Der Ripper - Roman
Finger auf dem Gewissen. Nur eine dumme Kugel.«
»Beschert Ihnen das nicht große Probleme, ich meine, ohne diese Finger auskommen zu müssen?«, fragte ich.
»Oh, ich komme schon klar. Die beiden sind auch gar nicht so wichtig. Kannte mal einen Burschen, dem der Daumen abgeschossen wurde. Der hatte schon mehr Probleme, denn er war mitten in einer Schießerei, als es passierte. Konnte seinen Sechsschüsser nicht mehr spannen, da sein Daumen auf der Straße lag. Wollte dann den Hahn mit den Zähnen spannen, schaffte es aber nicht. Derselbe Schurke, der ihm den Daumen abschoss, durchlöcherte ihn, als er noch immer den Colt im Mund hatte.« Barney bewegte den Daumen. »Den Daumen sollte man besser nicht verlieren. Wenn man es richtig bedenkt, kann man eher ein Auge oder ein Ohr entbehren.«
»Ich hab mal einem Kerl das Ohr abgebissen«, sagte Jesse.
»Davon hast du mir nie erzählt«, meinte ich überrascht.
»Ich hab dir so einiges nie erzählt. Es war ein Miststück namens Hank Dappy. Er hat mich angesprungen, weil er unter Dampf stand und ich ein Mädchen war, wenn ihr wisst, was ich meine. Tja, und da hab ich ihm sauber das Ohr abgebissen, mir das stinkende Ding in den Mund geschoben und es runter geschluckt. Dappy gab Fersengeld,
weil er mich wohl für vollkommen verrückt hielt, und ich hab sein räudiges Fell nie mehr gesehen.«
Barney trug ein Grinsen unter seinem gewaltigen Schnurrbart und wies auf mich. »Gib acht mit ihr, junger Freund. Sie wird dich auffressen.«
»Ich habe mal jemandem die Nase abgeschnitten«, sagte ich.
»Verdammich, ihr zwei Früchtchen seid wirklich füreinander geschaffen . Wie ist denn das passiert?«, fragte Barney.
»Er wollte mich umbringen. Und ich ihn. Ich wollte ihn gerade erstechen, da geriet seine Nase in den Weg.«
»Sie haben sie sauber abgeschnitten?«
»In der Tat. Sie fiel auf die Straße.«
»Hättest sie essen sollen«, sagte Jesse.
»Ich habe mal eine Apachensquaw mit fehlender Nase gesehen«, sagte Barney. »Hat sie nicht gerade schöner gemacht. Darum haben sie ihr das auch angetan. Wenn einem eine Squaw mit abgeschnittener Nase begegnet, weiß man, dass man sie erwischt hat, weil sie mit einem Kerl rumgemacht hat, der nicht ihr Ehemann war. Sollen alle sehen, zu welcher Sorte Frau sie gehört. Ist dann so klar wie der Blick in ihre Nasenlöcher.« Barney kicherte leise und schüttelte den Kopf.
»Das kommt mir ein bisschen extrem vor«, sagte ich.
»So sind die Apachen nun mal. Das sind die schlimmsten Hurensöhne, die jemals auf dieser Erde gewandelt sind. Und es ist ihnen ziemlich egal, wen sie umbringen. Ich habe Dinge gesehen, die mich immer wieder um den Schlaf bringen.«
»Ich bin froh, dass wir uns wegen denen keine Sorgen mehr machen müssen«, sagte Jesse.
»Wer hat Ihnen denn das gesagt?«, fragte Barney.
»Nun ja, man hat doch alle Apachen umgebracht oder in Reservate gesperrt.«
»Ich habe gehört, dass man Geronimo und seine Bande in Florida gefangen hält«, warf ich ein.
»Das heißt aber nicht, dass sich hier keine Renegaten herumtreiben. Einer geht hier in dieser Gegend ziemlich regelmäßig auf Raubzug. Man glaubt, es ist Apachen-Sam, ein Chiricahua, der vor einiger Zeit aus dem Reservat in San Carlos geflohen ist. Hat in den vergangenen Monaten eine Menge Weiße getötet. Schleicht sich in der Nacht heran, ermordet alles, was ihm über den Weg läuft und verschleppt die Frauen. Richtet sie so zu, dass es einem den Magen umdreht.«
Als ich das hörte, fing plötzlich mein Herz an zu hämmern. »Ist es sicher, dass es ein Apache ist?«, fragte ich.
»Das bringt kein weißer Mann zustande.«
»Hat man ihn denn gesehen?«
»Kein Überlebender. Doch man hat sein Versteck gefunden. Eine Höhle, einen Tagesritt von hier. Habe ich heute früh erst gehört. Anscheinend ist vor einer Woche oder so ein Prospektor über die Höhle gestolpert. Ist hineinspaziert, und was fand er? Tote Frauen. Acht oder zehn, alle in Stücke geschnitten und am Verfaulen. Ein paar waren noch nicht so lange tot, und eine schien erst vor kurzem gestorben zu sein. Dem Prospektor war sofort klar, dass es sich hier nur um das Werk von Apachen-Sam handeln konnte. Also ritt er nach Tucson. Dort wurde eine Posse aufgestellt, und er hat ihr den Weg zur Höhle gezeigt. Der Bursche, den ich getroffen habe, war bei der Posse. Ging mit den anderen in die Höhle, und was er da sah, hat ihn beinahe um den Verstand gebracht. Er konnte
es nicht ertragen und ist
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