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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht.«
    »Diesen Eindruck hatte ich durchaus nicht«, schoß Gabriele zurück. Sie wandte sich schnell an Bergh, ehe dieser etwas sagen konnte. In ihren Augen las er, was er über Brigitte Teschendorff dachte. Das beruhigte ihn merkwürdig. »Ich danke Ihnen – für alles«, sagte sie betont. »Ich werde Herrn Sporenka genau berichten. Und bemühen Sie sich bitte nicht weiter, Herr Professor. Ich sehe, Sie haben Besuch. Sicherlich ein schwieriger Nervenfall. Nochmals vielen Dank und auf Wiedersehen! Ich finde mich schon hinaus …«
    Sie nickte Brigitte Teschendorff zu und ging mit schnellen, kräftigen Schritten den langen Gang hinab, wo sie hinter der Pendeltür verschwand. Bergh sah ihr nach, bis die Tür zurückschlug.
    »Jetzt ist sie weg«, sagte Brigitte giftig. »Schade. Ihr Gang war so sportlich, nicht wahr?«
    »Du benimmst dich unmöglich!« sagte Bergh. Er ließ Brigitte stehen und ging an ihr vorbei zur Privatstation.
    Sie starrte ihm nach, und ihr Gesicht war gar nicht mehr schön und ebenmäßig. Es sah verfallen und verzerrt aus.
    »Und ich mache dich unmöglich!« sagte sie, die Fäuste ballend.
    Im OP stand Dr. Thoma vor dem Knochensarkom und konnte sich nicht entschließen zu amputieren.
    Entgegen den Anordnungen Dr. Werths, der seinerseits nach Rücksprache mit dem Chef diese Amputation angesetzt hatte, war Dr. Thoma nach dem Röntgenbild anders vorgegangen und hatte das Bein nicht einfach abgetrennt, sondern er hatte die Knochengeschwulst freigelegt und war versucht, das Sarkom – wie Dr. Werth und nachher auch Professor Bergh einwandfrei diagnostiziert hatten – als etwas anderes anzusehen.
    Schwester Cäcilia hatte sich schon gewundert, als Dr. Thoma nach einem nochmaligen genauen Studium der Röntgenbilder keinen Lappenschnitt weit oberhalb im Gesunden ansetzte, um die Gefahr der Metastasierung nicht aufkommen zu lassen, sondern den Knochen lediglich durch einen geraden Schnitt freilegte.
    »Der Chef hatte doch angeordnet …«, wagte sie kurz einzuwerfen, aber Dr. Thoma hatte so selbstbewußt mit dem Kopf geschüttelt, daß sie den Satz nicht zu Ende sprach.
    »Das ist kein Sarkom.« Dr. Thoma beugte sich über den offenen Knochen und tippte mit einer Nadel auf die deutlich hervortretende Geschwulst. »Das sieht wie eine Knochenlues III. Grades aus. Ich mache eine Probeexzision und schicke das Präparat 'rüber zur Pathologie. Die können eine Schnelldiagnose machen. Solange halten wir den Patienten in der Narkose. Wir können dann immer noch amputieren.«
    Der junge Assistent, der Dr. Thoma assistierte, blieb stumm. Er war erst vier Wochen in der Klinik, empfand eine ungeheure Angst vor Professor Bergh und betrachtete das selbständige Handeln Dr. Thomas als Wahnsinn. Er hielt die Operationswunde mit Klammern offen und betrachtete die Sonde, mit der Dr. Thoma die Geschwulst abtastete.
    »Der Chef hat gesagt, es sei ein Sarkom.« OP-Schwester Cäcilia beugte sich über das Operationsfeld. »Tun Sie, was der Chef gesagt hat. Amputieren Sie! Sie können doch nicht anderer Meinung sein als der Professor.«
    »Warum nicht? Wenn es zum Wohle des Kranken ist? Warum soll ich ein Bein amputieren, das man mit einer Jodkali-Behandlung, mit Wismut-Präparaten, mit Salvarsan und Antibiotika erhalten und sogar heilen kann? Ein abgeschnittenes Bein ist weg …«
    »Tun Sie, was der Chef anordnet!« Schwester Cäcilia legte fast fordernd die Giglisäge und das große Amputationsmesser auf das sterile Tuch des Instrumententisches. Dr. Thoma sah noch einmal auf den offenen Knochen und schüttelte dann den Kopf.
    »Ich schicke es 'rüber zur Pathologie. Und wenn ich recht habe …«
    »Der Chef hat immer recht, Dr. Thoma!«
    »Dies hier kann ein Gegenbeweis sein.« Dr. Thoma legte eine Kompresse über die Operationswunde. »Es ist eine Knochenlues! Und ich amputiere nicht!«
    »Sie werden es zu verantworten haben!« Schwester Cäcilia ging zu dem Glasschrank, nahm eine gläserne Schale mit Deckel heraus und stellte sie neben den Operationstisch. Ihr Gesicht unter der wehenden weißen Haube war ruhig wie immer. Es schien keiner Gefühlsregung fähig zu sein – es war glatt und ausdruckslos wie die gestärkte Haube, die kurz über den Augen begann. Aber diese Augen konnten sprechen. Was das Gesicht verschwieg, verrieten diese großen blauen Augen. »Die Präparatschale«, sagte sie mit der gewohnt nüchternen Stimme.
    »Danke.«
    Dr. Thoma hob einen kleinen Teil der Geschwulst vom Knochen ab und ließ ihn

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