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Der rollende Galgen

Der rollende Galgen

Titel: Der rollende Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aufzog. Vor ihnen gähnte ein Schlund, der sich erst erhellte, als der Indianer einen Lichtschalter gedreht hatte.
    Die Treppe war ausgetreten, sehr breit, und die Stufen bestanden aus Stein.
    Joseph ging vor. Seine Hand schleifte über die Rundung eines Eisengeländers.
    Suko kam es vor, als würden sie in eine tiefe Gruft hineinsteigen. Trotz des Lichtscheins kam er sich verloren vor. Die Wände waren nicht gekalkt oder gestrichen worden. Steine der unterschiedlichsten Sorte wurden durch fingerdicke Mörtelschichten gehalten. Viele von ihnen gaben einen matten, feuchten Glanz ab.
    Der Keller schluckte sie. Hier unten war er großzügig angelegt worden. Ob zu jeder Wohnung ein Kellerraum gehörte, konnte Suko nicht herausfinden. Erschaute jedoch gegen zahlreiche aus Lattenverschlägen bestehende Türen. Joseph winkte mit seinem mageren Finger. Er schritt vor und tiefer in den Keller hinein, dessen Decke nicht gleich hoch war. Manchmal kam sie Suko vor wie durchgedrückt, als würde sie jeden Moment zusammenfallen. Eine Baubehörde hätte hier sicherlich viel Spaß gehabt. Außer ihnen hielt sich niemand in den unteren Räumen auf. Die Stille zerrte an den Nerven. Nur ihre Schritte und Josephs Atmen waren zu hören. Zwar herrschten in dieser Region etwas kühlere Temperaturen, auch sie schafften es nicht, den Schweiß auf Sukos Gesicht zu trocknen.
    Joseph drehte den Kopf. »Wir sind gleich da!« wisperte er. »Der Ort liegt nicht frei. Hast du eine Taschenlampe?«
    »Ja.«
    »Dann schalte sie ein.«
    Das war tatsächlich nötig; denn das Licht erreichte diese Regionen leider nicht mehr.
    Der gebündelte Lichtstrahl der Halogenleuchte traf frontal auf eine Mauer, die sich von den anderen überhaupt nicht unterschied. In der Mitte wurde die Mauer von einer Eisentür unterbrochen.
    »Dahinter ist es!« flüsterte Joseph. »Dort findest du den Mittelpunkt, wo sie begraben sind.«
    »Hast du einen Schlüssel?«
    »Den brauche ich nicht.« Joseph legte eine Hand auf seine Brust. »Du kannst uns noch alles Gute wünschen. Möge der große Geist gnädig mit uns sein.«
    »Weshalb nicht?«
    Joseph gab keine Antwort. Er drehte sich um und fiel auf die Knie. Dabei faltete er die Hände und hob die Arme. Er betete zum Großen Geist, und Suko störte ihn nicht.
    Er leuchtete inzwischen den Keller ab und auch dorthin, woher sie gekommen waren. Verfolger waren nicht zu sehen. Trotzdem glaubte Suko daran, daß sich ihr Ausflug längst herumgesprochen hatte. In diesem Haus hatten selbst die Wände Ohren.
    Er half Joseph, als dieser sich wieder aufrichten wollte. »Ich werde die Tür öffnen«, flüsterte der alte Indianer.
    »Gern.«
    Joseph zog sie vorsichtig auf, als hätte er Furcht, daß sie beide plötzlich angegriffen würden. Das passierte nicht. Völlig normal konnten sie die Schwelle überschreiten. Es war gut, daß Suko die Lampe eingeschaltet hatte. In diesem Bereich des Kellers gab es kein Licht. Eine kahle leere Fläche lag vor ihnen, über die Suko den Lichtarm gleiten ließ.
    Normal allerdings war diese Stelle des Kellers nicht, denn sie standen nicht mehr auf dem Steinboden wie nach der Treppe, sondern auf festgestampftem Lehm.
    Er war braun mit einem Stich ins Gelbliche. Außerdem endete er dort, wo auch der Keller nicht mehr weiterführte.
    Joseph stellte sich abseits hin und überließ Suko die Initiative. Er fand keine Spuren.
    »Nichts«, kommentierte er. »Nicht einmal Zeichen auf dem Boden. Bist du sicher, daß wir hier auch an der richtigen Stelle sind?«
    »Völlig sicher.«
    »Zu sehen ist nichts.«
    Joseph nickte. »Ich weiß.«
    »Dann kannst du mir auch verraten, wovor die Menschen eine so große Furcht haben?«
    Der Indianer deutete mit dem ausgestreckten Finger nach unten. »Davor haben sie Angst. Vor dem, was unter der verdammten Erde begraben liegt.« Er hatte leise und mit sehr akzentuierten Worten gesprochen.
    »Man kann es nicht sehen, aber spüren. Besonders in der Nacht wird es schlimm.«
    »Woher weißt du es?«
    »Ich sah es in meinen Träumen.«
    »Aber mit Aconagua hast du darüber nicht gesprochen?«
    »Nein, ich weiß nur, daß er sehr oft hier unten gewesen ist. Er muß den Geist, der hier unten lauert, gesehen haben. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    »Dann wollen wir hoffen, daß auch ich ihn zu sehen bekomme.«
    »Du mußt Geduld haben und warten können.«
    Schon von der Mentalität her gehörte Suko zu den Personen, die warten konnten, hier allerdings wollte er nicht. Er hatte

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