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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gab. Schon einmal hatte sie sich geschworen, das Mädchen aus der Gewalt des Sklavenhändlers zu befreien, und auch wenn sie diesen Schwur bisher vielleicht nicht hatte einhalten können, so hatte sie ihn auch noch nicht endgültig gebrochen. Und so albern diese Worte auch angesichts ihrer augenblicklichen Situation klingen mochten - Harun schien zu verstehen, was in Robin vorging.
    Sie fasste sich in Geduld; schon weil ihr gar keine andere Wahl blieb. Omars Krieger hatten einen Halbkreis um sie gebildet und Robin war klar, was diese Aufstellung zu bedeuten hatte: Einerseits sicherlich Schutz, zugleich aber auch Gefängnis. Schweigend beobachtete sie, wie der Sklavenhändler immer aufgeregter und hitziger mit dem kleineren Mann debattierte. Es verging sicherlich eine Viertelstunde, wenn nicht mehr, und nach Haruns Gesichtsausdruck zu urteilen verlief die Verhandlung nicht unbedingt so, wie der Sklavenhändler gehofft hatte. Schließlich aber wurden sich die beiden Männer doch noch handelseinig. Omar nickte, fuhr auf dem Absatz herum und kam mit grimmigem und alles andere als zufriedenem Gesicht zurück, während sich Mussa Ag Amastan in die entgegengesetzte Richtung wandte und zweimal rasch hintereinander in die Hände klatschte. In den Säulengängen erwachten einige der Schlafenden, und hier und da wurde ein Murren laut, das aber angesichts Mussas schroffer Anweisungen sofort wieder verstummte.
    »Es geht los«, bemerkte Harun überflüssigerweise. Nach der quälend langen Zeit, die sie untätig dagestanden und darauf gewartet hatten, dass überhaupt irgendetwas geschah, ging nun alles mit fast unheimlicher Schnelligkeit vonstatten. Die Tür an der gegenüberliegenden Seite des Hofes hatte sich auf Mussas Händeklatschen hin geöffnet, und eine fast erschreckende Anzahl Männer - genug, um eine kleine Armee zu bilden - trat auf den Hof hinaus und machte sich an den Kamelen zu schaffen. Die Tiere wurden gesattelt, mit Zaumzeug versehen und es wurden Waren auf ihren Rücken befestigt, aber Robin entging auch nicht, dass eine große Zahl der Kamele unbeladen blieb. Von den Pferden, die sie erwartete, war weit und breit nichts zu sehen. Innerhalb weniger Minuten war die Karawane zum Aufbruch bereit.
    Harun legte ihr die Hand auf die Schulter und beugte sich vor, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. »Sieh zu, dass du immer in meiner Nähe bleibst, Christenmädchen«, murmelte er. »Und deine beiden Freundinnen auch.«
    »Warum?«, fragte Robin, ohne sich zu Harun umzudrehen, und ebenso leise wie er.
    Sie konnte sein Kopfschütteln fühlen, ebenso wie seinen verächtlichen Gesichtsausdruck. »Omar ist ein größerer Narr, als ich dachte, wenn er Mussa Ag Amastan traut«, stieß der Araber hervor. »Ich hätte ihn für klüger gehalten, trotz allem.«
    »Wer ist dieser Mussa?«, wollte Robin wissen.
    Harun schnaubte. »Ich glaube, das weiß er selbst nicht so genau. Niemand kann sagen, womit er hauptsächlich seinen Lebensunterhalt verdient: damit, Karawanen zu beschützen oder sie auf abgelegeneren Routen auszurauben. Es sollte mich nicht wundern, wenn er beides gleichzeitig tut, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt.«
    Da Robin an Haruns Hang zu hoffnungslosen Übertreibungen gewöhnt war, beunruhigten diese Worte sie nicht allzu sehr. Sie trat jedoch ein kleines Stück zur Seite, um sich Mussas Männer etwas genauer betrachten zu können. Und was sie sah, das bereitete ihr durchaus Kopfzerbrechen.
    Robin schätzte die Zahl der fremden Krieger auf dreißig, wenn nicht mehr. Sie waren schwer bewaffnet. Fast alle trugen nach Art der Sarazenen mit einem Schal umwickelte spitze Metallhelme, einige aber auch solche, von denen ein Kettengeflecht herabhing, das das Gesicht bis auf zwei schmale Löcher über den Augen bedeckte. Robin fand diese Helme zunächst fremdartig, doch boten sie im Kampf vermutlich ebenso zuverlässigen Schutz wie die viel schwereren Topfhelme europäischer Ritter.
    Die dunklen Kaftane, die Mussas Männer trugen, waren nichts weiter als Tarnung. Ihre etwas ungelenke Art, sich zu bewegen, führte Robin auf den Umstand zurück, dass sie darunter Kettenhemden, zumindest jedoch schwere Lederpanzer trugen. Ihre Schwerter waren ungewöhnlich - ganz wie das Mussas waren es schmale, lange Klingen, nicht die gewohnten Krummsäbel der Muselmanen. Manche der Männer trugen Schilde auf dem Rücken, andere hatten zusätzlich lange Lanzen und etliche reich bestickte Köcher an den Gürteln, aus denen die obere

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