Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
Wagner musste schlicht anerkennen, dass der Killer perfekt vorbereitet war. Selbst für den unauffälligen Transport des Speers hatte er eine effektive Lösung gefunden. An dem antiken Schaft waren kürzlich drei Gewinde angebracht worden. Hatte der Mörder den Speer selbst modifiziert? Dann war er vielleicht wirklich unter den Antiquaren für Waffen zu finden. Während Dr. Kremer fachkundig die Leiche schloss, hoffte Theobald Wagner, dass Rosalie und Menzel bei ihren Nachforschungen endlich auf einen Hinweis stießen. Und wenn er auch noch so klein war.
Am Dienstagmorgen war es eigentümlich still und leer in den Büros der Mordkommission. Der Großteil des Teams um Hauptkommissar Wagner hetzte von einem Antiquariat zum nächsten, auf der Jagd nach einem Hinweis bezüglich der verwendeten Mordwaffen.
Die Hoffnung, der gesuchte Serienkiller könnte aus dem Dunstkreis der Antiquariate stammen, spornte sie alle an.
Außerdem waren an diesem Morgen einige Meldungen eingegangen, die es zu verfolgen galt, und so waren die meisten Mitarbeiter außer Haus beschäftigt. Nur selten hörte Wagner jemanden hektischen Schrittes an seinem Büro vorbeieilen, während er zum wiederholten Mal die Akten der Mordopfer durchging. Er begann mit Ronny Pfingst. Den Inhalt dieser Akte kannte er wenigstens noch nicht auswendig.
Ein kräftiges Klopfen an der Bürotür schreckte ihn irgendwann aus seiner Lektüre.
„Guten Morgen. Entschuldigen Sie die Störung. Unten bei der Anmeldung ist jemand, der Sie bezüglich Ihres Falles sprechen möchte. Sie sagt, sie könnte eventuell hilfreich sein…“ Hauptkommissar Wagner unterbrach den jungen Beamten forscher, als er es beabsichtigt hatte: „Sie? Was heißt da „sie“? Hat die Dame Ihnen keinen Namen genannt?“ Der junge Kollege sah zu Boden. „Nee. Aber sie ist tatsächlich eine richtige Dame, so wie man sich das eben vorstellt. Und sie besteht darauf, nur mit Ihnen zu sprechen. Soll ich sie heraufbringen?“
Hauptkommissar Wagner nickte. „Kann ja nicht schaden“, dachte er, als sein Kollege abzog.
Kurz darauf stand eine zierliche Frau, schätzungsweise Ende fünfzig, in der Türfüllung.
„Auf Wiedersehen“, raunte der junge Beamte kurz und zog die Tür zu. Die Dame hatte zum Abschied schweigend und freundlich lächelnd genickt.
Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Hauptkommissar Wagner zu, der mittlerweile hinter seinem Schreibtisch aufgestanden war. Beim Anblick dieser Frau wurde ihm schlagartig klar, warum sein junger, sächselnder Kollege so verunsichert war. Diese zarte Person mit dem exakt geschnittenen Pagenkopf strahlte eine Würde aus, die Wagner selbst ein wenig einschüchterte. Es war nicht etwa das elegante Kostüm, oder die Handtasche, die perfekt zu den hohen Schuhen passte. Auch nicht ihr schönes Gesicht, in dem die Jahre zwar durchaus ihre Spuren hinterlassen hatten, dass aber zugleich eine anmutige Zartheit bewahrt hatte.
Es war vielmehr ihre Körperhaltung, die dafür sorgte, dass Wagner sich in ihrer Gegenwart wie ein Schuljunge fühlte.
„Sie sind Herr Hauptkommissar Wagner?“ Er hatte gemäß ihrer Statur eine zartere Stimme erwartet. Überrascht von dem samtig-rauchigen Ton stolperte Theobald Wagner ungeschickt über die Ordner auf dem Boden, als er den Schreibtisch umrunden wollte.
„Scheiße!“, murmelte er, während die Akten polternd durcheinander flogen.
„Entschuldigung. Normalerweise drücke ich mich nicht so…“
Er hielt inne. Was tat er da? Seit wann entschuldigte er sich für seine Ausdrucksweise?
Noch einmal von vorne.
„Theobald Wagner. Der, den Sie offenbar suchen. Und Sie sind…?“ Die Dame hatte ihm amüsiert zugesehen und streckte ihm nun ihre gepflegte Hand entgegen. Wieder eine Überraschung. Sie hatte einen ziemlich festen Händedruck. „Elsbeth Winkler. Ich möchte keineswegs Ihre Zeit vergeuden, deshalb fasse ich mich kurz.“ Sie sah auf den Stuhl vor Wagners Schreibtisch. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Dame namens Winkler immer noch mitten im Raum stand. „Oh bitte, nehmen Sie doch Platz. Möchten Sie einen Kaffee, oder vielleicht etwas anderes?“ „Nein, danke. Ihre Zeit ist sicher knapp bemessen. Normalerweise tue ich so etwas nicht. Aber es ließ mir keine Ruhe, und deshalb bin ich hier.“
Hauptkommissar Theobald Wagner setzte sich hinter seinen Schreibtisch, nachdem er das Chaos von umgestoßenen Leitz Ordnern umständlich durchquert hatte. „Was tun Sie normalerweise nicht? Und weshalb genau sind
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