütend auf ihn gewesen, hatte ihn angeschrien und ihn geküsst. Und sie hätte sich ihm doch glatt hingegeben, auf dem Boden, an Ort und Stelle, wenn dieser verrückte Priester nicht gekommen und sie in riesengroße Verlegenheit gebracht hätte.
Sie würde für Daar nichts backen, auch würde sie ihn nicht mit Eiern versorgen. Und sie würde keine Affäre mit Michael McBain anfangen, und sie würde nicht zulassen, dass Robbie sich in ihr Herz einschlich.
Und sie würde nie wieder ein Pferd besteigen.
Sollte sie Robbie jemals ohne Helm im Sattel erwischen, nun, dann würde sie, egal was Michael davon hielt, den Jungen herunterzerren und sein Pony verscheuchen.
Diese verdammten Biester schienen den Heimweg selbst finden zu können.
Und deshalb musste sie jetzt den verdammten Berg mit einem schmerzenden Knie hinuntersteigen, das morgen sehr wahrscheinlich zu einem Ballon anschwellen würde.
Hatte sie ihren Verstand in Kalifornien gelassen?
Wie hatte sie nur glauben können, es genüge wegzulaufen, um ein ganz neues Leben zu beginnen und die Fassung wiederzuerlangen, die sie im OP verloren hatte?
Libby blieb plötzlich stehen, hielt den Atem an und verharrte in völliger Reglosigkeit. Ihre Nackenhaare sträubten sich, sie bekam Gänsehaut am ganzen Körper, als sie merkte, dass sie beobachtet wurde.
Langsam wandte sie den Kopf und warf einen Blick hinter sich, um zu sehen, ob Michael da wäre. Er war es nicht. Dann ließ sie den Blick über ihre Umgebung wandern. Sie sah noch immer nichts, bis sie nach oben schaute.
Von einem Ast über ihrem Kopf starrten sie aus knapp fünfzig Schritt Entfernung riesengroße, unverwandt blickende gelbe Augen an. Libby hätte sich glücklich geschätzt, einen so wundersamen Vogel zu Gesicht zu bekommen, wäre da nicht dieser verstörende Traum von vergangener Nacht gewesen.
Sie sah sich derselben weißen Eule gegenüber, die ihr in ihrem Albtraum begegnet war. Sie erschrak.
Die Eule zog den Kopf ein und öffnete die Schwingen in einer Zurschaustellung stiller Kraft. Mit angehaltenem Atem trat Libby rasch und vorsichtig zurück.
»Ganz ruhig«, hörte sie Michaels Stimme rechts hinter sich.
Libbys Knie wurden weich, und sie atmete erst wieder auf, als sie seine Hände auf ihren Schultern und somit Sicherheit spürte.
»Schau ihr in die Augen«, sagte er leise. »Sie will sich ein Urteil über dich bilden.«
»Sie?«
»Ja. Sie ist ein Schneeeulenweibchen, das von weither kommt und für eine Weile zu Besuch bleibt. Heb den Blick und lass sie in deine Augen schauen. Keine Angst, Libby. Mary tut dir nichts.«
Libby hörte nicht auf zu atmen, dafür setzte ihr Herzschlag aus. »M-Mary? Du nennst den Vogel Mary?«
»So ist es. Sie ist Robbie letzten Januar an seinem Geburtstag zugeflogen.«
»Er hat sie Mary genannt?«, wiederholte Libby, die sich nicht genug darüber wundern konnte.
Sie befand sich mitten im tiefsten Wald, von einem Mann umfangen, der sie einem nach seiner toten Liebsten benannten Vogel vorstellte und verlangte, sie solle diesem Vogel in die Augen schauen? Nachdem sie sich im Wald mit ihm gewälzt hatte und eine Affäre mit ihm anfangen wollte?
Nein. Das glaubte sie nicht.
Seine Hände festigten ihren Griff um ihre Schultern. »Sie tut dir nichts, Libby. Schau hinauf.«
»Sie hat letzte Nacht versucht, mich zu töten«, zischte Libby als Antwort.
»Wie bitte?«
»Sie war in meinem Zimmer. Das glaube ich jedenfalls. Könnte sein, dass ich es geträumt habe, aber ich habe diesen Vogel schon einmal gesehen. Die Eule hat etwas gegen mich, Michael. Sie … sie ist vielleicht eifersüchtig.«
Michael drehte sie langsam zu sich um. Und nun erst schaute Libby auf – in aufgewühlte graue Augen.
»Sag schon. Was hast du gesehen?«, fragte er. »Was hat Mary dir angetan?«, fragte er, blickte zur Eule und dann wieder zu Libby.
»Sie schwebte über meinem Bett und schlug mit den Schwingen gegen die Zimmerdecke.«
»Was sonst? War es hell?«
»Ja. Ein blaues Licht leuchtete. Der ganze Raum war erfüllt von pulsierendem blauen Licht.«
Er überlegte, wobei seine
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