Der Riss
Lichtung wieder ab und sauste zu der Stelle, wo sie standen. Mit einer Drehung landete er vor ihnen und nahm Jessica in seine Arme. Seine Mitternachts-Schwerelosigkeit durchflutete sie, zusammen mit dem plötzlichen Gefühl, dass sie vor Erleichterung zu weinen anfangen könnte.
Er hielt sie von sich weg, um sie anzusehen. „Geht’s dir gut?“
„Ja.“
Er drehte sich um. „Hallo, Beth. Wie läuft’s denn so?“
„Ähm, hi, Jonathan“, sagte Beth und hörte sich wieder kleinlaut an.
Jessica nahm seine beiden Hände. „Ich glaube, sie sind okay, aber heute Nacht sind ein paar scheißschräge Darklinge unterwegs.“
„Kann man so sagen. Aber Jess, du und ich, wir müssen sofort los. Wir müssen in die Stadt zurück.“
„Warum? Melissa hat die erste Runde noch gar nicht gezündet.“
Rex hoppelte zu ihnen herüber, bei jedem Schritt verzog er das Gesicht. „Wir können das alles aufhalten, Jessica“, keuchte er. „Jetzt gleich. Alle retten.“
„Was? Wie denn?“
„Da ist ein Blitz, den die Midnight eingefangen hat. Er schlägt in den Pegasus auf dem alten Mobil-Gebäude ein. Du musst vor dem Riss da ankommen.“
„Und was dann?“
„Dann hältst du deine Hand in den Blitz.“
„Was soll ich tun?“
Rex hob beschwichtigend die Hände. „Ich kann dir jetzt nicht erklären, woher ich das weiß. Ich hab es irgendwie von den Darklingen, zusammen mit einem alten Teil aus der Lehre. Aber du kannst dafür sorgen, dass sich der Riss wieder schließt, da bin ich mir sicher. Deshalb hatten die Darklinge solche Angst vor dir. Was heute passiert, haben sie befürchtet.“
Jessica blinzelte. „Und was ist mit meiner Schwester und Cassie?“
„Ich kümmere mich um sie. Gib mir nur das da.“ Er nahm ihr die brennende Fackel ab. „Melissa braucht die. Das Feuer, das du ihr dagelassen hast, ist ausgegangen.“
„Aber die Darklinge sind überall!“
„Weiß ich.“ Seine Stimme brach. „Sie kommen ihr jetzt immer näher.“
Jessica griff nach Jonathans Hand. „Wir können da hinfliegen …“
Mit einer Handbewegung brachte er sie zum Schweigen.
„Du musst jetzt sofort in die Innenstadt. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“
Sie starrte Rex an. Er sah nicht so aus, als ob er noch einen Schritt gehen könnte, geschweige denn, gegen Darklinge kämpfen. Aber sein flehendes Gesicht ließ jede Diskussion verstummen.
„ Sofort , Jess!“
Eine Millisekunde später fiel Jessica auf, dass sie wieder mal am gleichen Punkt angekommen war – nicht wusste, was sie tun sollte, und glauben musste, was die anderen ihr sagten.
Von dem Tag an, als sie Bixby zum ersten Mal betreten hatte, schienen sich die Regeln der Realität wöchentlich zu verschieben, als ob die blaue Zeit ein riesiger Treppenwitz wäre, den sich das Universum nur für Jessica Day ausgedacht hatte. Wie üblich war nie genug Zeit für eine vollständige Erklärung, nie Zeit, irgendetwas bis zum Schluss zu überdenken.
Sie konnte sich nur darauf verlassen, dass Rex, was immer die Darklinge mit ihm angestellt hatten, immer noch menschlich genug war, um das Richtige zu wollen. Obwohl Bixby über Jahrtausende betrogen und manipuliert worden war, konnte sie nur glauben, dass diese verwaiste Midnightergeneration anders war. Vor allem musste sie daran denken, dass Rex Greene Melissa niemals auch nur eine Sekunde zu lang in Gefahr allein lassen würde, wenn nicht Leben zu tausenden auf dem Spiel standen.
„Also gut.“ Sie wandte sich an Beth. „Bleibt bei Rex, okay?
Tut einfach, was er sagt. Er wird dafür sorgen, das euch nichts passiert.“ Jessica lächelte. „Vertrau mir.“
Beth stotterte einen Moment hilflos vor sich hin, dann platzte es aus ihr heraus: „Dein Freund kann fliegen ?“
Jessica grinste. „Ja, richtig, das kann er.“
Sie wandte sich Jonathan zu und streckte die Hand aus.
„Okay, los geht’s.“
freudenfeuer
12.00 Uhr nachts – lange Midnight
30
„Kommt mit!“, rief Rex.
Er machte einen schmerzhaften Schritt. Mit einer behandschuhten Hand an einen Ast geklammert, um seinen verletzten Fuß zu entlasten, schleppte er sich vorwärts. Trotzdem entschlüpfte ihm ein erstickter Schrei zwischen zusammengebissenen Zähnen. Ohne Jonathans Mitternachtsschwerelosigkeit in seinem Körper spürte Rex jedes Gramm seiner großen Gestalt. Die lodernde Flamme in seiner Hand streifte nasse Zweige und sprenkelte sein Blickfeld mit blendend weißen Funken.
„Du bist Rex, nicht wahr?“, sagte Cassie hinter ihm. Er
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