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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Sandalen, diese Spuren waren keine große Hilfe. Doch Cadfael glaubte unter den Fußabdrücken, die herein-und nicht wieder hinausführten, einen zu entdecken, der tiefer eingeprägt war als die anderen. Der Besitzer dieses Fußes mußte gekommen sein, als der Boden noch feuchter gewesen war. Die anderen Spuren hatten sie wahrscheinlich zertrampelt, als sie hereinstürmten. Dann gab es noch einen breiten Abdruck von einem festen Schuh, recht neu wie die von Sandalen, den Niall sofort als den seinen erkannte. Er bewies es, indem er einen Fuß hineinsetzte.
    »Wer auch immer der andere war«, erklärte Cadfael, »ich glaube, er kam nicht durch die Vordertür, wie es ein Unschuldiger getan hätte. Und nachdem er den Toten zurückgelassen hatte, ging er auch nicht durch die Vordertür hinaus. Wir wollen uns weiter umsehen.«
    Im Osten wurde der Garten von der Mauer des Hauses begrenzt, das Thomas dem Hufschmied gehörte. Im Westen lagen Nialls Werkstatt und sein Wohnhaus; dort gab es keinen Ausgang. Aber hinten, jenseits der Nordmauer, lag eine Koppel, die man von den Feldern aus leicht betreten konnte und die von keinem Gebäude eingesehen werden konnte. Ein paar Schritte neben dem verstümmelten Rosenstrauch wuchs ein Weinstock, knotig, alt und kaum noch Früchte tragend. Ein Teil des sich windenden Stammes war von der Wand beiseite gezogen, und aus der Nähe sah Niall, daß dort, wo der Stamm zurückgeschoben worden war, um einem Fußtritt Platz zu bieten, tatsächlich ein Kratzer war, nachdem jemand in panischer Hast auf das Holz getreten war.
    »Hier! Er ist hinübergeklettert. Draußen auf der Koppel ist der Boden höher, aber um hinauszukommen, brauchte er einen Halt.«
    Sie kamen näher und besahen es sich. Der Stiefel des Mörders hatte die Borke zerkratzt und Erde in dem Kratzer hinterlassen. Darunter, auf der bloßen Erde des Beetes, hatte der zweite Fuß, der linke, einen tiefen, sauberen Abdruck hinterlassen. Der Mann war kräftig abgesprungen, denn die Mauer war hoch. Ein Stiefel mit einem Absatz, der sich tief eingegraben hatte, weniger tief an der Außenkante, wo die meisten Menschen ihre Absätze stärker abnutzten. Dem Umriß nach war das Schuhwerk teuer, aber abgetragen. Ein kleiner Grat aus Erde lief vom großen Zeh quer über die halbe Sohle: Ein Riß im Leder. Auch der Zeh hatte einen deutlichen Abdruck hinterlassen. Wer auch immer der Mann war, er rollte seinen Fuß beim Gehen von der linken Hacke zum großen Zeh ab.
    Durch den Sprung hatte sich der Abdruck tief eingegraben, aber sein Fuß hatte die Erde senkrecht nach oben verlassen, und die feuchte und allmählich trocknende Erde hatte den Abdruck bewahrt.
    »Ein wenig warmes Wachs«, sagte Cadfael mehr zu sich selbst, während er den Abdruck anstarrte, »ein wenig warmes Wachs und eine ruhige Hand, und wir haben ihn am Wickel!«
    Sie waren so auf die Stelle im Erdboden konzentriert, auf die letzte Spur von Bruder Elurics Mörder, daß keiner von ihnen die leichten Schritte hörte, die aus dem Innern des Hauses näher kamen. Und niemand bemerkte den kleinen bunten Tupfer und die Bewegung, als Judith über die Schwelle trat. Sie hatte die Werkstatt leer gefunden und einige Minuten auf Niall gewartet.
    Da aber die Tür zu seiner Wohnung weit offen stand und das sich bewegende Grün und das Gold der sonnenbeleuchteten Äste dahinter zu sehen waren und da sie das Haus so gut kannte, war sie einfach weitergegangen, um ihn im Garten zu suchen, wo sie ihn vermutete.
    »Ich bitte um Verzeihung«, sagte sie, indem sie heraustrat, »aber die Türen waren offen. Ich habe gerufen -«
    Sie brach ab und sah erschrocken und verwirrt, wie die Männer wie von der Tarantel gestochen herumfuhren. Drei Brüder in den schwarzen Benediktinerkutten standen neben dem alten, unfruchtbaren Weinstock, einer war sogar der Ehrwürdige Abt selbst. Was hatten sie nur hier zu suchen?
    »Oh, bitte vergebt mir«, begann sie unsicher. »Ich wußte ja nicht …«
    Niall riß sich aus seiner Starre und rannte auf sie zu, schob sich zwischen sie und das, was sie nicht sehen sollte, wenn sie erst den Blick vom Abt nahm. Er breitete schützend die Arme aus und schob sie ins Haus zurück.
    »Kommt ins Haus, keine Sorge. Der Gürtel ist fertig. Ihr kommt früh, ich hatte noch nicht mit Euch gerechnet …«
    Er war nicht gut darin, eine Flut beruhigender Worte auszustoßen. Sie blieb stehen, wo sie war, und blickte über seine Schulter hinweg in den umfriedeten Garten. Wie kühles graues

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