Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi

Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi

Titel: Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldkirch Verlag
Vom Netzwerk:
schenkte schweigend den letzten Rest Wein nach. „Geht es soweit?“ Er war jetzt doch etwas beunruhigt. Elle war angesichts der ungewohnten Lektüre so still geworden. Hatte er ihr zuviel zugemutet? Elle hob den Kopf und straffte ihre Haltung. Sie trank die letzte Pfütze Wein im Glas in einem Zug aus und erhob sich. „Ich glaube, heute vertragen wir noch eine Zweite, was meinen Sie?“, bemerkte Elsbeth Winkler beiläufig, als sie nach der Karaffe griff. Wagner nickte stumm. Er würde heute definitiv nach Hause laufen müssen und das Auto am nächsten Morgen abholen.
    Als Elle wieder auf dem riesigen Plüschkissen am Boden saß, wirkte sie wieder gefasst.
    „Nachdem ich all das gesehen habe, scheint es mir wahrscheinlicher denn je, dass der Mörder seiner Tat als solche weniger Beachtung schenkt als dem späteren Arrangieren seiner Symbole. Die Welt soll ihn verstehen, oder vielmehr den Grund für seine Morde.“
    „Das vermute ich auch. Aber was ist sein Motiv? Was haben alle seine Opfer gemeinsam?“
    „Drehen wir die Sache doch einmal um. Gehen wir davon aus, dass wir seine Symbole richtig lesen. Seine ausgewählten Figuren aus dem Ring des Nibelungen sind allesamt Vertragsbrecher. Wie passt dieser Umstand zu unseren Opfern? Soviel ich aus den Akten entnehmen konnte, gibt es durchaus Parallelen zwischen Richard Wagners Figuren und den Opfern. Die Gesellschaftskritik dieses Opernzyklus ist sehr wohl auch auf die heutige Zeit übertragbar. Olaf Westhofen wird laut Zeugenaussagen in diesem Bericht beispielsweise unterstellt, seinen Bruder aus Habgier aus dem Geschäft gedrängt zu haben. Fafner hat seinen Bruder aus Habgier getötet, er wollte den Nibelungenhort und den verfluchten Ring für sich alleine haben. Das ist das erste Paar aus Realität und Fiktion.“
    Elle dachte kurz nach und fuhr fort. „Wilhelm Gornheim benutzte die Kinder seines Chors, um mit ihrer Hilfe zu Ruhm zu gelangen. Und das mit durchaus fragwürdigen Methoden. Das ist im Übrigen in Chorkreisen seit Langem schon bekannt gewesen. Mime erzieht Siegfried auf fragwürdige Weise, um mit seiner Hilfe den Ring zu gewinnen und sich seines Bruders Alberich zu entledigen. Das wäre das zweite Paar.“ Elle griff nach der dritten Akte und sah noch einmal kurz über die Seiten. „Ronny Pfingst ist ein… offenbar ebenso miserabler wie großkotziger Schauspieler, dem sein bisschen Ruhm heftig zu Kopf gestiegen ist. Er hintergeht ganz unverhohlen seine Verlobte. Wie gedemütigt und verraten muss sich diese arme Frau gefühlt haben, wenn sie immer wieder über die Eskapaden ihres Verlobten in der Presse lesen musste? Siegfried verrät seine Liebe zu Brünhild in ähnlicher Weise. Im entscheidenden Moment leugnet er seine Verbindung zu ihr, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Das dritte Paar!“ Nach einer kurzen Pause fuhr Elle in ihrem Monolog fort.
    „Oliver Weigand schließlich ist Journalist und arbeitet für die ganze Bandbreite der nationalen und internationaler Regenbogenpresse. Dass in diesen Blättern nicht immer alles auf Fakten beruht, ist hinlänglich bekannt. Er verdient sein Geld mit pikanten Enthüllungsgeschichten und spielt scheinbar zum Vergnügen andere Menschen gegeneinander aus. Hagen tut dasselbe, nur auf einer anderen Ebene. Paar Nummer vier.“
    Elle sah Theobald Wagner fest in die Augen. „Was unser Täter an den bisherigen Opfern als Gemeinsamkeit gefunden haben könnte, ist deren Streben nach Machtausübung. Jeder Einzelne von ihnen hatte zwar seine eigene Motivation und Methodik, das Ziel ist allerdings immer wieder dasselbe. Und genauso verhält es sich mit den Figuren im Ring des Nibelungen. Das könnte sein Motiv sein.“ Elle beendete ihre Ausführungen und erst jetzt bemerkte Hauptkommissar Wagner die gespenstisch wirkende Stille im Raum. Die Musik war verstummt. Elsbeth Winkler wechselte die CD mittels Fernbedienung und sah ihn dabei fordernd an. „Ich glaube, Sie haben die Parallelen, die ich verzweifelt suche, soeben ans Licht gerückt. Es ist peinlich aber wahr. Von selbst wäre ich niemals darauf gekommen.“ Wagner schämte sich wegen seiner Unzulänglichkeit.
    „Ich forsche seit Jahren in Richard Wagners Welt. Ich lese alles, was mir in die Finger gerät und habe gelernt, das Gelesene zu verstehen, zu interpretieren. Allein deshalb konnte ich diese Parallelen erahnen. Der Mann, den Sie suchen, ist mindestens ein ebenso fanatischer Fan von Wagners Musik wie ich selbst. Er wiederum interpretiert den Ring

Weitere Kostenlose Bücher