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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiter Weg. Vielleicht schaffen wir Menschen es nie – vielleicht kommt es über Nacht. Die Medizin ist kein Ort, wo Wunder möglich sind. Und in keiner Wissenschaft wissen wir im Grunde so wenig wie in der Medizin.«
    »Das sagen Sie? Ausgerechnet Sie?«
    »Ich habe Ihnen das gesagt, damit Sie es für sich behalten oder wieder vergessen. Sie haben über mich geschrieben und erwartet, daß ich als Träger der Hippokrates-Medaille Wunder am Krankenbett oder am OP-Tisch vollbringe. Diesen Wunderglauben an die Medizin wollte ich Ihnen nehmen, bevor Sie mit mir von Zimmer zu Zimmer gehen, unter der Operationslampe stehen oder sich im Leichenkeller erklären lassen, woran man sterben kann und wie schwach wir Ärzte trotz aller Forschungen und alles Könnens doch sind.«
    »Im Leichenkeller –«, sagte Gabriele stockend. Sie fror schon bei dem Gedanken und zog die Schultern zusammen.
    »Wer die Toten nicht kennt, wird die Lebenden nie begreifen. Das ist ein alter Satz aus der Anatomie.« Bergh drückte seine halbgerauchte Zigarette aus und beugte sich zu Gabriele Orth. »Sie sind so herrlich jung, so voller Glauben an das Leben, so voller Sehnsucht nach Glück und Sonne. Vielleicht sollte ich Ihnen das wirklich alles nicht zeigen und Ihnen Ihre Illusionen lassen. Aber dann schreiben Sie bitte nichts mehr über die Medizin …«
    »Ich habe keine Angst!« sagte Gabriele Orth. Aber ihre Stimme war nicht mehr so sicher wie vorher.
    »Dann kommen Sie«, sagte er.
    Im Erdgeschoß der Klinik tagte unterdessen das Kuratorium.
    Baron v. Boltenstern tupfte sich mit einem Taschentuch über die Stirn und die weißen Haare, die anderen Herren des Kuratoriums starrten auf ihre Notizen oder spielten mit ihren Bleistiften.
    »Ich stelle also fest«, sagte Josef Teschendorff in die rauchdicke Luft hinein, »daß die Anträge Professor Berghs bis auf einige kleine Dinge abgelehnt sind. Vor allem die Frischoperierten-Abteilung, ein neuer Bettenflügel … Die Neuerungen kosten dem Kuratorium zwölfeinhalb Millionen Schillinge! Eine Amortisation dieses Geldes aber …«
    »Sie haben also zugestimmt und gleichzeitig abgelehnt, meine Herren.« Brigitte Teschendorff's Stimme war so kühl, daß die Tischrunde aufschaute und zu ihr hinübersah. »Sie haben mit Stimmenmehrheit beschlossen, Professor Bergh einige kleine Bröckchen hinzuwerfen, aber die großen Erneuerungen, ›zurückzustellen‹, wie es so nett in der Sitzungssprache heißt. Ein Hund wird auch durch viele kleine Knochen satt – er braucht kein kompaktes Stück Fleisch. Bitte – verantworten Sie es mit Ihrem Gewissen. Aber wer wird Professor Bergh diese Nachricht überbringen? Sie, Herr Baron?«
    Baron v. Boltenstern tupfte wieder mit seinem seidenen Tuch über die Stirn. Er ärgerte sich, daß er schwitzte und daß jeder sah, wie erregt er war.
    »Das ist meines Wissens eine Angelegenheit des Vorsitzenden«, sagte er heiser.
    Josef Teschendorff sprang auf. Er warf seinen Bleistift auf den Tisch – er hüpfte über die polierte Fläche und rollte dann auf den Parkettboden.
    »Ich habe für den neuen Bettentrakt gestimmt!«
    Brigitte Teschendorff lachte laut auf. Aber niemand lachte mit. Selbst Josef Teschendorff spürte nicht den grausigen Humor. Er beugte sich zur Seite und zischte: »Ich muß doch sehr bitten, Brigitte.«
    »Die Herren also zittern vor dem bösen Blick des großen Professors und vor der Donnerstimme aus dem Olymp! Sie fassen ihre Beschlüsse hinter verschlossenen Türen und unter Zuhilfenahme von einigen hundert Zigaretten – aber wenn es an die eigene Haut geht, oder sogar unter die Haut, benehmen sie sich wie die Sieben Schwaben!«
    »Brigitte!« rief Teschendorff scharf.
    »Ich höre keine Zurufe mehr! Auch nicht mehr von meinem Mann!« Sie stand auf und klappte ihren Notizblock zu. »Ich werde Professor Bergh die Jubelnachricht überbringen.«
    »Du?« Josef Teschendorff wandte sich um. »Du willst Professor Bergh …?«
    »Eine Frau kann das immer besser. Sie kann Unangenehmes sagen wie eine Schmeichelei, und das Erniedrigende wird bei ihr zu einem Kompliment.«
    »Sie sind eine wundervolle Frau!« rief Baron v. Boltenstern. »Sie haben die Lösung gefunden …«
    »Die Lösung? Nein! Ich möchte nur über dem Kopf Berghs einige Waschlappen auswinden und ihm einreden, es sei statt Jauche duftendes Parfüm …«
    Sie wandte sich schroff ab und verließ den Sitzungsraum. Josef Teschendorff setzte sich wieder. Er sah zu v. Boltenstern, zu Barnowski und zu

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