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Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi

Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi

Titel: Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldkirch Verlag
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hätte er eine Katze durch die geschlossene Scheibe erschossen. Was für ein Held! Völlig ermattet ließ er die Waffe sinken. „Drecksvieh“, zischte Wagner. Das Tier sprang vor der Tür offenbar immer wieder an der rechten Wand, die der Terrasse Windschutz bot, empor und landete dann auf dem Boden. Dabei verursachte die Katze ein unfassbar lautes Poltern. Bei der ersten Akrobatiknummer hatte sie offenbar eine Gieskanne umgestoßen, was das blecherne Geräusch verursacht haben musste.
    Hauptkommissar Wagner atmete noch einmal tief durch und beerdigte diese Geschichte bei all den anderen Peinlichkeiten, die ihm beim bloßen Gedanken daran die Schamesröte ins Gesicht trieben. Nun konnte er dort wieder eine mehr finden! Bravo! Die schweißnassen Haare aus dem Gesicht streichend, schaltete Wagner seine Taschenlampe wieder ein und schlich in den Flur zurück. Dort war ihm vorhin noch eine weitere Tür aufgefallen.
    Sie lag direkt neben einer alten Treppe, deren längeres Ende ins Obergeschoss führte und deren weitaus kürzeres Ende im Untergeschoss endete. Mit immer noch zitternder Hand öffnete er die Tür. Dahinter befand sich ein Jugendzimmer, dass offensichtlich seit Langem unverändert geblieben war. Der Kerl hat tatsächlich seit damals nichts verändert. Nicht einmal sein Kinderzimmer. Ungläubig starrte Theobald Wagner auf das Bett. Die weiße Wäsche darauf machte einen beklemmend sterilen Eindruck. Irgendwie wirkte der Raum wie eine unbenutzte Kulisse. Oder schlief hier tatsächlich ein Serienmörder Nacht für Nacht in seinem Kinderbett? Hauptkommissar Wagner wandte sich dem niedrigen Schrank an der rechten Wand zu und drehte den Schlüssel im Schloss. Die Tür schwang auf und offenbarte etwa ein Dutzend dunkler Anzüge und ebenso viele weiße Hemden. Die zahllosen modernen Krawatten hingen über einem eigens dafür angebrachten Bügel an der Tür.
    Wagner stand vor einem Rätsel. Albert Müller lebte in dieser sonderbar altmodisch eingerichteten Behausung und kleidete sich dagegen nach der neuesten Mode. Er erinnerte sich an seine Begegnung mit dem blonden Hünen im Modetempel Westhofen, der Brad Pitt an Attraktivität durchaus in den Schatten stellte. Albert Müller hatte eher wie ein trendbewusster Lebemann mit entsprechend gestyltem Verführer-Loft auf ihn gewirkt. Hatte er in dieses Museum je eine Frau gebracht? Vermutlich nicht. Der Unterschied zwischen Albert Müllers Auftreten und seinem Wohnstil konnte kaum krasser sein. Verwirrt schloss Theobald Wagner Schrank- und Zimmertür und stieg eilig die Treppe empor, um sich auch im ersten Stock genauer umzusehen.
    Die Zeit drängte. Wenn die Information der Nachbarin zuverlässig war, kam Albert Müller samstags gegen zweiundzwanzig Uhr nach Hause. Im Obergeschoss des Hauses fand Wagner einen Raum, in dem einzig ein schmaler, leerer Bettrahmen aus Holz stand. Das dürfte das Schlafzimmer der Großeltern gewesen sein. Wohin waren die restlichen Möbel, und vor allem das zweite Bett, verschwunden? Schulterzuckend verließ Wagner das Zimmer und wandte sich der verbleibenden zweiten Tür zu. Hier befand sich, wie erwartet, das Badezimmer. Eine Melange aus Desinfektionsmitteln und Parfum schlug ihm entgegen. Die Taschenlampe tauchte den spartanischen Raum in ein fahles Licht. Wagners Blick folgte dem Lichtkegel der Taschenlampe und blieb plötzlich, wie vom Donner gerührt, am Spiegel gegenüber hängen.
    Dieser Spiegel hatte enorme Ausmaße und war von einem üppigen goldenen Rahmen umgeben. In jedem der vier Ecken saß ein kleiner dicker Engel in merkwürdiger Position. Diese rundlichen Putten streckten die Händchen in Richtung Spiegelmitte, als wollten sie dem sich darin Spiegelnden huldigen. In der Mitte des oberen Randes war ein Lorbeerkranz eingearbeitet. Schlichte weiße Fliesen aus den Fünfzigern, unterstützt von Durchlauferhitzer und Heizstrahler desselben Jahrgangs, rangen förmlich mit diesem Imitat aus den Zeiten Louis‘ XIV um die visuelle Vorherrschaft in diesem Raum. Der Betrachter musste zwingend zu dem Resultat gelangen, dass hier einer zuviel war. „Es kann nur einen geben!“ Ein Duell, genau das war es! In dem schlichten Bad wirkte dieses überladene Monstrum beinahe pervers.
    „Wenn der morgens in den Spiegel schaut, hat er ernsthaft einen Lorbeerkranz auf dem Kopf! Der Typ ist größenwahnsinnig!“ Wagners Stimme hallte in dem gefliesten Raum lauter als geplant. Die Keramikablagefläche direkt unter dieser Monstrosität war

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